Der Angriff auf Henriette Reker war eine politische Zäsur: Erstmals in der Nachkriegsgeschichte gab es einen Mordanschlag auf eine Lokalpolitikerin.
Exklusiver Podcast auf ksta.deSo entstand die Serie „Attentat am Blumenstand“
Fast fünf Monate hat Redakteur Helmut Frangenberg an dem Podcast „Attentat am Blumenstand – der Angriff auf Kölns Oberbürgermeisterin und die Gefährdung der Demokratie“ gearbeitet. Schnell stand nach den ersten Recherchen fest, dass der Mordanschlag auf Henriette Reker viel mehr Stoff birgt, als in eine einzelne Folge der Podcast-Reihe „True Crime Köln“ passen würde.
Frangenberg moderiert und betreut die Erfolgsreihe des Kölner Stadt-Anzeiger „True Crime Köln“. „Im Falle des Attentäters auf dem Braunsfelder Marktplatz war schnell klar, dass seine Tat und seine Geschichte mehr ist als das Verbrechen eines sogenannten Einzeltäters“, so Frangenberg. Die Tat des Rechtsradikalen lasse sich nicht erklären ohne den Kontext, in dem sich der Mann radikalisiert habe.
Hören Sie rein in „Attentat am Blumenstand“
Hier finden Sie die Folgen 2 bis 7 – exklusiv auf ksta.de.
So spannt die neue siebenteilige Podcast-Reihe vom konkreten Fall den Bogen zu grundsätzlichen Fragen zum Zustand unserer Demokratie. Die Polizei- und Gerichtsreportern des „Kölner Stadt-Anzeiger“ erinnern sich und helfen bei der Einordnung.
Zahlreiche Interviews mit Expertinnen und Experten führten Frangenberg und Laura Ostenda im Rathaus, bei Politikern zu Hause oder in den Büros der Opferschutzbeauftragten des Landes NRW, Barbara Havliza. Die Juristin war die Vorsitzende des Strafsenats, der den Reker-Attentäter verurteilte. Die ehemalige CDU-Ministerin fordert die schweigende Mehrheit zu mehr Engagement gegen eine laute rechtsextreme Minderheit auf.
Täter Frank S. hat einen Gesprächswunsch an Henriette Reker übermittelt
Neben den aktuellen Entwicklungen hatte der Bericht der Oberbürgermeisterin am Rande eines Empfangs im Rathaus das Interesse geweckt: Sie erzählte, dass sich der Attentäter bei ihr gemeldet und um ein Treffen gebeten habe. Zusammen mit Polizeireporter Tim Stinauer wurde versucht durch einen direkten Kontakt zum Täter herauszubekommen, was hinter dem Gesprächswunsch steckt: Übernimmt er tatsächlich Verantwortung für die Tat? Oder handelt es sich um eine Strategie, um für eine frühzeitige Entlassung Punkte zu sammeln?
Der Umgang mit diesem Wunsch des Täters führte zu spannenden Fragen rund um das Thema, wie Opfer auch nach dem Abschluss des Prozesses mit dem Geschehenen umgehen. Reker berichtete zudem von weiteren Bedrohungen, die für den Reporter auf unangenehme Weise anschaulich wurden, als ihr ein Referent im OB-Büro schlimme Bilder zeigte, die an Hassmails hängen.
Ähnlich beeindruckend war die Begegnung mit dem Bedburger Bürgermeister Sascha Solbach, der nicht von der Bedrohung seiner Familie berichtete. Er erwies sich auch als guter Analytiker der aktuellen Lage, die vor allem Kommunalpolitikerinnen und -politiker vor große Herausforderungen stellt.
Zusammen mit der Kollegin Laura Ostenda hat Frangenberg zudem die erschreckenden Ergebnisse einer Studie über die Bedrohung von Kommunalpolitikerinnen und Politikern mit den Erfahrungen auf kommunalpolitischer Ebene in Köln und der Region verglichen. Überall äußern die Befragten Verständnis für diejenigen, die angesichts zunehmender Anfeindungen aufgeben wollen.
„Beeindruckend ist aber auch, dass alle sagen, dass sie trotzdem weitermachen“, sagt Frangenberg. Im Rückblick sei der Anschlag auf Reker eine Zäsur: „Eine verrohende Debattenkultur und das Erstarken des Rechtsextremismus und Rechtspopulismus befördert die Radikalisierung gewaltbereiter Menschen“.