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TV-TalkshowsWütende Abgänge in Live-Sendungen haben eine lange Tradition

Lesezeit 4 Minuten
BosbachAbgang

Wolfgang Bosbach verlässt verärgert die TV-Talkshow Maischberger.

Bettina Böttinger, „Harald Schmidt Show“

Einen Konflikt mit Ansage gab es Mitte der 90er in der „Harald Schmidt-Show“. Im Dezember 1995 hatte Schmidt in seiner Sendung ein Bilderrätsel gezeigt, auf dem Böttinger zusammen mit einer Toilettenschüssel, einer Flasche Eierlikör und der Frauenzeitschrift „Emma“ gezeigt worden war. Die Frage: Was haben diese vier Dinge gemeinsam? Die Lösung laut Schmidt: „Kein Mann würde sie freiwillig anfassen.“

Am 1. Februar 1996 kam Böttinger dann in die Show, sagte, dass für sie damit eine Grenze überschritten sei: „Ich finde das nicht witzig.“ Und weil Schmidt häufig Menschen beleidige, die nicht anwesend seien, gebe sie ihm die Möglichkeit, das bei ihr wieder zu tun und verließ das Studio.

Karin Struck, NDR-Talkshow

Angela Merkel durfte ihren ersten Fernsehskandal 1992 erleben (Der Titel im Youtube-Video gibt ein falsches Jahr wieder, Red.). Die Schriftstellerin und Abtreibungsgegnerin Karin Struck ereiferte sich im Juli des Jahres in der „NDR-Talkshow“ derart über die damalige Bundesministerin für Frauen und Jugend, dass sie die Talkrunde verließ.

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Aber nicht geräuschlos. Sie hob ihr Kleid bis über den Slip, um sich zu entkabeln, warf Sender, Mikrofon und ein Weinglas ins Publikum und verletzte dabei noch eine Zuschauerin („Das darf ja wohl nicht wahr sein. Kathrin, du blutest“).

Joachim Bublath, „Maischberger“

Bei Maischbergers Talkrunde zum Thema „Ufos, Engel und Außerirdische“ traf Nina Hagen vor zehn Jahren auf Joachim Bublath. Der Physiker und Moderator von Wissenschaftssendungen konnte sich schließlich Hagens Theorien zum Teufel, der Aliens erschaffen habe und was das Alte Testament noch so alles unterschlagen hätte, nicht mehr anhören. „Ich will nicht unhöflich sein, aber ich gehe“, kommentierte er vergleichsweise bescheiden und verglich die Sendung mit einer Therapiesitzung.

Auch nach dem Abgang ihres Lieblings-Kontrahenten des Abends ließ sich die Sängerin am 30. Oktober 2007 nur mühsam in ihren wilden Beschimpfungen stoppen. Sandra Maischberger tadelte mütterlich: „Nina, das war nicht nett.“

Roland Kaiser, „Dall-As“

Dall-As hieß eine von Karl Dall moderierte einstündige Comedy-Talkshow, die zwischen 1985 und 1991 alle vierzehn Tage von RTL ausgestrahlt wurde. Dall trat darin bewusst schnodderig auf und beleidigte auch gerne mal seine Gäste. Roland Kaiser fand es allerdings weniger lustig, als Dall zu ihm sagte: „Na, sing schon mal, damit wir es hinter uns haben!“ Der Schlagersänger entschied sich gegen das Singen und für den Gang aus dem Studio.

Cherno Jobatey, „Zimmer frei!“

Mehrere Jahre lang lag die Folge der WDR-Kultsendung „Zimmer frei!“ mit Cherno Jobatey aus dem Februar 1999 im Giftschrank des Senders. Der WDR strahlte sie erst am 23. November 2003 aus. Die Moderatoren Götz Alsmann und Christine Westermann hatten ihren Gast mit diversen Anspielungen auf dessen frühere Legasthenie (mit Buchstabensuppe, ABC-Pflaster und Scrabble) so sehr verärgert, dass dieser vorübergehend das Studio verließ und sich anschließend nur widerwillig beteiligte. Anlässlich eines Rückblicks in der Ausgabe vom 4. März 2012 ließen Alsmann und Westermann erstmals eine Entschuldigung hierfür anklingen: Man habe sich „nicht mit Ruhm bekleckert“.

Campino, „3 nach 9“

Auch Berufsjugendliche lassen sich nicht alles gefallen: Bei „3 nach 9“ räumte Tote Hosen-Chef Campino das Feld, nachdem die Schauspielerin Maria Schell über die Jugend geschimpft hatte ( „Was übrigens eine Krankheit unserer Jugend ist: dass sie sich zu wenig interessiert. Sie interessieren sich zu wenig für Politik oder irgendwelche Dinge. Sie interessieren sich gar nicht für die Älteren.“) Campino nannte die Äußerungen Bullshit und warf Schell Intoleranz vor. Maria Schell verteidigt sich, sie lerne am meisten von der Jugend. „Ich find's wunderbar. Ich kenn' sogar die Tote Hose.“ Der Musiker ließ sich irgendwann zu dem Spruch „Ich hab' auf jeden Fall keine nekrophilen Kampfgelüste“ hinreißen, entschuldigte sich dann („private Probleme“), nestelte sein Mikro vom grässlichen 90er-Pulli – und verließ das Studio.

Bernd Lucke bei „Studio Friedman“

Der AfD-Gründer verließ nach nur elf Minuten wütend die Sendung „Studio Friedman“, um sich vor weiteren Fragen rund um das Thema Rassismus zu drücken. Friedmans beharrliches Nachhaken, ob Bernd Lucke hinter einer umstrittenen Aussage seiner Parteikollegin Beatrix von Storch stehe, brachte ihn in Bedrängnis.

Die damalige Kandidatin seiner Partei für die Europawahl behauptete: „Multikulti hat die Aufgabe, die Völker zu homogenisieren und damit religiös und kulturell auszulöschen.“ Sein Abgang war zwar kein Eklat im Live-Fernsehen, aber „N24“ strahlte die Sendung am 27. Februar 2014 mit Manuel Sarrazin von den Grünen als einzigem Gast trotzdem aus. Lucke verließ später die AfD.

Eva Herman , Johannes B. Kerner

Der einzige unfreiwillige Abgang in dieser Aufstellung geht an Eva Herman, denn die wurde 9. Oktober 2007 von Johannes B. Kerner aus seiner Sendung geworfen. Und das kam wenig überraschend: Einen Monat vorher hatte der NDR Herman gekündigt, nachdem sie in ihrem Buch „Das Prinzip Arche Noah“ die Familienpolitik während des Nationalsozialismus thematisiert hatte – in einer Weise, die als zustimmend gewertet werden konnte. In Kerners Sendung wollte sich Herman nicht so recht von ihren Aussagen distanzieren. Deshalb bat der Gastgeber die Moderatorin zu gehen, was sie auch tat.