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Kölner Kriminalbiologe bei SerienmörderMark Benecke erinnert sich an „La Bestia“: „Er kannte keine Reue“

Lesezeit 5 Minuten
Der schlimmste Serienmörder Kolumbiens Luis Alfredo Garavito, fotografiert im kolumbianischen Gefängnis 2011. Mark Benecke konnte ihn als erster Kriminalbiologe im Sommer 2002 in Haft treffen. (Archivbild)

Einer der schlimmster Serienmörder der Geschichte, Luis Alfredo Garavito, fotografiert im kolumbianischen Gefängnis 2011. Mark Benecke konnte ihn als erster Kriminalbiologe im Sommer 2002 in Haft treffen. (Archivbild)

Luis Alfredo Garavito tötete in den 1990ern mindestens 170 Kinder und Jugendliche, eventuell sogar mehr. Der Kölner Mark Benecke durfte „La Bestia“ als erster Kriminalbiologe in Haft besuchen. Nun ist Garavito gestorben und Benecke blickt auf den Fall zurück.

Einer der schlimmsten Serienmörder in der Geschichte, Luis Alfredo Garavito, ist tot. „La Bestia“, wie er genannt wurde, soll mindestens 170 Kinder und Jugendliche in den Neunzigern getötet haben. Der Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke ist sich sicher, dass es sogar noch mehr waren. Garavito starb im Alter von 66 Jahren in Haft an der Folge „mehrerer Erkrankungen“, wie die kolumbianischen Justizbehörden am Donnerstag mitteilten. Benecke durfte 2002 als erster Kriminalbiologe „Die Bestie“ mehrmals im Gefängnis besuchen – nun blickt er zurück auf den Fall.

Garavito überzog Kolumbien zwischen 1992 und 1999 mit einer überaus brutalen Mordserie, bevor er im Sommer 1999 festgenommen wurde. Heimtückisch, brutal und ohne Reue ermordete „Die Bestie“ mindestens 170 Jungen im Alter zwischen 8 bis 16 Jahren. Er wurde ursprünglich 2002 zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt, nach der Justizreform und wegen guter Führung hätte Garavito sogar wieder freikommen können.

Luis Alfredo Garavito: Niemand wollte mit „La Bestia“ reden

„Keiner wollte mit Garavito reden, nicht die Polizei, nicht die Staatsanwälte, die hat das alle sehr mitgenommen“, sagte der Kölner Kriminalbiologe Benecke im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die Lage, als bekannt wurde, dass der brutale Serienmörder gefasst wurde. „Ich dachte, es muss aufgeschrieben werden, auch für die Wissenschaft, wenn in hundert Jahren jemand den Fall ansehen will.“

Das undatierte Fahndungsfoto, das von der kolumbianischen Polizei veröffentlicht wurde, zeigt den Serienmörder Luis Alfredo Garavito in Bogota. (Archivbild)

Das undatierte Foto, das von der kolumbianischen Polizei veröffentlicht wurde, zeigt den Serienmörder Luis Alfredo Garavito. (Archivbild)

Benecke war um das Millennium in Kolumbien, um ein kriminalbiologisches Labor aufzubauen. Als er von Garvito erfuhr, wollte er ihn treffen, aber bis der Kriminalbiologe und der Serienmörder sich im Gefängnis sahen, vergingen drei Jahre. Benecke hatte Erfolg, der Killer lud ihn ein.

Über das Gefängnis im kolumbianischen Villavicencio schrieb Beneke in einem Erlebnisbericht für „Express“ 2004: „Die Mauern sind fünf Meter hoch, weiß verputzter Beton mit einer Krone aus messerscharfem Stacheldraht. Überall patroullieren Militärs.“

„La Bestia“: Kolumbianischer Serienmörder lockte Jungen

Zunächst, so berichtet Benecke, hatten die Ermittler „La Bestia“ gar nicht erkannt. Der Mörder reiste bei seiner blutigen Serie durch das ganze Land. Er gab sich als Handelsvertreter oder Spendensammler der Heilsarmee aus, er wechselte ständig sein Aussehen und passte regelmäßig seine Kleidung an. Mit Geschenken, Süßigkeiten und auch Drogen lockte er tagsüber die jungen Opfer, um sie dann abends oder Tage später zu vergewaltigen, zu foltern und zu töten.

