Die kalifornische Rap-Legende Snoop Dogg gibt in der Lanxess-Arena das einzige Deutschland-Konzert. Unsere Kritik.
Konzert in der Lanxess-ArenaSnoop Dogg trägt ein FC-Trikot und kommt in Köln mit dem Allernötigsten durch
Snoop Dogg trägt ein „Rewe“-T-Shirt. Auch so ein Satz, von dem man nie gedacht hätte, dass man ihn mal schreiben würde. Aber es ist, wie es ist. 15.000 Menschen in der ausverkauften Lanxess-Arena jubeln. Der alte Rap-Recke aus Long Beach im FC-Trikot. Ganz große Sache.
Nur für den fußballfachfremden Blick fatal: Die ganze Zeit denke ich daran, dass ich morgen ja noch einkaufen muss. Klopapier ist alle. Das ist leider so gar nicht gangsta. Unwahrscheinlich, dass es zum Drive-by-Shooting zwischen Feinkostgang und Tiefkühlregal kommt.
Später war zu erfahren, dass die Lanxess-Arena extra ein Haie-Trikot für den Rapper vorbereitet hatte, der aber, mit seinem untrüglichen Gespür für den größten gemeinsamen Nenner, dankend ablehnte.
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Auf diese Weise ist Snoop, der seinen Spitznamen tatsächlich seiner Ähnlichkeit mit dem fantasiebegabten Peanuts-Beagle zu verdanken hat, längst zur familienfreundlichen Marke geworden. In den frühen Nuller Jahren hat er pornografische Videos für den „Hustler“ präsentiert. Heute spricht er den haarigen „Cousin Itt“ in den Addams-Family-Animationsfilmen.
Snoop Doggs Show in der Kölner Arena erinnert eher an Club-Urlaub mit Kindern
Apropos Animation: Manchmal erinnert die Snoop-Dogg-Show, es ist seine einzige in Deutschland, an Club-Urlaub mit Kindern. Da werden zur Eurodance-Version von Katy Perrys „California Gurls“ Beachbälle ins Publikum geworfen, rappt der Snoopzilla ausgerechnet zu House of Pains aufgekratztem „Jump Around“, der Antithese seines tiefenentspannten Styles. Übrigens unter einer eingeblendeten Deutschland-Fahne.
Oder er dirigiert Olé-Olé-Olé-Gesänge, weil nun auch schon alles egal ist. So sieht das aus, wenn Rap sich richtig ranschmeißt. Das Schlagerfestival der Volksmusik ist dagegen Regietheater.
Die Show hatte eigentlich ganz anders angefangen. Wie ein Fliegengewichts-Boxer auf der Suche nach Erdung war Snoop zu Carmina-Burana-Klängen eingelaufen. Sogleich rollen ihm die alten Zeilen von Dr. Dres „The Next Episode“ von der Zunge, geschmeidig und bedrohlich zugleich.
Konzert von Snoop Dogg in Köln: Schlagerfestival der Volksmusik ist dagegen Regietheater
Links und rechts winden sich leichtbekleidete Tänzerinnen um Stangen, in der Mitte schwankt der Schlacks in seinem blauen, nicht gerade Strip-Club-kompatiblen, Dashiki-Strampler. Den konnte man, als Zweiteiler aus Pulli und Jogginghose für 1000 Euro am Merch-Stand erwerben.
Snoop lässt die langen Rastalocken kreisen, die ihm von der Stirnglatze fallen, beschwört noch einmal die goldenen Zeiten des Westküsten-Hip-Hops, „Boyz-n-the-Hood“, „Nuthin‘ but a ‚G‘ Thang“. Auf dem LED-Triptychon hinter ihm streifen Palmen und einstöckige Häuser an imaginären Autoscheiben vorbei, hüpft ein Lowrider-Auto im Takt, werden Pistolen abgefeuert.
Und als Snoop Dogg nach all dem stilisierten Gangsta-Geprotze einen Song für die Ladies ankündigt, scheint der für die winzige Minderheit zu sein, die glaubt, dass blinkenden Neonröhren, die auf dem Dach eines Gewerbegebiet-Clubs „Ladies“ ankündigen, auf eine Art Frauentreff verweisen. Aber dann kommt er mit „Beautiful“ doch noch dem weiblichen Teil des Publikums entgegen, später folgt auch noch seine andere, wegweisende Kooperation mit Pharrell Williams „Drop It Like It’s Hot“ und wenn es nach mir ginge, hätte er diese beiden Stücke gerne zehnmal wiederholen können und dafür auf so manches Cover verzichten können.
Snoop Dogg in Köln: Interessiert sich der Doggfather überhaupt noch für die eigene Musik?
So gewinnt man den Eindruck, dass sich der Doggfather weniger für die eigene Diskografie interessiert, als dass er Imagepflege betreibt, sich Biggie Smalls „Hypnotize“ ebenso einverleibt wie 50 Cents „P.I.M.P.“: Snoop Dogg als lebender Avatar einer goldenen Hip-Hop-Ära. Irgendwann rütteln dann endlich ein paar der alten Hits wie „Gin and Juice“ oder „Who Am I? (What’s My name)“ am Hippocampus. Und mit The Lady of Rage holt er eine alte Kampfgefährtin auf die Bühne, sie darf ihren Hit „Afro Puffs“ aus dem Jahr 1994 zum Besten geben.
Davor hatte der Rapper die Bühne dem jungen Marvin-Gaye-Wiedergänger October London überlassen. Der veröffentlicht auf Snoop Doggs erstem Label Death Row Records, das er sich vor kurzem zum Geburtstag geschenkt hat. Aus Sentimentalität, oder einfach weil er es sich leisten kann. Der Dogg ist ja kein junger Hund mehr und arbeitet mit 51 eher als Unternehmer und Markenbotschafter denn als Künstler. Er ist so respektabel geworden wie das Cannabis-Geschäft in den USA.
Das sei ihm gegönnt. In der Lanxess-Arena führt er jedenfalls vor, wie wenig man investieren kann, um das gewünschte Ergebnis so gerade noch zu erreichen. Ein mitreißendes Konzert sieht anders aus. Aber sollte man im Rewe dereinst Marihuana erwerben können: Wir wissen schon, wer die Supermarktkette beliefern wird.