Das Karlsruher Haushaltsurteil muss die Bundesregierung kalt erwischt haben – denn von einem Plan B der Ampel-Koalition ist bisher weit und breit nichts zu sehen.
Opposition fordert KürzungenAmpel-Debatte um Ausweg aus der Haushaltskrise
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt ist ein Ausweg aus der dramatischen Finanzierungskrise noch nicht in Sicht. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will an den Vorhaben der Bundesregierung mit Blick auf Klimaschutz und Investitionen dennoch festhalten. „Wir müssen das nach wie vor möglich machen“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstagabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz forderte hingegen einen Verzicht auf die Kindergrundsicherung, das Heizungsgesetz und auf ein höheres Bürgergeld. „Es geht eben nicht mehr alles“, sagte er in der ARD-Talkshow „Maischberger“.
Habeck betonte, es sei nun die Aufgabe, „in Ruhe und konzentriert“ einen Weg aus den Finanzierungsnöten zu finden, die das Karlsruher Urteil nach sich zieht. Diese Lösungen seien zunächst „hinter den Kulissen“ zu erarbeiten und nicht in einer öffentlichen Diskussion. Er verteidigte die Entscheidung der Bundesregierung, für 2023 bei der Schuldenbremse bisher keine „Notsituation“ geltend gemacht zu haben, die möglicherweise die Schuldenaufnahme sicherer gemacht hätte. Dieser Entschluss sei in der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP gemeinsam getroffen worden.
Änderung des Grundgesetzes?
Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Das Geld war als Corona-Kredit bewilligt worden, sollte aber nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen. Dies hat zur Folge, dass weitere Milliardensummen für Zukunftsvorhaben gefährdet sind. Da die genauen Auswirkungen auch auf den regulären Haushalt noch unklar sind, entschied das Finanzministerium, vorsorglich bestimmte Zusagen aller Ministerien für kommende Jahre im Haushalt zu sperren.
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Als sicherste Lösung des Problems gelten Änderungen des Grundgesetzes, entweder bei der Funktionsweise der Schuldenbremse oder für die Verankerung von Sonderfonds - wie zum Beispiel bei den Investitionen in die Bundeswehr, die in der Verfassung abgesichert sind. Dafür wird jedoch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag benötigt. Die riesigen Milliardensummen, die für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) und den am Dienstag ebenfalls gestoppten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) mit den Energiepreisbremsen benötigt werden, allein mit Einsparungen oder höheren Einnahmen im Haushalt aufbringen zu können, gilt aber ebenso als unrealistisch.
Union und FDP stärken die Schuldenbremse
Die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) sprach sich für eine parteiübergreifende Lösung aus. „Es darf jetzt nicht um parteipolitische Geländegewinne gehen. Jetzt gilt es, in Bündnissen auch über Parteigrenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Das müssen sich auch CDU und FDP im Bund auf den Zettel schreiben“, sagte Neubaur der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Sie sei froh, dass kurzfristig eine Sonderkonferenz der Wirtschaftsministerinnen und -minister von Bund und Ländern geplant sei. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“: „Der Rotstift allein löst keines unserer Probleme.“
Union und FDP gelten als Befürworter der Schuldenbremse, die eine Neuverschuldung außer in Notsituationen, für die der Staat nichts kann, erschwert. Auch eine Lockerung hält CDU-Parteichef Merz nicht für angesagt: „Ich sehe im Augenblick nicht, dass wir an die Schuldenbremse heran müssen.“ Höhere Steuern lehnte er bei „Maischberger“ ebenfalls ab: „Deutschland ist schon ein Hochsteuerland, und wir sollten es nicht übertreiben.“ Auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki sprach sich in der „Rheinischen Post“ gegen höhere Steuern aus. Notwendig sei stattdessen eine „grundsätzliche Auseinandersetzung darüber, was wir finanzieren können und was nicht“. (dpa)