So war der „Tatort“ aus WienMit Schrotflinte und Weihwasser gegen den Teufel
Der Fall
Das Tor zur Hölle ist in Wien. Das hat Priester Manfred Gabler (Tino Sekay) herausgefunden, bevor er dran glauben musste. Das Teuflische ist für das Mordopfer dabei nicht fremd - er führt Exorzismen für Menschen aus, die von Dämonen besessen sind. Für die Ermittlung zieht es Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) also in die Kirche. Und wo man über den Teufel spricht, da sind Wortwitze und Faust-Zitate natürlich nicht fern.
Der Praxis des Exorzismus folgend, konfrontieren die Ermittler erst einmal die daran Beteiligten. Gablers junger Assistent, der Kaplan Raimund (Lukas Watzl), führt an seiner Statt die Austreibungen weiter durch. Auch der Psychiater Dr. Sittsam (Sven Eric Bechtolf) ist beteiligt. Er soll ausschließen, dass die vermeintlich Besessenen in Wahrheit psychische Probleme haben. Eine wichtige Zeugin ist die letzte Person, die Gabler exorziert hat, sie ist jedoch nur in Gablers Terminkalender auffindbar.
TV-Ermittler Moritz Eisner kommt über den Teufel noch fast zum Glauben
Da den Ermittlern jede Spur fehlt, reaktiviert Bibi einen alten Kontakt aus ihrer Zeit bei der „Sitte“. Der ehemalige Zuhälter Günther Dambusch (Roland Düringer) ist seit einer Begegnung mit einer Handleserin zu einem leicht verschrobenen Experten für das Dämonische avanciert. Sein ganzes Haus ist voller Kreuze und Marienabbildungen. Er bringt die Ermittler auf die Spur der Theologie-Dozentin Tea Berkovic (Angela Gregovic), die ein Buch über das Tor zur Hölle schreibt und zu Exorzismen ihre Dissertation verfasst hat.
Eisner bleibt zunächst skeptischer Gegenpol zu dem ganzen „Brimborium“, kommt aber selbst bald ins Wanken, als die paranormalen Ereignisse auch die Polizisten treffen. Gablers geheimnisvoller letzter Termin stellt sich als eine von Dämonen besessene Frau namens Natalie heraus. Sie taucht im Polizeirevier auf und sorgt mit einem Ausbruch mit tiefer Stimme, Halsverrenkungen und Beschimpfungen für Schrecken, bevor sie wieder verschwindet. Die Ermittler haben den Spuk dann auch Zuhause: In der Nacht öffnet sich plötzlich die Haustür, Bilder fallen herunter, blutige Pentagramme zeigen sich an Türen. Zudem wird Fellner von ihrer Vergangenheit heimgesucht. Vor Jahren hatte sie einer Aussteigerin aus der Sexarbeit Unterschlupf gewährt, die aber von ihren Peinigern gefunden, gefoltert und erhängt wurde. Immer wieder taucht die Frau in Fellners Albträumen auf.
Die Auflösung zum „Tatort aus Wien“
Weiter zu ermitteln heißt, sich weiter dem Bösen auszusetzen. Trotzdem finden Sie heraus, dass Thea Berkovic Gablers Laptop gestohlen hat, um zusammen mit dem Psychiater Dr. Sittsam den Standort des Tors der Hölle zu finden. Fellner und Eisner wohnen schließlich Natalies Exorzismus aus sicherer Distanz bei, den Kaplan Raimund scheinbar erfolgreich durchführen kann, auch wenn der junge Priester dabei sichtlich an seine Grenzen kommt. Während Thea Berkovic selbst zum Opfer des mysteriösen Mörders wird, kommt Dammbusch noch kurz vor den Ermittlern auf die Identität des Mörders und will ihn erpressen.
Gerade noch rechtzeitig tauchen die Ermittler bei Dambusch auf, der den völlig verwandelten Dr. Sittsam mit Schrotfilme und Weihwasser auf Distanz hält. Der in einer dunklen Robe gehüllte Psychiater springt den Zuhälter mit seinen langen schwarzen Fingernägeln an, da schießt Dammbusch den Besessenen in tarantinoesquer Weise über den Haufen.
Das Fazit zum „Tatort“ aus Wien
Das Übernatürliche zu erzählen, ist schwer. Sowohl die Scooby-Doo-Route, bei der am Ende alles nur ein Schwindel ist, als auch die Horror-Route, bei der es den Teufel wirklich gibt, können schnell unbefriedigend bleiben. Vielleicht hätte man also einen Mittelweg mit größerer Ambiguität wählen können, dann hätte man auch den anfänglich skeptischen Elsner nicht an die Gläubigen verloren, der die vielen eindeutigen Zeichen eben deuten muss, und seine Dynamik als aufgeklärter Gegenpol wäre nicht im Verlauf der Folge verschwunden. Wenn man schon den Horror-Weg geht, hätte man das Tor zur Hölle selbst auch stärker in die Folge einbringen können, oder wenigstens erklären können, warum Sittsam überhaupt das Tor sucht. Die ganze Suche findet kaum statt, sodass es letzlich nur als McGuffin für Sittsams endgültige Metamorphose herhält.
Die Folge hält aber auch spannende Einblicke parat. Das Ringen der Ermittler mit dem Bösen scheint ebenso wenig von Erfolg gekrönt zu sein wie dasjenige der Kirche. Auch wenn der junge Kaplan behauptet, er wüsste von keinem Fall, an dem ein ausgetriebener Dämon wieder zurückgekehrt sei, ruft Natalie zum Schluss nochmal an, um zu zeigen: Die Dämonen sind trotzdem noch da. In dem Sinne ist es faszinierend, dass ausgerechnet Dambusch dem Dämon eine Ladung Schrot in die Brust jagt, also derjenige, der selbst einen Exorzismus hinter sich hat und dessen erster Impuls trotzdem ist, aus einem Mörder Geld zu erpressen, anstatt ihn anzuzeigen.
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Eigentlich macht die Folge zu viel gut, um sie nicht zu mögen - allen voran Dambuschs überzeugendes Spiel und die sakrale Bildsprache, die mit Wien eine hervorragende Kulisse für die Geschichte bietet. Andererseits bringen auch ein paar Faust-Zitate nicht die Tiefe, die eine Begegnung mit dem Teufel haben könnte. So versinkt „Das Böse“ in einem abstrakten Nebel, anstatt konkret die vielen Misstände zu benennen, die mit ihm einhergehen.
Die Theologin sagt in der Folge: „Durch Satan zeigt Gott uns, was falsch und schlecht ist auf der Welt. Und dadurch sollen wir lernen. Wenn wir das täten, dann gäbe es keine Dämonen mehr.“ Das bewahrheitet sich in der Folge nicht, hier führt die Begegnung mit dem Satan lediglich zu mehr Dämonie bis hin zu einer grotesken Selbstentstellung. Die Sünden der Kirche, den Grund für Sittsams Suche oder der Femizid der ehemaligen Sexarbeiterin nicht stärker in die Folge eingeschrieben zu haben, ist eine verpasste Chance. Da hätte man sicher das eine oder andere lernen können.