Boris Pistorius fordert „Kriegstüchtigkeit bis 2029“ und spricht über Wehrpflicht. Für die AfD hat der Verteidigungsminister nur Spott übrig.
Minister kassiert ErmahnungPistorius warnt eindringlich vor Putin – und spottet über „dumme“ Fragen der AfD
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) dringt angesichts der Bedrohung durch Russland darauf, die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zügig zu erhöhen. „Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein“, sagte Pistorius am Mittwoch in der Regierungsbefragung im Bundestag. „Wir müssen Abschreckung leisten, um zu verhindern, dass es zum Äußersten kommt“, hob der Minister hervor.
Aktuell drang Pistorius vor allem auf mehr Unterstützung für die Ukraine. „Ein russischer Sieg käme uns alle teurer am Ende als unsere Unterstützung für die Ukraine heute“, betonte er im Bundestag. Er äußerte aber weiter die Erwartung, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nicht „an den Grenzen der Ukraine haltmachen wird“. Der Kremlchef missachte internationale Grenzen.
Boris Pistorius: „Putins Kriegswirtschaft arbeitet auf weiteren Konflikt zu“
Vielmehr habe Moskau weitgehendere Ziele. „Russland ist auch für Georgien, Moldawien und letztlich auch für die Nato eine Bedrohung“, sagte der Bundesverteidigungsminister. „Putins Kriegswirtschaft arbeitet auf einen weiteren Konflikt zu“, äußerte er sich überzeugt. „Deshalb müssen wir die Ukraine weiter unterstützen“, so Pistorius. Jeder Euro zähle dabei. „Uns muss klar sein, ein russischer Sieg käme und alle teurer, als unsere Unterstützung für die Ukraine heute.“
Pistorius schilderte mit eindringlichen Worten seinen letzten Besuch in der Ukraine: „Der Krieg ist allgegenwärtig – zerstörte Wohnhäuser, Denkmäler, mit Sandsäcken eingepackt, Raketenalarm, schwer verletzte Soldaten im dortigen Krankenhaus, mit denen ich sprechen konnte. Für Putin spielen diese menschlichen Schicksale keine Rolle. Er hat den Krieg begonnen – und er wird nicht aufhören.“
„Wir brauchen eine neue Form des Wehrdienstes“
Pistorius bekräftigte auch, dass es nach seiner Auffassung beim Wehrdienst wieder verpflichtende Elemente geben müsse. „Wir brauchen eine neue Form des Wehrdienstes“, sagte der SPD-Politiker. Dazu werde er demnächst einen Vorschlag vorlegen. Schon jetzt könne er dazu sagen, „dass ein solcher Wehrdienst nicht völlig frei von Pflichten“ sein könne. „Im Ernstfall brauchen wir wehrhafte junge Frauen und Männer, die dieses Land verteidigen können“, so Pistorius.
Zudem müsse es mehr Investitionen in den Fähigkeitsaufbau der Bundeswehr geben, „vom Kampfpanzer bis zur mobilen Feldküche“, forderte der Minister. Um die Höhe des Wehretats wird derzeit bei der Aufstellung des Haushalts für 2025 in der Koalition heftig gerungen. Pistorius wies zudem erneut darauf hin, dass das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr inzwischen vollständig verplant sei. Neue Beschaffungsverträge könne es auf dieser Grundlage nicht mehr geben.
Boris Pistorius verspottet Fragen von AfD-Politikern
Mit deutlichen Worten reagierte Pistorius unterdessen auf eine Frage von AfD-Politiker Martin Reichardt, der wissen wollte, welches „strategische Ziel“ Pistorius mit seinen Plänen bezwecke. „Ist es eine Kriegstüchtigkeit zur Landesverteidigung oder denken sie auch an Interventionseinsätze in der Ukraine?“, fragte Reichardt.
„Manchmal wundert man sich über den intellektuellen Gehalt einer Fragestellung“, entgegnete Pistorius. „Und man stellt sich unweigerlich die Frage, ob der ein oder andere in einem Paralleluniversum unterwegs ist“, führte der SPD-Politiker aus. „In diesem Universum, in dem wir leben, hat Putin die Ukraine angegriffen und wir unterstützen sie in ihrem Abwehrkampf.“
Spott über AfD: Bärbel Bas ruft Boris Pistorius zur Mäßigung auf
Doch damit nicht genug: Nach einer weiteren spöttischen Bemerkung in Richtung der AfD wurde der Verteidigungsminister schließlich sogar von Bundestagspräsidentin und Parteikollegin Bärbel Bas (SPD) zur Mäßigung gemahnt.
„Ich bitte Sie wirklich, mit den Abgeordneten auch respektvoll umzugehen“, sagte Bas am Mittwoch bei der Regierungsbefragung an die Adresse ihres Parteikollegen. „Ich bitte wirklich darum, die eine oder andere Kommentierung einfach mal herunterzuschlucken“ – auch wenn sie die Regierungsbank „leider“ nicht formal rügen könne.
Angriff auf AfD: „Geldzahlungen, die auch aus Moskau kommen können“
Pistorius hatte zuvor eine Frage des Grünen-Abgeordneten Janosch Dahmen als „klug und vor allen Dingen nicht gesponsort“ bezeichnet und sie mit dummen Fragen von den Mitgliedern anderer Fraktionen kontrastiert. „Dumme werden an anderer Seite des Hauses gestellt und meistens auch noch mit Geldzahlungen verknüpft, die gerne auch mal aus Moskau oder aus Peking kommen können.“ Auf den Ordnungsruf von Bundestagspräsidentin Bas reagierte Pistorius mit einem Lächeln.
Die AfD-Parlamentarier Maximilian Krah und Petr Bystron sind seit Wochen wegen möglicher Verbindungen zu prorussischen Netzwerken in den Schlagzeilen. Staatsanwaltschaften prüfen laut Medienberichten mögliche Geldzahlungen an die beiden Politiker. Ein Mitarbeiter Krahs wurde zudem wegen des Verdachts der Spionage für China verhaftet. (mit dpa/afp)