AboAbonnieren

Nach Kritik wegen AntisemitismusBundeskunsthalle distanziert sich von ausgestelltem Werk

Lesezeit 3 Minuten
An einem Esstisch sitzen Menschen und Raubtiere. Darunter steht ein Text zu Israel.

Soll jetzt in der Bonner Bundeskunsthalle kommentiert werden: Daniela Ortiz' „The ABC of Racist Europe“ (Ausschnitt)

Volker Beck sieht in einem in Bonn gezeigten Kunstwerk Propaganda gegen Israel. Die Bundeskunsthalle will das Werk nun mit einer Texttafel „aufklärend kommentieren“.

Die Bundeskunsthalle in Bonn reagiert auf die von Volker Beck geäußerte Kritik an einem in der Ausstellung „Wer wir sind. Fragen an ein Einwanderungsland“ gezeigten Kunstwerk und will dieses nun mit einer Texttafel „aufklärend kommentieren“. Es geht um ein „ABC des rassistischen Europa“ der peruanischen Künstlerin Daniela Ortiz, in dem Beck, Geschäftsführer des Tikvah Institut und Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, an mehreren Stellen Propaganda für die „israelkritische“ und in Teilen antisemitische Boykottbewegung BDS sieht.

In einer ersten Reaktion auf Becks Kritik hatte die Bundeskunsthalle angekündigt, das Werk von den Antisemitismus-Experten Nicole Deitelhoff und Meron Mendel „in seiner Bildsprache überprüfen und bewerten“ zu lassen. In dieser Überprüfung geben Deitelhoff und Menden den geäußerten Bedenken nun Recht - sie haben im „ABC“ zudem weitere problematische Inhalte ausgemacht. Auch diese sollen entsprechend „kontextualisiert“ werden.

Abgehängt wird Ortiz‘ Werk nicht, das hatte auch Beck nicht gefordert.

Im Einzelnen geht es um die vier Bildtafeln mit den Buchstaben „G“, „I“, „R“ und „W“. Unter „G“ behauptet Ortiz, der Staat Israel würde gemeinsam mit der britischen Sicherheitsfirma G4S Foltergefängnisse betreiben. Hier weist die Texttafel nun darauf hin, dass die Firma lediglich Sicherheitssysteme an Israel geliefert und diese gewartet habe. Weiter heißt es: „Die Vorwürfe einer Beteiligung an Folter konnten nicht erhärtet werden.“

Auf der Bildtafel „I“ taucht laut Bundeskunsthalle eine gezeichnete Figur namens „Handala“ auf. Diese Kinderfigur des Zeichners Nadschi al-Ali (1938‒1987) sei „prägnanter Teil des Logos der BDS-Bewegung“ und Symbol des palästinensischen Widerstands gegen die israelische Militärbesatzung. Unter „R“ sei zudem „eine Karte von Israel, Westbank und Gaza als palästinensisches Gesamtterritorium abgebildet, in der die international anerkannten Grenzen von 1967 nicht existieren“. In diesem Fall handele es sich um ein klassisches Motiv im israelbezogenen Antisemitismus: „Die Delegitimierung bzw. das Propagieren einer Auslöschung des Staates Israel.“

Unter demselben Buchstaben ist auch ein Bild von Ahmad Sa’adat zu sehen, dem Generalsekretär der Volksfront zur Befreiung Palästinas. Dessen Rolle als verurteilter Drahtzieher von Attentaten und Terroranschlägen soll auf der Texttafel ebenfalls erläutert werden. Schließlich sei laut Bundeskunsthalle auf der Bildtafel „W“ ein lesender Mensch mit einer Reihe von Büchern dargestellt. Hier wird nun darauf hingewiesen, dass eines der abgebildeten Bücher, „Die Weißen, die Juden und wir“ der franco-algerischen Autorin Houdia Bouteldji, nicht zuletzt wegen der darin gemachten Äußerungen zu Israel hochumstritten sei.

Abgehängt wird Ortiz‘ Werk nicht, das hatte auch Beck nicht gefordert. So richtig schlüssig können die Kuratoren allerdings nicht erklären, warum ausgerechnet dieses „ABC“ ausgewählt wurde, um zu illustrieren, wie offener oder latenter Rassismus in deutschen Schulen die Integration verhindert. In ihrer Stellungnahme betonen Bundeskunsthalle und Ausstellungsteam, dass sie sich von jeglicher Form „der Verherrlichung oder Bagatellisierung von Gewalt und von Antisemitismus“ distanzieren.