Van Ham zu Fälschungsverdacht„Werke hätten nicht aufgenommen werden sollen“
Köln – Für gewöhnlich geben die Verantwortlichen bei Van Ham gerne Interviews. Fragen zu den neun am Freitag wegen Fälschungsverdachts zurückgezogenen Kunstwerken (wir berichteten) beantwortet das Kölner Auktionshaus jetzt jedoch lieber pauschal mit einer „ergänzenden Stellungnahme“ – um alle Journalisten auf den gleichen Stand zu bringen, wie es heißt.
Demnach ist der aktuelle Stand wie folgt: Am 1. Juni sollten ein gutes Dutzend Werke von Künstlern der Russischen Avantgarde, darunter El Lissitzky, Ljublow Popowa und Aristarch Lentulov, in der Kölner Moderne-Auktion versteigert werden. Sie stammen aus den Sammlungen des verstorbenen Deutsche-Bank-Managers Hilmar Kopper sowie aus der Sammlung des Managers Gerhard Cromme. Neun davon wurden „als Vorsichtsmaßnahme“ und als „umgehende Reaktion auf Hinweise der Polizei“ zurückgezogen. Allerdings, so Van Ham, gebe es „zum jetzigen Zeitpunkt bei keinem der Werke eine Bestätigung, dass es sich um eine Fälschung handelt.“
Van Ham bekam den entscheidenden Hinweis von der Polizei
Der entscheidende Hinweis der Polizei betraf demnach einen (im Katalog nur bei einem Teil der betreffenden Werke erwähnten) Vorbesitzer. Diese Provenienz sei 2017 in einem Artikel der Wochenzeitung „Die Zeit“ umfassend „aufgearbeitet“ worden. Da die weitere Veröffentlichung dieses Artikels jedoch gerichtlich untersagt worden sei, sei es für Van Ham nicht ohne weiteres möglich gewesen, ausführliche Informationen zu recherchieren. Mittlerweile liege der Artikel im Haus vor.
Wie berichtet sollen die drei Lose aus der Sammlung Hilmar Kopper der Wissenschaft „final zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt“ werden. Bei den sechs Werken aus der Sammlung Cromme liege dafür laut Van Ham hingegen keine Einverständniserklärung des Eigentümers vor; diese Werke würden jedoch in die Datenbank Kritischer Werke des Deutschen Kunstversteigerer-Verbands eingetragen. Zu den vier Werken von El Lissitzky, die in der Auktion verbleiben, äußerte sich Van Ham auf Nachfrage dieser Zeitung nicht.
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Allerdings hätte es der polizeilichen Hinweise nicht unbedingt bedurft, um bei den neun zurückgezogenen Werken einen Anfangsverdacht zu schöpfen – die Russische Avantgarde ist besonders häufig von Fälschungen betroffen, und die im Katalog aufgeführten lückenhaften Provenienzen sollten jeden Händler stutzig machen. Van Ham verweist hier darauf, dass alle Werke „eine beeindruckende Ausstellungshistorie“ aufweisen würden. „Die Arbeiten wurden in bis zu acht internationalen Ausstellungen in bedeutenden Museen wie dem Kunstmuseum Winterthur, dem Kunstmuseum Bonn, der Fondation Maeght in Saint-Paul de Vence oder dem Kunstmuseum Pablo Picasso in Münster gezeigt – zu keiner der Ausstellungen konnten wir eine negative Kritik hinsichtlich der Authentizität finden.“
In dieser Begründung zeigt sich sehr schön ein allgemeines Problem mit gefälschten Kunstwerken: Wurden diese erst einmal erfolgreich in den Kreislauf aus Galerieverkäufen, Auktionen und Ausstellungen eingespeist, werden sie nur noch in den seltensten Fällen hinterfragt. Van Ham scheint das ähnlich zu sehen: „Zusammenfassend müssen wir feststellen, dass keines der Werke ohne Abschluss der Recherchen und naturwissenschaftlichen Untersuchungen in den Katalog hätte aufgenommen werden sollen.“