Solo-Oboist Albrecht Mayer gastierte in der Kölner Philharmonie und spielte gemeinsam mit den Berliner Barock Solisten.
Star-Oboist Albrecht Mayer in der PhilharmonieZum Schluss wurde es richtig traurig
Am Schluss wurde es dann noch richtig traurig: Als „Epitaph“ für die kürzlich verstorbenen Väter des Solisten und des Konzertmeisters spielten Albrecht Mayer und die von Gottfried von der Goltz am ersten Pult angeführten Berliner Barock Solisten in der Zugabe eine Bearbeitung von Händels Arie „Lascia, ch’io pianga“ für Oboe und Streicher. Auf dem Podium der Kölner Philharmonie umherwandernd, konnte Mayers seelenvolle Oboe gar nicht genug kriegen von immer neuen expressiven und, wie es schien, auch spontan improvisierten Verzierungen der unvergänglichen Melodie.
Star-Oboist Albrecht Mayer mit faden Witzen, aber musikalisch stark
Im Licht dieses Meisterkonzert-Finales musste freilich die erste Hälfte des Abends noch im Rückblick umso mehr verstören. Wartet, wer noch frisch um seinen Vater trauert, mit faden bis peinlichen und mit der musikalischen Agenda so gar nicht vermittelten Witzen über das Deutsche-Bahn-Desaster, über Ausfälle und funktionsuntüchtige Zugtoiletten auf? Mayer ist doch ein begnadeter Spieler, hat für die Glorie seines Instruments über die Jahre und Jahrzehnte mehr getan als alle seine Kollegen. Warum lässt er es nicht dabei?
Vorweihnachtliches Barockprogramm aus der Familie Bachs
Das Konzert selbst? Wie üblich in vielen Vorweihnachtsauftritten, war Barock (und in diesem Fall auch Nachbarock) angesagt: nicht der italienische, der den Zuhörer von Haus aus schon mal angenehm sedierender Langeweile aussetzt, sondern immerhin derjenige Johann Sebastian Bachs und seines familiären Umfelds (Onkel Johann Christoph und Söhne Carl Philipp Emanuel und Johann Christoph Friedrich).
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Vollends froh wurde man ob dieser Agenda trotzdem nicht: Die Musik der Söhne konnte durchweg nicht so richtig vom Hocker reißen – was man zumal im Kontrast zu den Werken des Vaters merkte: dem dritten Brandenburgischen Konzert und dem (hier für Oboe arrangierten) Cembalokonzert BWV 1055. Mit seiner Chromatik und seinen Stürzen durch den Quintenzirkel in hohem Maße satisfaktionsfähig war immerhin das ursprünglich für Alt-Solo komponierte Lamento des Onkels „Ach, dass ich Wassers gnug hätte“.
Vielleicht fehlte es auch insgesamt ein bisschen an energetischem Input seitens der Ausführenden: Homogener Sound, darstellerische Souveränität, edle Klanggebung und Klangrede, über die die Berliner Gäste zweifelsfrei gebieten – es ist möglicherweise für eine wirklich zündende Präsentation zu wenig.
Mayer spielte – was denn sonst, möchte man sagen – auf Oboen unterschiedlichen Typs gewohnt berückend: kantabel, verhalten virtuos, spielerisch gelöst. Nur kamen im großen Rund des Konzertsaals die Blasinstrumente auch gegenüber den Begleitern etwas zu defensiv. So oder so bemerkenswert ist, wie Mayer seinen Phrasen durch Akzente und gestische Hervorhebungen sozusagen auf dem Weg immer wieder Frischzellenkuren verpasst. Da kann man stundenlang zuhören.