In unserer Reihe „Mein Kulturmonat“ gibt der Veranstalter der „Humba-Party“ drei Tipps für den Februar. Außerdem erzählt er, was er an der Kulturstadt Köln schätzt und was ihn stört.
Mein Kulturmonat mit Jan Krauthäuser„Köln ist kulturell gesehen eine Offenbarung und eine Katastrophe zugleich“
Die ältesten meiner bekannten Vorfahren wurden 1722 in Porz geboren und waren einfache Ackerleute. Damals mussten die Leute sieben Tage in der Woche für zu wenig Essen schuften und hatten vielleicht nur dreimal im Jahr so richtig die Möglichkeit, Kultur zu erleben.
Für mich wäre das zu wenig. Darum bin ich auch ungeheuer dankbar für das Privileg, in dieser Zeit und in dieser Stadt zu leben. Köln bietet nämlich kulturell unheimlich viel. Gerade im Bereich der Innenstadt gibt es sehr viel fußläufig zu entdecken.
Zu meinen Lieblingsorten gehören etwa die Lutherkirche in der Südstadt oder der Weiße Holunder in der Neustadt. Im Sommer bin ich gerne im Odonischen Biergarten oder in der Kahnstation im Blücherpark. Köln hat ohnehin viele schöne Parks.
„Schalom und Alaaf“ im NS-Dok ist eine andere Art der Erinnerungskultur
Die vielen Museen sind auch ein großer Schatz – sofern sie denn geöffnet haben. Das Museum Ludwig ragt für mich besonders architektonisch heraus. Auch das Museum für ostasiatische Kunst mag ich, weil es etwas außerhalb im Grüngürtel liegt. Überall in den Kölner Museen findet man tolle Ausstellungen. Zuletzt hat mir etwa „Apropos Visionär“ vom Fotografen Horst H. Baumann im Museum für Angewandte Kunst und Kultur sehr gefallen.
Besonders berührt hat mich auch die Ausstellung „Schalom und Alaaf“, die noch bis zum 31. März im NS-Dok zu sehen ist. Sie zeigt, wie sehr die jüdische Gemeinschaft im Kölner Karneval verwurzelt war. Es ist eine andere Art der Erinnerungskultur, die nicht nur den Fokus auf die schrecklichen Verbrechen der Nazis legt. Sondern auch auf den integralen Beitrag der Jüdinnen und Juden zur kölschen Alltags- und Festkultur – und wie sie im heutigen Karneval wiederentdeckt wird.
Jan Krauthäuser: Köln nutzt sein kulturelles Potenzial nicht
Köln ist kulturell gesehen eine Offenbarung und eine Katastrophe zugleich. Einerseits ist die Stadt durch die Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen unglaublich vielfältig. Andererseits wird dieses Potenzial nicht wirklich genutzt.
Das versuchen einige Initiativen zu ändern. Im Sommer 2023 habe ich mit dem Globale Musik Köln e. V. auf dem Kölnberg in Meschenich ein Konzert veranstaltet. Die in Köln gegründete nigerianische Band Bantu und regionale Rapper und Musiker standen in einem vernachlässigten Stadtteil auf der Bühne. Das hat wirklich gut funktioniert und etwas ausgelöst – weshalb wir gerade die notwendigen Mittel für eine weitere Ausgabe der „Kölnberg Beats“ sammeln.
Mehr Kultur in den Karneval, mehr Karneval in die Kultur
Besonders der Kölner Karneval könnte meiner Meinung nach ein Update gebrauchen. Gerade bei der Musik. Ich liebe den Karneval, habe aber nie verstanden, warum bei einem so fantasievollen Fest in einer so multikulturellen Stadt nur dieser Schlagerrock zu hören ist.
Dabei hat Köln wegen der vielen verschiedenen Menschen eine richtig schöne, diverse Musikszene. Karneval lässt sich auch wunderbar zu afrikanischen, arabischen oder südamerikanischen Klängen feiern. Zumal die regionale Musik in den Ländern oft auch aus einer Festkultur kommt, die dem Karneval ähnlich ist.
