Gefundene Trümmerteile des tagelang vermissten Tauchboots lassen nur einen Schluss zu: Das Boot ist implodiert. Aber wie und wieso läuft so etwas ab?
Tragödie der „Titan“ am Titanic-WrackWas bei der Implosion eines U-Boots passiert
Tagelang suchte die US-Küstenwache fieberhaft nach der vermissten „Titan“, seit Donnerstagabend gehen die Behörden vom Tod der fünf Insassen des nun im Atlantik entdeckten Tauchboots aus. Die in der Nähe des „Titanic“-Wracks gefundenen Trümmerteile gehörten zum verschollenen Mini-U-Boot, teilte der Chef der US-Küstenwache im Nordosten der USA, John Mauger, am Donnerstag (Ortszeit) in Boston mit. Die Küstenwache sprach von einer „katastrophalen Implosion“, die die Insassen das Leben gekostet habe. Mauger sprach den Angehörigen sein Beileid aus.
Insgesamt seien fünf große Trümmerteile entdeckt worden. Sie deuteten auf einen Kollaps der Druckkammer hin. Zum genauen Zeitpunkt der Implosion könne die Küstenwache noch keine Angaben machen. Sonarbojen hätten in den vorangegangenen 72 Stunden aber kein „katastrophales Ereignis“ wahrgenommen. „Ich weiß, dass es eine Menge Fragen dazu gibt – wie, warum und wann genau das passiert ist“, sagte Mauger. Unterdessen berichteten US-Medien, dass ein akustisches Unterwassererkennungssystem der US-Navy die Implosion wohl bereits am Sonntag registriert hatte.
Was aber genau passiert bei einer Implosion und wieso implodierte die „Titan“ überhaupt? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wie sicher ist es, dass die „Titan“ implodiert ist?
Sehr sicher. Die Art der Trümmer sind laut Experten ein Beleg dafür, dass das Tauchboot sehr wahrscheinlich eine „katastrophale Implosion“ erlitten hat.
Wann ist das Tauchboot implodiert?
Der Zeitpunkt lässt sich nicht genau bestimmen. Wissenschaftler vermuten, dass sich die Tragödie bereits am Sonntag, als das Tauchboot zur Titanic hinabstieg, ereignete. Der Kontakt zur Titan war am Sonntag wenige Stunden nach Start der Mission abgebrochen, offenbar hatte ein Akustiksystem der US-Marine die Implosion zu diesem Zeitpunkt bereits registriert. Das System habe am Sonntag eine „Anomalie“ wahrgenommen, sagte ein ranghoher Offizier der Navy.
Warum ist die tagelang vermisste „Titan“ implodiert?
Grund für ein Implodieren ist der Verlust der Stabilität des Druckkörpers, der den Druckunterschied tragen soll. Dadurch kommt es zu einem ungewollten Druckausgleich. Im Inneren des Tauchbootes herrscht Atmosphärendruck, es fühlt sich für die Insassen genauso an wie an der Erdoberfläche. Sämtlicher Druck wird vom Druckkörper des U-Boots aufgenommen. U-Boote sind so konstruiert, dass sie dem riesigen Druck in mehreren tausend Metern Meerestiefe standhalten können. Der Druck in 3.800 Meter Tiefe, in der das Wrack der Titanic liegt, ist etwa 400 Mal höher als auf Meereshöhe.
Ein Riss an einer Stelle des Druckkörpers kann dazu führen, dass sich der Druck im Inneren in wenigen Momenten dem Äußeren anpasst. „Wenn der Druckbehälter katastrophal versagt, ist das wie eine kleine Bombe, die explodiert. Dabei könnten alle Sicherheitsvorrichtungen zerstört werden“, erklärt Stefan Williams, Professor für Meeresrobotik an der Universität Sydney, gegenüber dem britischen „Guardian“.
Was genau hat die Implosion der „Titan“ herbeigeführt?
Hierzu gibt es bislang keine Erkenntnisse. Schon der kleinste strukturelle Defekt kann in großer Tiefe eine solche Katastrophe auslösen.
Was passiert mit dem Boot bei einer Implosion?
Bei einer Implosion bricht ein Objekt schlagartig zusammen, wenn der Außendruck größer ist als der Innendruck. Sie steht im umgekehrten Kräfteverhältnis zu einer Explosion. Der Druck bewegt sich nicht von innen nach außen, sondern strömt von außen nach innen. Das Boot wird durch die Implosion stark deformiert.
„Der Impact geschieht im Bruchteil einer Sekunde. Das Boot implodiert, und die Leute sind sofort tot. Das Wrack des U-Boots sinkt gleichzeitig wie ein Stein hinunter“, beschreibt der Schweizer U-Boot-Pilot Philippe Epelbaum in der „NZZ“ den Vorgang.
Was passiert bei einer Implosion mit den Insassen des U-Boots?
Die Insassen des „Titan“-Tauchboots haben Experten zufolge von der Implosion ihres Gefährts nichts mehr mitbekommen. Der Druck auf das Tauchboot sei in so großer Tiefe massiv gewesen – die Implosion sei im Bruchteil einer Millisekunde passiert, zitierte der Sender „CNN“ am Freitag Ex-Marineoffizierin Aileen Marty, eine Professorin für Katastrophenmedizin. Das menschliche Gehirn könne die Lage so schnell gar nicht erfassen. „Das ganze Ding ist kollabiert, bevor die Menschen darin überhaupt bemerken konnten, dass es ein Problem gab“, betonte Marty.
Die Insassen der „Titan“ seien auf eine Art und Weise gestorben, bei der sie nicht einmal gewusst hätten, dass sie sterben würden, erklärte Marty. „Letztlich ist dies mit Blick auf die vielen Möglichkeiten, auf die wir sterben können, schmerzlos.“