Wallraf-Richartz-MuseumEin verbotener Kölner Künstler wird wiederentdeckt
Köln – Man kann nicht sagen, dass die Stadt Köln den Künstler Peter Josef Paffenholz aus ihrem Gedächtnis gestrichen hätte. Aber in allzu lebendiger Erinnerung hält sie ihren geschundenen Sohn auch wieder nicht. Dabei gehörte der überzeugte Kommunist zur Künstlergruppe der Kölner Progressiven, war in den 1920er Jahren ein gefragter Illustrator, Bühnenbildner und Regisseur und zog 1931 für die KPD in den Kölner Stadtrat ein.
Wenige Wochen nach der „Machtergreifung“ der Nazis wurde Paffenholz von der Gestapo in „Schutzhaft“ genommen und in den Klingelpütz gesperrt. So drollig das für Ortsfremde klingen mag – von dieser Gefängniszeit hat sich Paffenholz nicht mehr erholt.
Der Nachlass von Peter Joesf Paffenholz liegt im Kölner NS-Dok
1959 starb Paffenholz, ohne jemals wirklich rehabilitiert worden zu sein. Sein Nachlass liegt im städtischen NS-Dokumentationszentrum und wurde dort offenbar lange vorbildlich erforscht; seit dem Tod des Historikers Jürgen Müller vor drei Jahren liegen die Arbeiten jedoch brach. Müller habe die Biografie ihres Vaters schreiben wollen, so die Kölner Künstlerin Petra Paffenholz. Wie weit er damit gekommen sei, wisse sie aber nicht.
Jetzt begegnet einem Peter Josef Paffenholz an einem Kölner Ort, an dem man sein Werk nicht unbedingt erwarten würde – im Wallraf-Richartz-Museum, dem Schatzhaus der Alten Meister. Es ist eine glückliche Fügung, die ihren Anfang bei Anne Buschhoff, der Leiterin der Graphik-Sammlung im Wallraf, nimmt.
Bei den Vorbereitungen zur Ausstellung „Die Kunst zu zeichnen“ stieß sie auf ein Lehrbüchlein des berühmten Renaissance-Künstlers Benvenuto Cellini, übersetzt von Johann Wolfgang von Goethe und illustriert von Paffenholz. Erschienen ist es 1940 im Kölner Bachem Verlag und bildet jetzt das Herz der kleinen Grafikschau „Cellini – Goethe – Paffenholz. Widerstand im Tarnmantel eines Kunsttraktats“.
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Auch nach seiner Haftentlassung wurde Paffenholz von den Nazis observiert, drangsaliert und zeitweise mit Berufsverbot belegt. Unter der Hand erhielt er aber immerhin einige wenige Illustrationsaufträge, wie den der Bibliophilen Gesellschaft in Köln zum Cellini-Buch.
Es ist ein schmaler Band, in dem Cellini, der für seine abenteuerliche (manche sagen: mörderische) Lebensweise beinahe so berühmt war wie für seine Skulpturen, dafür plädiert, das Studium der Kunst nicht mit dem Schweren, sondern mit etwas Leichtem zu beginnen. Dieses findet sich für ihn auf „dem Grund des Nackten“, in den Knochen des menschlichen Skeletts.
Dieser Anleitung folgt Paffenholz in seinen 14 Holzschnitten geradezu penibel und mit moderner Einfachheit. Man sieht einen jungen, mit schwarzen Strichen konturierten Künstler (Paffenholz selbst), der mit Papier und Stift in seinem engen Atelier sitzt und zu einem goldenen Knochenmann aufblickt. Im nächsten Bild memoriert der Künstler eine durchnummerierte Knochenhand (sie liegt quer in seinem Kopf und kratzt von innen seine Stirn), danach bekommt er kurz Gesellschaft und bald darauf tanzen die Knochen auch schon einen Totentanz. Aus der Anatomiestunde wird eine Allegorie.
Anne Buschhoff deutet die Bildfolge als Selbstreflexion eines verfolgten Künstlers
Anne Buschhoff deutet die kleine Bilderfolge mit Hilfe einiger Leihgaben überzeugend als Selbstporträt des Künstlers im inneren Widerstand. Im engen Atelier erkennt sie eine Spiegelung der Gefängniszelle, die Paffenholz während seiner Haft gezeichnet hatte, der Knochenmann ist für sie nicht nur eine Personifizierung des Kriegs, sondern auch ein Sinnbild für die erzwungene Untätigkeit eines Künstlers.
Auf einem der letzten Bilder blickt Paffenholz mit Pinsel und Palette in einen Spiegel und sieht den leibhaftigen Tod vor sich. Gut möglich, dass er sein Leben unter den Nazis als langes Siechtum empfand und er das stets drohende Berufsverbot erwartete wie das eigene Ende. Es ist ein Trost, dass er wenigstens diesem Tod ein Schnippchen schlagen konnte.
„Cellini – Goethe – Paffenholz. Widerstand im Tarnmantel eines Kunsttraktats“, Wallraf-Richartz-Museum, Obenmarspforten, Köln, Di.-Fr. 10-18 Uhr, 24. Juni bis 4. September. Eröffnung: Mi., 23. 6., 19 Uhr, Eintritt frei. Der Katalog kostet 13 Euro.