Erneute Attacke auf PolitikerAngreifer verletzt Giffey am Kopf – Verdächtiger gefasst

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08.05.2024, Berlin: Franziska Giffey (SPD), Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, kommt mit Personenschutz zur Vorstellung der Solar-Kampagne «Solar zahlt sich aus» ins Futurium. Foto: Christoph Soeder/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Berlin: Franziska Giffey (SPD), Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, kommt mit Personenschutz zu einem Termin am Mittwoch (8. Mai).

Wieder ist es zu Übergriffen auf Politikerinnen gekommen. In Berlin wurde SPD-Senatorin Giffey verletzt, in Dresden eine Grünen-Politikerin bepöbelt. 

Die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) ist am Dienstag (7. Mai)  Ziel einer Attacke geworden. Giffey, von 2021 bis 2023  Regierende Bürgermeisterin der Hauptstadt, wurde beim Besuch einer Bibliothek von einem Mann mit einem Beutel, der mit hartem Inhalt gefüllt war, angegriffen. Das teilte die Berliner Polizei in der Nacht zu Mittwoch beim Kurznachrichten X, ehemals Twitter, mit.

Der mutmaßliche Täter wurde inzwischen identifiziert und gefasst, wie eine Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitteilte. Weitere Informationen sollten im Tagesverlauf bekannt gegeben werden.

Giffey erlitt leichte Verletzungen am Kopf. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht. Der Täter flüchtete zunächst vom Tatort. Da ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann, ermittelt nun der Staatsschutz. Derzeit prüfen die Ermittler, ob bei dem 74-Jährigen eine psychische Erkrankung vorliegt.

Der Vorfall ereignete sich in der Gertrud-Haß-Bibliothek in der Straße Alt-Rudow (Neukölln), wie die „BZ“ berichtet. Rudow gehört zum Wahlkreis von Giffey. Nachdem die SPD-Politikerin wegen leichter Kopf- und Nackenschmerzen behandelt wurde, konnte sie die Klinik wieder verlassen.

Franziska Giffey: „Diese Angriffe sind durch nichts zu rechtfertigen“

Giffey selbst äußerte sich am Mittwochvormittag zu der Attacke. Bei X verfasste sie einen langen Thread, in dem sie ihre Erschütterung zum Ausdruck bringt. Sie selber habe sich für den Neubau der Stadtteilbibliothek Alt-Rudow eingesetzt, dies sei ein besonderer Ort für sie. Während des Gesprächs mit der Leiterin habe sie „plötzlich von hinten einen harten Schlag an Kopf und Nacken gespürt“. Nach dem ersten Schreck gehe es ihr inzwischen wieder gut. 

Giffey bedankte sich bei allen, die ihre Unterstützung gezeigt hatten. Sie sei aber entsetzt von der „‚Freiwildkultur‘“ mit den Menschen, die sich politisch in unserem Land einsetzen und engagieren“, schreibt Giffey weiter. Dem müsse sich die Gesellschaft entschlossen entgegenstellen, Grenzüberschreitungen dürften nicht geduldet werden.

Berliner Innensenatorin verurteilt Angriff auf Franziska Giffey

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) verurteilte die Attacke bei X scharf: „Ich verurteile den Angriff auf Franziska Giffey und auf andere Politikerinnen und Politiker oder Wahlhelfende, die sich alle für eine streitbare Demokratie einsetzen, auf das Schärfste“.

Erst kürzlich war mit Matthias Ecke ein anderer SPD-Politiker verletzt worden, wenn auch ungleich schwerer als Giffey. Ecke wurde in Dresden von vier Personen attackiert, als er Wahlwerbung für die Europawahl aufhing. Ecke wurde so schwer verletzt, dass er im Krankenhaus behandelt und operiert werden musste. Der 41-Jährige erlitt einen Jochbeinbruch, einen Bruch der Augenhöhle sowie Schnittverletzungen und Hämatome im Gesicht.

Dresden: Tatverdächtige im Fall Matthias Ecke ermittelt

Einer der mutmaßlichen Angreifer stellte sich der Polizei, und auch die anderen Tatverdächtigen wurden inzwischen ermittelt. Die gleiche Schlägertruppe, vermutlich der rechten Szene zugehörig oder von ihr beeinflusst, soll für einen Angriff auf einen Wahlhelfer der Grünen in derselben Nacht in Dresden verantwortlich sein. Eine Begleiterin des Wahlhelfers schilderte anschließend die Brutalität, mit der die Angreifer vorgingen.

Wie viele andere Politikerinnen und Politiker hatte Franziska Giffey den Angriff auf Ecke scharf verurteilt und sich auch bei X zu Wort gemeldet. Nun wurde sie selber Opfer einer Attacke. 

Erneuter Angriff auf Grünen-Politikerin in Dresden

In den vergangenen Wochen hatten sich die Angriffe auf Politikerinnen und Politiker vor allem von SPD und Grünen gemehrt. In Dresden kam es ebenfalls am Dienstag zu einem weiteren Übergriff: Die Grünen-Politikerin Yvonne Mosler sei bedroht und bespuckt worden, teilten die Beamten am Dienstagabend mit.

Die 47-Jährige habe in Begleitung Wahlplakate aufgehängt. Dabei habe sich ihr ein Mann genähert, habe die Frau beiseite gestoßen und zwei Plakate heruntergerissen, die Anwesenden beleidigt und bedroht. Eine Frau sei dazugekommen und habe die Politikerin bespuckt. Beide Verdächtigen wurden nach Angaben der Polizei in der Nähe des Tatorts festgenommen.

Deutsche Welle filmte Angriff auf Yvonne Mosler

Der Sender Deutsche Welle (DW) filmte zufällig den Angriff Yvonne Mosler am Dienstagabend in Dresden. Die Spitzenkandidatin für den Stadtrat im Wahlkreis elf sei gemeinsam mit dem Co-Spitzenkandidaten Cornelius Sternkopf und zwei Medienteams von Deutscher Welle und „Frankfurter Allgemeiner Zeitung“ unterwegs gewesen, teilten die Dresdner Grünen am Mittwoch mit. Das kurze Video veröffentliche DW auf der Plattform X.

Auch in Essen wurden vergangene Woche Grünen-Politiker angegriffen. Kommunalpolitiker Rolf Fliß und der Bundestagsabgeordnete Kai Gehring wurde von drei Männern als „Grüne Faschisten“ beschimpft und Fliß sogar geschlagen, als sie abends auf dem Rückweg von einem Restaurant waren.

Angriffe auf Politiker: Innenminister wollen härtere Strafen prüfen

Zum besseren Schutz von Politikern und ehrenamtlichen Wahlkämpfern  setzen die Innenminister von Bund und Ländern neben der Polizei auf die Prüfung eines schärferen Strafrechts. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und die Innenministerkonferenz der Länder forderten bei einer Videokonferenz ein Ende von Gewalt und Hetze. Die Schalte war nach dem Angriff auf Matthias Ecke anberaumt worden.

Faeser bezeichnete den Übergriff auf Ecke am Dienstagabend in den ARD-„Tagesthemen“ als Zäsur. „Wir haben heute entschieden in der Innenministerkonferenz, dass es Strafverschärfungen geben soll“, sagte die SPD-Politikerin. Sie werde sich dafür bei Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einsetzen. (mit dpa)

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