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Leserbriefe zur Cum-Ex-ChefermittlerinKlatsche für die Justiz

Lesezeit 4 Minuten
Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker sitzt in einem Gerichtssaal. Zu sehen ist ihr Gesicht sowie die mit einer schwarzen Robe bedeckten Schultern. Sie trägt eine Brille.

Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker zu Beginn eines Cum-Ex-Prozesses

Anne Brorhilker, führende Strafverfolgerin von Finanzkriminalität, hat gekündigt. Leser diskutieren, was das für Steuerhinterzieher bedeutet.

Chefermittlerin in Cum-Ex-Affäre wirft hin (23.4.)

Cum-Ex-Skandal: Freibrief für Steuerhinterziehung

Die wohl fähigste Oberstaatsanwältin im Bereich der Wirtschaftskriminalität, Anne Brorhilker, scheidet aus dem Amt. Bei der Verfolgung der größten Wirtschaftskriminellen Deutschlands vermisst sie die Unterstützung der Politik und ihrer Vorgesetzten. Scheinbar ist es in Deutschland auch durch die führenden Politiker, unter anderen den vergesslichen Kanzler, nicht gewollt, diese Betrüger angemessen zu bestrafen.

Als Krönung des Ganzen lässt die Kölner Staatsanwaltschaft verlauten, Frau Brorhilker sei zu ambitioniert gewesen. Das bedeutet doch nichts anderes als einen Freibrief für die Steuerhinterzieher. Es ist wie immer: Die größten Betrüger kaufen sich frei und werden zum Schluss mit Schulterklopfen gefeiert. Und die, die sie belasten könnten, sind vergesslich. Hans-Peter Erdtmann Bergisch Gladbach

Steuerbetrug: Unbequeme Strafverfolgerin kaltgestellt

Abgesehen davon, dass es in Deutschland am politischen Willen fehlt, Finanzkriminalität wie Steuervergehen oder Geldwäsche wirklich wirksam zu verfolgen, ist ein eklatanter Webfehler in der Justizverfassung für das Scheitern der Cum-Ex-Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker in Köln verantwortlich: Die Staatsanwaltschaften sind in Deutschland auf Bundes- und Landesebene gemäß Paragraf 146 Gerichtsverfassungsgesetz den jeweiligen Justizministerien der Länder nachgeordnet und somit von ihnen weisungsabhängig.

Das heißt, sie sind in ihren Entscheidungen, gerade wenn sie wie bei den Cum-Ex-Machenschaften politisch heikel sind, in der Strafverfolgung nicht frei und müssen den Anweisungen der gerade amtierenden Regierung Folge leisten. Damit ist politischer Willkür in der Strafverfolgung beziehungsweise Nicht-Strafverfolgung Tür und Tor geöffnet und es findet sich immer eine Lösung, unbequeme Strafverfolger wie jetzt in Köln kaltzustellen. Da haben es die Richter besser. Für sie gilt der Artikel 97 Grundgesetz, der ihnen ihre Unabhängigkeit garantiert. Wilfried Katterbach Brühl

Steuerskandal: Einknicken vor Lobbyisten

Welch ein Verlust für die Justiz! Aber nun kann die Staatsanwaltschaft den Tätern Deals anbieten, die diese aus der Portokasse bezahlen und mit dem Überschuss den nächsten Raubzug initiieren. Und sowohl Justiz als auch Politik können sich wieder voll darauf konzentrieren, Hartz-IV-Empfängern den letzten Cent abzujagen. Für mich jedenfalls ein Grund, die Unterstützung für die Bürgerbewegung Finanzwende zu erhöhen.

Die sind offensichtlich noch als eine der wenigen in der Lage, den Staatsplünderern die Stirn zu bieten. Gerhard Schick kann ich zu seiner neuen Mitstreiterin nur gratulieren. Mich allerdings lässt eine Justiz, die die Mangelwirtschaft „Deal“ in vielen Fällen zum Rechtsstandard erhebt, äußerst frustriert zurück. Bisher hatte ich gehofft, dass sie dem Druck der Lobbyisten standhalten kann. Da war ich wohl zu blauäugig. Wolfgang Dünkelmann Köln

Cum-Ex-Chefermittlerin: Mürbe gemacht

„Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“ – und Staatsanwältinnen, die gefährlich werden könnten, macht man mürbe, bis sie aufgeben. Wie jetzt im Fall von Anne Brorhilker durch den grünen Justizminister Benjamin Limbach geschehen. Gerhard Trautmann Lohmar

Cum-Ex-Chefermittlerin: Chapeau, Frau Brorhilker!

Bei Cum-Ex-Geschäften werden Aktien kurz vor der Ausschüttung ihrer Dividende verkauft und kurz nach der Dividendenzahlung wieder gekauft, um so Kapitalertragsteuern von den Finanzämtern erstattet zu bekommen. Dem liegt der höhere Börsenkurs vor- und der niedrigere Kurs nach der Dividendenausschüttung zugrunde. Die Schäden für den Staat liegen wohl im zweistelligen Milliarden-Euro-Bereich. Da kommt es für die Geschäftemacher nicht ungelegen, dass Deutschlands führende Cum-Ex-Ermittlerin Anne Brorhilker ihren Job gekündigt hat.

Sie kann nicht frei arbeiten, sondern ist dem grünen NRW-Justizminister Benjamin Limbach weisungsgebunden unterstellt, der schon länger in der Kritik steht. Zu Herrn Limbach kann man beim Oberverwaltungsgericht Münster nachlesen, dass eine vakante Präsidentenstelle am OVG nicht mit der von ihm ausgewählten Bewerberin besetzt werden darf. Die beabsichtigte Ernennung der ausgewählten Bewerberin zur Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts wurde vorläufig gestoppt.

Auch hatte er wohl versucht, die Cum-Ex-Ermittlerin Anne Brorhilker zu entmachten, was einer massiven Schwächung der Justiz gegen die Cum-Ex-Geschäfte gleichkam. Es muss sehr schlimm sein, unter so einem Vorgesetzten zu arbeiten. Aber damit ist jetzt für Frau Brorhilker Schluss. Sie hat ihre Beamtenversorgung an den Nagel gehängt und arbeitet zukünftig für eine Nicht-Regierungs-Organisation. Chapeau, Frau Brorhilker. Und viel Erfolg auf der anderen Seite des „legalen Finanzsystems“. Peter Inden Windeck