Mit neuen Vorwürfen sorgt Prinz Harry weiter für Aufsehen. RTL-Adelsexperte Michael Begasse analysiert das Verhalten von Prinz und Royals.
Prinz Harrys MemoirenKölner Adelsexperte ordnet intime Enthüllungen ein
Am Dienstag, 10. Januar, ist Prinz Harrys Autobiografie „Spare“, auf Deutsch „Reserve“, erschienen.
Darin rechnet er mit der britischen Presse, seiner Familie und vor allem mit seinem Bruder Prinz William ab.
Der Journalist und Moderator Michael Begasse verfolgt seit mehr als 25 Jahren das royale Geschehen. Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ teilt der RTL-Adelsexperte seine Einschätzungen zu Prinz Harrys Memoiren.
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Sie haben die vorzeitig erschienene spanische Ausgabe von „Spare“ bereits gelesen. Sehen Sie Prinz Harry im Recht, intimste Details aus der Royal Family preiszugeben?
Michael Begasse: Es geht meiner Meinung nach nicht um Recht oder Unrecht. Es geht bei diesem Buch vor allem darum, dass Prinz Harry endlich seine Sicht der Dinge der Öffentlichkeit mitteilen will.
Im Vorfeld des Erscheinungstermins gab es ja auch das Interview mit dem britischen Sender ITV.
Begasse: Prinz Harry brauchte dieses Interview, um dieses Buch in die Öffentlichkeit zu bringen. Das ist ein schmaler Grat. Er verurteilt die Presse und die Eingriffe in sein Privatleben als Prinz, Familienvater und Ehemann. Auf der anderen Seite benutzt er genau diese Medien, um seine Sicht der Dinge in die Öffentlichkeit zu transportieren. Er wirft der Familie vor, einen „Pakt mit dem Teufel“ eingegangen zu sein, weil sie sich viel zu nah an die Presse gebunden haben und er tut jetzt eigentlich das Gleiche. Diese Kritik muss er sich gefallen lassen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass es ja nicht nur um Wahrheiten geht, sondern auch um Geld und er wird viele Millionen damit verdienen.
Befeuert Sensationslust und die daraus entstehende Notwendigkeit, immer Neues zu liefern, das Drama? Tragen wir alle also in gewisser Weise eine Mitschuld für die teils fragwürdigen Arbeitsweisen der Medien?
Begasse: Ich würde nicht von Schuld sprechen. Das ist wie die Frage nach der Henne und dem Ei. Wir beide sprechen ja schließlich auch gerade über dieses Thema, weil wir glauben, dass die Leserinnen und Leser des „Kölner Stadt-Anzeiger“ an dieser Geschichte interessiert sind. Natürlich sind wir alle mit einem gewissen Voyeurismus ausgestattet. Das ist menschlich. Wenn dieser Voyeurismus durch die berühmteste Familie der Welt - und das sind die britischen Royals - bedient werden kann, dann spricht man in der Kommunikationswissenschaft vom „Wir-Faktor“. Wenn man die gelesenen Geschichten auf sich selbst bezieht. Beim Lesen dieses Buches hatte ich mehr als einmal das Gefühl: Zum Glück bin ich in einer liebevollen Familie aufgewachsen. Zum Glück bin ich nicht in eine Rolle gedrängt worden, aus der ich mich nie befreien konnte. Ich habe mit dem mitgelitten, was er geschrieben hat.
Schadet Prinz Harry mit seinen Enthüllungen und Anschuldigungen dem Ansehen seiner Familie oder eher seinem eigenen?
Begasse: Die Briten sehen die Royals durch diese Details, die wir jetzt kennen, in einem anderen Licht. Wir waren alle – und da schließe ich mich mit ein – als Meghan in diese Familie kam, geblendet von der Idee zweier junger, stylischer Paare. Aber Harry sagt jetzt in seinem Buch ganz deutlich, dass es das so nie gegeben hat. Da müssen auch Leserinnen und Leser erkennen, dass auch viel eigenes Wunschdenken dabei war.
Einer der Hauptvorwürfe gegen die Königsfamilie, den Harry und Meghan immer wieder äußern, ist der, man behandele sie aus rassistischen Gründen anders und schütze sie nicht.
Begasse: Wir dürfen bei der Royal Family nicht vergessen, dass es eine traditionelle, elitäre, weiße, männer-dominierte Elite-Clique ist. Da muss es hunderte Fälle von latentem Rassismus gegeben haben. Das hat Meghan damals auch bei Oprah Winfrey im Interview dargelegt. Hinter den Royals steht ein riesiger institutioneller Apparat. Deshalb hat Harry auch das Buch geschrieben. Er sagt: „Ich bin hier gegen verschlossene Türen gerannt, jetzt habe ich mein Buch geschrieben und meine Türen geöffnet und der Ball liegt in eurem Feld.“
Welche Rolle spielt das Trauma, das Harry durch Dianas Unfalltod erlitten hat, bei der Entfremdung mit der Königsfamilie?
Begasse: Ohne diesen Unfalltod hätte Harry ein komplett anderes Leben gelebt. Er sagt - das fand ich herzzerreißend - dass er nicht die Liebe von seinem Vater, seinem älteren Bruder und seinem Umfeld bekommen hat, die er gebraucht hätte. Ich war schon vor 25 Jahren Adelsexperte bei RTL und weiß noch, dass die Öffentlichkeit sich in den Jahren nach Dianas Unfall nicht wirklich gefragt hat, wie es ihren Kindern geht. Man ist irgendwie davon ausgegangen, denen wird es schon gut gehen. Das widerlegt Harry jetzt in seinem Buch. Er sagt, dass er erst Jahre später eine Träne um seine Mutter vergossen hat, weil er sich lange Zeit sicher wahr, dass Diana es irgendwie geschafft hat, diese Institution auszutricksen und sich von ihr zu lösen.
Das Gespräch führte Moritz Wüst