Deshalb habe ich vor vielen Jahren mit Freunden den Humba e. V. gegründet und veranstalten die „Humba-Party“. Schon seit 30 Jahren – am 11.11.2024 ist Jubiläum. Die Idee ist es, den traditionellen kölschen Karneval mit anderen Musikkulturen aus aller Welt verschmelzen zu lassen. Getreu dem Motto: mehr Kultur in den Karneval, mehr Karneval in die Kultur.
Mir gefällt es nicht, dass auf die feiernden Menschenmassen nur mit Zäunen und Polizei reagiert wird. Ein vielfältiges Bühnenprogramm in der ganzen Stadt könnte auch den Straßenkarneval entzerren und kulturell aufwerten.
Nicht nur im Karneval, sondern in ganz Köln mangelt es oft am ganzheitlichen Blick und am Mut für kulturelle Experimente. Weltoffenheit und kulturelle Teilhabe werden oft dem Ehrenamt überlassen, die aber auch unbürokratische Unterstützung angewiesen wären.
Aber es ist natürlich nicht alles schlecht. Köln ist weiterhin eine Kulturmetropole, weil sich so viele Menschen engagieren. Hoffnung haben mir die Veranstaltungsreihen „Unser Ebertplatz“ oder „Nimm Platz“ auf dem Neumarkt gemacht. Auf der anderen Rheinseite, etwa in Kalk und Mülheim, gibt es ebenfalls spannende Entwicklungen. Zusätzlich wird die freie Szene immer stärker, traut sich mehr und fordert berechtigterweise einen größeren Anteil der Kulturmittel ein.
Drei Tipps für den Februar von Jan Krauthäuser
Celina von Wrochem und Luca Bo Hansen bilden zusammen das Retro-Pop-Duo Lina Bó. Am 4. Februar treten sie um 17 Uhr in der Lutherkirche in der Südstadt bei einem Konzertabend auf und bringen eine Mischung aus Folk, Pop und Latin auf die Bühne. Mehr Informationen sowie Tickets (15 Euro im VVK, 12 Euro ermäßigt) gibt es auf lutherkirche-suedstadt.de.
Auf der Humba-Party am 9. Februar gibt es ab 19 Uhr im Gloria ein bunt gemischtes Programm mit karibischen, orientalischen, afrikanischen, slavischen und natürlich auch rheinischen Klängen. Mit dabei sind unter anderem die Tsaziken, Calypsonic Steel Orchestra, Eskandar Abadi und Klaus der Geiger. Tickets (28 Euro zzgl. Gebühren) gibt es bei Koelnticket, weitere Infos zur Veranstaltung unter humba-koeln.de.
Maryam Akhondy ist die Gründerin und Leiterin des einzigen iranischen Frauenchores Banu. Sie wurde 2023 mit dem renommierten WDR-Jazzpreis in der Kategorie „Musikkulturen“ ausgezeichnet. Am 21. Februar tritt Akhondy gemeinsam mit ihrem Chor im Rahmen der Reihe „Klangnomaden“ um 19.30 Uhr im Domforum auf. Die Veranstaltung ist kostenlos, Einlasstickets müssen vorab auf jesaja.org reserviert werden.
Zur Person
Jan Krauthäuser, geboren 1962, veranstaltet neben der Humba-Party auch das Edelweißpiratenfest. Der Grafiker sitzt außerdem am 2017 gegründeten „Runden Tisch Karneval“ und setzt sich dort für neue Konzepte im Straßenkarneval ein. 2011 wurde er für sein kulturelles Engagement mit dem „LVR Rheintaler“ und 2022 mit dem „Deutschen Weltmusikpreis RUTH“ ausgezeichnet.
Das Gespräch führte Robin Albers.