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Sexismus im SportViel Streit über wenig Stoff

Lesezeit 3 Minuten

Die deutsche Turnerin Pauline Schäfer entschied sich gegen die üblichen Turnbekleidung. 

Köln – „Die Sex-Wahrheit über Olympia – Ex-Weitspringerin Susen Tiedtke verrät, was im Athleten-Dorf läuft“ lautete die Überschrift eines Interviews, das die „Bild“ pünktlich zum Start der Olympischen Spiele veröffentlichte. Wer ein bisschen im Internet surft, findet viele Bilderstrecken und Artikel, die uns nahebringen sollen, „wie sexy Olympia ist“. Zu sehen sind Frauen in knappen Outfits, oft auch nur Ausschnitte, die Pos, Beine oder Brüste zeigen. Eins haben diese Artikel gemeinsam: Männer sucht man vergeblich – und es geht darin höchstens am Rande um sportliche Aspekte.

„Diese Haltung dominiert ja tatsächlich den Sport so weit, dass Spitzensportlerinnen ab und an gar nicht mehr in Bezug auf ihre sportliche Leistung wahrgenommen werden“, sagte die Kölner Sportsoziologin Ilse Hartmann-Tews 2019 „Spiegel online“. „Das entspricht auch dem Skript im Marketing: Bei der Vermarktung von Sportlerinnen steht häufig dort: Sex sells“.

Viele Fotografen überschreiten Grenzen

In der Berichterstattung über Wettkämpfe überschreiten viele Fotografen Grenzen, wie die Leichtathletin Rebekka Haase dem Online-Magazin „Übermedien“ schilderte: „Fotografen positionieren sich beim Weitsprung direkt vor der Grube, um auf gespreizte Beine beim Sprung zu warten und dann abzudrücken“, sagte die Sprinterin. „Bei Männern machen sie das kaum.“ Sie stünden meistens auch nicht hinter dem Startblock, wenn die Männer sich bücken. „Bei uns schon! Und natürlich kann man dann, aufgrund der Position, unseren Po gut sehen.“

Doch es regt sich Widerstand gegen diese Formen der Sexualisierung. Die deutschen Turnerinnen verpassten bei den Spielen in Tokio zwar knapp das Team-Finale, setzten aber dennoch einen Meilenstein. Elisabeth Seitz, Kim Bui, Sarah Voss und Pauline Schäfer turnten in Ganzkörperanzügen. Normalerweise tragen Turnerinnen Anzüge, die eher an Badeanzüge erinnern. Sogar die „New York Times“ berichtete. Seitz hatte schon im April, als ihr Team in diesen Anzügen zur EM antrat, gesagt: „Es ist auch ein Zeichen, gerade weil wir viele Spagate machen und doch relativ breitbeinig sind“. Jede solle sich so präsentieren, wie sie sich wohlfühle. Darum solle es gehen und nicht um die Nacktheit.

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Dass Frauen selbst entscheiden, was sie bei Wettkämpfen anziehen, in denen die halbe Welt auf sie blickt, ist keine Selbstverständlichkeit. Kurz vor Beginn der Sommerspiele machte das norwegische Beachhandball-Team der Frauen auf sich aufmerksam, weil es ankündigte bei europäischen Turnieren wie ihre männlichen Kollegen in Shorts zu spielen. Damit verstießen sie allerdings gegen die Kleidervorschriften ihres Verbands. Laut dieser Vorgaben müssten sie Bikinihosen tragen, die eng anliegend sind und eine Seitenbreite von „maximal zehn Zentimetern“ aufweisen. Ähnliche Vorschriften gab es auch beim Beachvolleyball bis 2012.

Die Disziplinarkommission der Europäischen Handball-Föderation (EHF) bewertete die Outfits der Norwegerinnen dann auch als „Fall unangemessener Bekleidung“ und verhängte eine Geldstrafe. Popstar Pink lobte den Mut der Sportlerinnen wollte die 1500 Euro Strafe übernehmen, doch nun zahlt der norwegische Verband. Die EHF wiederum hat angekündigt, die Summe an „eine bedeutende internationale Sportstiftung“ zu spenden, die sich für die Gleichstellung von Mädchen und Frauen im Sport einsetzt.

Medien reservieren nur zehn Prozent der Sendezeit für Frauensport

Nicht nur die Art, auch der Umfang der Berichterstattung ist ein Problem. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) macht zur Zeit darauf aufmerksam, dass Frauen und Männer in der Sportberichterstattung auch dann nicht gleich behandelt werden, wenn es um die Aufmerksamkeit für ihre Leistungen geht. „#ShowUsEqual – Für Gleichstellung in den (Sport-) Medien“ heißt die Kampagne. Aktuell bekommen Athletinnen, mit Ausnahme von Großveranstaltungen wie Olympische und Paralympische Spielen, in der Sportberichterstattung laut DOSB durchschnittlich nur zehn Prozent der medialen Aufmerksamkeit. In der Hauptsache geht es um Männer – und zwar um Männer, die sich nicht in knappe Outfits zwängen müssen.