Köln – „Maischberger“ heißt nicht mehr „Maischberger“, sondern nun „Maischberger. Die Woche“. Neuer Titel und neues Konzept für den Mittwochabend in der ARD – für eine gute Sendung braucht es aber gute Gäste, die Zündstoff liefern. Für den sorgt am am Talk-Tisch von Sandra Maischberger vor allem der Kölner Kabarettist Jürgen Becker, der der Moderatorin kurz nach ihrer Fassung ringen lässt.
Angesprochen auf die Handlungen von US-Präsident Donald Trump in Nordsyrien sagt Becker: „Donald Trump ist ein so großes Arschloch, da können Sie mit dem Lkw durchfahren.“ Das Publikum klatscht begeistert, Maischberger fragt leicht irritiert: „Können wir da einen Beep drüberlegen?“
Die Gäste
Aber der Reihe nach. Neben dem zwischenzeitlich tobenden Becker hat Maischberger zur Premiere ihrer alten, neuen Sendung noch Autorin Katharin Nocun, „Tagesspiegel“-Journalist Christoph von Marschall, Grünen-Politiker Cem Özdemir, SPD-Europaabgeordnete Katharina Barley und Axel Thill von der britischen Brexit-Partei zu Gast.
Die Sendung beginnt mit einer Debatte zu den Themen der Woche. Also Rechtsterrorismus, Nordsyrien, Nobelpreise. Becker, Nocun und von Marschall gehen in eine Dreierdebatte, in der Nocun zunächst ein Plädoyer für Greta Thunberg hält. „Diesen Jugendlichen geht es nicht um Preise, es geht ihnen nicht um Anerkennung. Es ist egal ob Greta Thunberg den Friedensnobelpreis bekommt oder nicht, in 50 Jahren werden überall Denkmäler von ihr stehen.“
Von Marschall nimmt auch den Journalismus in Sachen Klimaschutz in die Pflicht, bemängelt die vielen Stadtredaktionen, die keinen Blick auf die ländlichen Regionen hätten. Die Voraussetzungen dafür seien in den Städten oft deutlich besser als auf dem Land. Becker hält dagegen: „Man tut ja noch etwas Gutes für das Klima, wenn man schwarzfährt. Man müsste eigentlich zehn Euro zurückkriegen.“
Punkt zwei: Rechtsextremer Terror. Von Marschall nimmt den rechten Terror von Halle ins Visier: „Ich würde nicht den Schritt mitgehen, jeden Einzelfall der AfD anzuhängen. Da möchte ich doch erstmal sehen, ob der Täter von Halle auf Herrn Höckes Website gegangen ist oder seine Schriften bezogen hat, um einen realen Zusammenhang herzustellen.“
Nocun kontert: „Es gab AfD-Abgeordnete auf Facebook, die erntshaft gefragt haben, ob eine beschädigte Synagogentür oder zwei tote Deutsche schlimmer sind. Da frage ich mich, wie man so was posten kann. Wenn Abgeordnete der AfD Wörter wie Umvolkung im Bundestag verwenden, wissen sie ganz genau, dass sie damit an rechtsextreme Verschwörungstheorien anknüpfen, auf die sich viele Attentäter berufen.“
Dritter Punkt: Nordsyrien. Nach Beckers Attacke gegen Trump verteidigt der Kölner die Kurden. „Die Kurden haben uns im Kampf gegen den IS geholfen und werden jetzt so bestraft. Das ist so, als würde man einen Freund bitten, die Waschmaschine in den fünften Stock zu schleppen und ihm oben in den Arsch zu treten und ihm beim Runtergehen hinterherzurufen: 'Bring' bitte das Klavier auch noch hoch'".
Das Einzelgespräch
Ins Einzelgespräch mit Maischberger muss dann Özdemir, natürlich zum Thema Türkei und Erdogan und berichtet über seine Erfahrung mit türkischen Taxifahrern in Berlin: „Einer hat mal kein Trinkgeld genommen mit der Begründung, daran würde das Blut der türkischen Soldaten kleben. Ich akzeptiere, wenn jemand für Erdogan ist. Aber es kann nicht sein, dass jemand für eine Position, die wahrscheinlich von 90 Prozent der Menschen in Deutschland geteilt wird, in Berlin kein Taxifahrern kann.“
Ansonsten bewegen sich Maischberger und Özdemir auf dem üblichen Niveau, grasen die klassischen Themen zum Konflikt in Syrien ab. Wenige Aussagen sind überraschend, vieles ist erwartbar.
Der Showdown
Zum Schluss steigt SPD-Politikerin Barley noch mit Brexit-Befürworter Thill in den Ring. Barley beginnt zunächst mit einem überraschenden Plädoyer für Boris Johnson: „Gerade er kann den Brexit vielleicht schaffen, eben weil er völlig unberechenbar ist. Weil ihm die Leute abnehmen, dass er bis zum letzten Schweißtropfen gekämpft hat und daher auch mit einem Vorschlag kommen wird, den er vielleicht in der Bevölkerung vermitteln kann.
Axel Thill dagegen erklärt seinen Wandel zum Brexit-Befürworter: „Ich war ein überzeugtes Kind der Europäischen Gemeinschaft. Aber nach meiner Kindheit hörte der Spaß langsam auf. Die Mehrheit dafür wird auch auf dem Kontinent immer geringer. Die Briten wären in einer neuen Europäischen Gemeinschaft dabei, aber wir werden nicht an den naiven Traum der Europäischen Union glauben.“
Das neue Format
Am Ende bleibt ein Format mit neuem Titel, das aber auch nicht gegen die Grundsätze einer Talk-Show verstoßen kann. Für eine gute Sendung braucht es knackige Aussagen. Die liefern vor allem von Marschal, Nocun und Becker – während sich die Politiker-Fraktion zu häufig in oft genannte Worthülsen rettet und Maischberger nur halbgar nachbohrt.