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Streaming-TippDie zweite Staffel der „Reservation Dogs“ wird zum Höllentrip

Lesezeit 4 Minuten
Drei indigene Jugendliche stehen gelangweilt herum.

Willi Jack (Paulina Alexis), Bear (D' Pharaoh Woon-A-Tai) und Cheese (Lane Factor) (v.l.) wollen dem tristen Leben im Reservat entfliehen.

In der Fortsetzung des Streaming-Überraschungshits versucht ein Mitglied der indigenen „Reservation Dogs“, der Tristesse ihres Lebens zu entfliehen. Und scheitert dabei schon früh.

Vor zweieinhalb Jahren tauchte in der Serienlandschaft plötzlich eine kleine Perle bei Disney+ auf, die eine völlig andere Coming-of-age-Geschichte erzählt: „Reservation Dogs“ ist eine Comedy-Serie mit jeweils halbstündigen Episoden über vier indigene Jugendliche im ländlichen Oklahoma. Sie klauen, plündern und sparen, um in das weit entfernte Kalifornien zu gelangen. Die Serie wurde in Okmulgee, Oklahoma, gefilmt und als ein Durchbruch in der Repräsentation von indigenen Fernseh-Machern – sowohl vor als auch hinter der Kamera gefeiert.

Jetzt läuft nun endlich die zweite Staffel bei Disney+ an. Die „Reservation Dogs“ sind Bear (D' Pharaoh Woon-A-Tai), Elora Danan (Devery Jacobs), Willi Jack (Paulina Alexis) und Cheese (Lane Factor). Das Quartett war eigentlich zu fünft, verlor ein Mitglied jedoch unter tragischen Umständen, was sie dem Reservat, in dem sie leben, in die Schuhe schieben. An seinem Todestag beschloss das Quartett alles zu tun, um diesen Ort zu verlassen und nach Kalifornien zu reisen.

Nur Elora tritt die Reise nach Kalifornien an

Ein Plan, der aus vielerlei Gründen nicht in Erfüllung ging. Zum Start der zweiten Staffel ist nur noch Elora (Devery Jacobs) dabei, den Traum von Kalifornien zu verwirklichen. Mit ihrer Erzfeindin aus Staffel eins, Jackie (Elva Guerra), bildet sie eine Art Zweckgemeinschaft und macht sich in dem geliehenen Auto der Großmutter auf den Weg. Das wird aber schnell zu einer Reise aus der Hölle. Erst gibt die Schrottkarre ihren Geist auf, dann nimmt sie ein merkwürdiger Mann per Anhalter mit. Als dieser aber mitten im Nirgendwo eine Wendung mit dem Auto macht, werden die beiden panisch und verletzen ihn mit einem Messer. Diese Teenagerinnen sollte niemand unnötig erschrecken.

Elora und Jackie finden sich anschließend alleine auf einer staubigen Straße wieder. Ohne Auto und ihr gesamtes Geld, dass sie bei der Flucht aus dem Wagen des seltsamen Mannes blöderweise in selbigem vergessen haben. Also beschließen die beiden, ein Auto zu stehlen, welches aber ausgerechnet militanten „Rednecks“ gehört, die sie mit Waffen jagen. Da bleibt den beiden nur noch die Flucht. Diese endet allerdings kurze Zeit später wieder im Reservat, wo sich Elora mit einer größeren Familienkrise auseinandersetzen muss.

Zwei indigene Teenagerinnen werden per Anhalter mitgenommen.

Die beiden Teenagerinnen Elora (r., Devery Jacobs) und Jackie (Elva Guerra) sind skeptisch gegenüber fremden Autofahrern.

Derweil erhält der eigentliche Anführer der „Reservation Dogs“, Bear, von Spirit, einem indigenen Vorfahren, der ihm immer wieder in einer Art Tagträumen erscheint, den Tipp, seine Rolle in der Gemeinschaft zu finden und dieser etwas zurückzuzahlen. Also versucht Bear, einen Job zu finden, und erlebt so zum ersten Mal den Ernst des Lebens.

Ein Tom-Petty-Song schallt durchs Reservat

Willi Jack und Cheese gehen unterdessen ihrem Alltag im Reservat nach, wobei sie als Erstes versuchen, einen Fluch aufzuheben, der auf dem Reservat liegen soll. Dies kulminiert in einer schreiend komischen Szene, wenn alte indigene Männer plötzlich einen Tom-Petty-Hit zum Besten geben.

Die kurzen Folgen sind diesmal sehr episodisch gehalten, untereinander haben die Mitglieder der Clique kaum Kontakt. Sogar der freundliche Polizist des Ortes erhält seine eigene Episode, in der er plötzlich auf einen aberwitzigen Drogentrip gerät.

Zwei Jugendliche gehen eine Straße entlang.

Cheese (rechts) versucht einen Fluch aufzuheben, während Bear sich nützlich machen will.

Es sind solche irren Szenen, in denen „Reservation Dogs“ seine ganzen Stärken ausspielen kann. Die indigenen Protagonisten nehmen sich selbst nicht so ernst, wollen aber ernst genommen werden. Oft denken sie, sie sind die einzigen normalen Menschen in einer Welt, die komplett verrückt geworden ist. Eine Sicht der Dinge, die schon immer sehr gute funktioniert hat und zuletzt Netflix mit „Wednesday“ einen Überraschungserfolg beschert hat.

Ein emotionales Finale mit Jesus-Figur

All das schaukelt sich zu einem emotionalen Finale hoch, in dem dann auch die „Reservation Dogs“ wieder vereint sind. Sie nehmen erneut einen Anlauf nach Kalifornien, um das Meer zu sehen. Mithilfe eines obdachlosen Hippies, der einen stark an eine Jesus-Figur erinnert, gelingt es ihnen schließlich, den Tod ihres Freundes mit dem Trip nach Kalifornien zu verarbeiten.

Die zehnteilige Serie über das Erwachsenwerden an einem ungewöhnlichen Ort ist auch im zweiten Teil eine herzerwärmende Story mit Protagonisten, die in einem Moment völlig schräg und im nächsten wieder komplett normal erscheinen. Wer einmal etwas anderes sehen will und sich für das heutige Leben indigener Amerikaner interessiert, kommt an „Reservation Dogs“ nicht vorbei.

„Reservation Dogs“, Staffel eins und zwei sind jetzt auf Abruf unter der „Star“-Kachel von Disney+ zu finden.