In Freudenberg nehmen zahlreiche Menschen Abschied von der getöteten Luise (12). Der Pfarrer erinnert an ein lautes und flippiges Mädchen.
Abschied von 12-JährigerBewegende Trauerfeier für Luise – „Uns allen ist unsäglich schwer ums Herz“
Als die letzten Worte gesprochen sind, herrscht für einen kurzen Moment vollkommene Stille. Tränen tropfen, schweigend reichen Menschen einander Taschentücher, Blicke gehen zu Boden, ins Leere, nach vorne zur Bühne der Aula, in der umrahmt von einem blauen Vorhang das Gedenken ganz bescheiden sichtbar wird. Auf kleinen Säulen stehen weiße Orchideen, Rosen und ein Bild des Mädchens, deren gewaltsamer Tod ein ganzes Dorf in tiefe Trauer gestürzt hat. Die Aufnahme zeigt Luise aus Freudenberg lachend in einem Strandkorb.
Mehr als 600 Menschen haben sich am Mittwochabend in der Aula und dem Hof der Esther-Bejarano-Gesamtschule versammelt, um von Luise Abschied zu nehmen. Der Trauergottesdienst wird aus der evangelischen Kirche im Zentrum der Gemeinde über Lautsprecher übertragen. Die Familie hatte den Wunsch, im engsten Kreis zu bleiben. Die zwölfjährige Luise war am 12. März in einem Waldstück bei Freudenberg tot aufgefunden worden. Einen Tag später haben zwei Mitschülerinnen aus der 7. Klasse, 12 und 13 Jahre, gestanden, das Mädchen getötet zu haben.
Luise (12): Ihre unbändige Freude, ihr Lachen, ihr Toben, all das fehle nun
Es ist ein bewegender Gottesdienst, den Pastor Thomas Ijewski vorbereitet hat. Ein Abschied voller Würde und wichtiger Worte. Eine halbe Stunde, in der alles gesagt wird, was im Moment zu sagen ist. „Wir sollen wir fassen, was nicht zu fassen ist?“, zitiert er einen Liedtext von Eugen Eckert. „Es fällt schwer, loszulassen, und doch bleibt keine Frist.“ Der Pastor spricht aus, was unumkehrbar ist, macht keinen Halt vor der Realität, die für die Familie so schmerzhaft ist, aber keine Flucht mehr zulässt. „Luise ist tot. Eure Luise“, sagt er.
Ihr Leben beendet durch so furchtbare Weise. Ihre unbändige Freude, ihr Lachen, ihr Toben, all das fehle nun. Im Elternhaus, in der Klasse, in der ganzen Stadt. Keine Klassenfahrten, kein erster Freund, keine Berufswahl, keine Familiengründung, keine Zukunft. „Uns allen ist unsäglich schwer ums Herz.“ Der Sarg mit Luise, so ist seinen Worten zu entnehmen, wurde offenbar in der Kirche aufgebahrt. Das Lied „Flugzeug aus Papier“ von Sarah Connor wird eingespielt. Die Sängerin hatte es nach eigener Aussage einst für eine Familie geschrieben, deren kleine Tochter ertrunken war.
Ijewski erinnert aber auch daran, dass Luise ein Leben hatte, zwölf schöne Jahre lang. Erinnert an ein lautes und flippiges Mädchen, das sich freuen konnte über manche Großartigkeit und über Hunderttausend Kleinigkeiten. Die in fremden Ländern getaucht sei, wie eine Meerjungfrau. Die sich freute über ein paar Tulpen, deren Schönheit sie inspiriert habe. Die ihre Meerschweinchen im Garten pflegte und Regenwürmer von der Straße holte, damit sie nicht überfahren wurden.
Getötete Luise: Pfarrer beschwört den Zusammenhalt der Freudenberger
Doch dann sei eben dieser Tag gekommen, an dem aus einem traumhaften Leben ein Alptraum wurde. Hoffen, bangen, zermürbende Stunden, dann Gewissheit. „Es war Luise, die sie im Wald gefunden haben“, sagt Ijewski. „Es war eure Luise, unsere Luise, und sie war tot.“ Alle Hoffnungsfunken verglimmt. Er richtet sein Wort an die Familie: „Wer wollte ermessen, was ihr durchmacht? Und wer wollte es wagen, Euch Trost spenden zu können?“
Und doch hätte ihm die Familie geschrieben, dass Luise mit ihrem Tod so viel Gutes bewirkt habe. Wildfremde Menschen seien aufeinander zugegangen und füreinander da gewesen. Für die Familie aber sei es noch ein weiter Weg zu gehen, sagt Ijewski. Diesen Weg aber müssten sie nicht allein gehen, sagt er und beschwört damit den Zusammenhalt der Freudenberger.
Den mutmaßlichen Täterinnen will der Pastor in diesem Abschiedsgottesdienst keinen Platz schenken. Und doch sendet er eine klare Botschaft hinaus ins ganze Land: „Hass darf keine Chance haben.“