„Es war eine aktive Abwehr zum Fall Garavito da“, schildert Benecke heute, „in dem extrem katholisch geprägten Land waren die Taten nicht vorstellbar, sodass man dann lieber gar nicht darüber redete.“ Polizisten hatten Sorge, in die Kritik zu geraten, weil sie Meldungen über arme, vermisste Kinder nicht ernst genommen hatten. Mütter waren besorgt, dass sie in einem schlechten Licht dastehen.

Der bekannte Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke steht an einer Mauer, hinter ihm ist eine weite Landschaft und ein Tal zu sehen.

Der bekannte Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke (Archivbild)

Die Erfahrungen des Kölner Kriminalbiologen mit Garavito, über die Benecke auch mehrere wissenschaftliche Publikationen geschrieben hat, waren anders. „Er war sehr freundlich, sehr ehrlich“, sagte er über den Mann, der aus Beneckes Sicht deutlich mehr als die oft angegebenen 170 Kinder und Jugendliche getötet hat.

„Aber wir sprechen von einem Antisozialen, jemandem, dem egal ist, was andere möchten oder fühlen. Das Konzept Reue hat er zum Beispiel nicht verstanden. Er dachte über die Taten: ‚Das ist doch jetzt nun mal passiert, es lässt sich ja nicht ändern‘“, erklärt Benecke.

Kolumbianischer Serienmörder Garavito führte ein Notizbuch über seine Opfer

Garavito wuchs ohne Schulbildung auf, das hatte sein Vater ihm verboten, Garavito wurde außerdem sexuell missbraucht, schildert Benecke. In einem Gespräch habe der Serienmörder einmal gesagt, dass er ein bizarres Mitgefühl für ein Opfer gehabt habe: „Er hatte Mitleid mit einem sexuell missbrauchten Kind, weil er sich darin wiederfand. Und trotzdem brachte er das Kind dann um“, so Benecke. Im Gefängnis hätte er zudem die Kaffeebecher mit Benecke getauscht, aus Sorge, dass sein Becher vergiftet sein könnte – „Hauptsache nicht ich“.

Die Frage, ob Garavito ausgeklügelt gehandelt hat oder intelligent war, lässt sich laut Benecke nicht eindeutig beantworten. Mangels Schulbildung waren Intelligenztests nicht möglich, auch einfache Bilderrätsel konnte der Killer nicht lösen, aber Benecke glaubt, dass er „bauernschlau“ war. Mit Blick auf seine Mordserie war Garavito zumindest akribisch, er hatte eine regelrechte Karte seiner Taten im Kopf und führte in einem Kalender Buch über seine Opfer.

Gefasst wurde Garavito 1998 nach den bis dato umfangreichsten Ermittlungen in der kolumbianischen Geschichte, nachdem in der Stadt Pereira die Leichen von 36 ermordeten Jungen gefunden worden waren. Der kolumbianische Killer gestand die Taten im Prozess.

Mark Benecke über Serienmörder Garavito: „Ich hätte gerne nochmal mit ihm gesprochen“

Tatsächlich ist bis heute das Interesse des Kölner Kriminalbiologen an dem kolumbianischen Serienmörder nicht erloschen: „Ich hätte gerne nochmal mit ihm gesprochen“, sagt Benecke über den Tod des 66-Jährigen. Im Gefängnis hätten „sie nie einen netteren Knacki gehabt“.

„Mich hätte interessiert, ob er wirklich aufgehört hätte, zu morden. Es wäre spannend gewesen, zu erfahren, ob er einen glaubhaften Plan für sein restliches Leben gehabt hätte, falls er aus dem Knast gekommen wäre. Etwa ein Leben bei seiner Schwester, die ihn im Gefängnis besuchte“, so Benecke. Der Kriminalbiologe erinnert sich auch an eine Zeichnung, vielleicht das Leben, wie es sich Garavito erhofft hätte: Haus, Frau, Kind.

Aber dazu wird es niemals kommen. Stattdessen wird der nun gestorbene Luis Alfredo Garavito als einer der schlimmsten und brutalsten Serienmörder in die Geschichte eingehen. (mit afp)