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Von Adenauer bis ScholzKennen Sie alle Bundeskanzler seit 1949?

Lesezeit 4 Minuten
Die Porträts der Bundeskanzler hängen an einer Wand im Berliner Restaurant „KanzlerEck“.

Die Porträts der Bundeskanzler hängen an einer Wand im Berliner Restaurant „KanzlerEck“. (Archivbild)

Kurz vor der Bundestagswahl 2025 werfen wir einen Blick zurück auf alle neun Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

Seit 1949 haben acht Bundeskanzler und eine Bundeskanzlerin die politische Geschichte Deutschlands geprägt – jeder mit seinem eigenen Stil, seinen Erfolgen und Herausforderungen. Vom „Wirtschaftswunder“ unter Adenauer bis zur „Zeitenwende“ unter Scholz spiegeln ihre Amtszeiten die Entwicklungen eines Landes im Umbruch wider. Ein Streifzug durch mehr als sieben Jahrzehnte deutscher Politik. Vor der Bundestagswahl 2025 gibt hier einen Überblick über die Kanzler, ihre wichtigsten Themen und prägendsten Momente.

Olaf Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), wartet auf den Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt.

Olaf Scholz auf seiner Website: „Ich mache Politik, weil ich es kann, weil es mir Spaß macht und weil ich dazu beitragen möchte, dass die Welt gerechter und friedlicher wird.“ (Archivbild)

  1. Amtszeit: Seit 2021
  2. Partei: SPD
  3. Zitat: „Unsere größte Stärke sind unsere Bündnisse und Allianzen. Ihnen verdanken wir das große Glück, das unser Land seit über 30 Jahren genießt: in einem vereinten Land zu leben, in Wohlstand und Frieden mit unseren Nachbarn.“ (Regierungserklärung, 27. Februar 2022)

Olaf Scholz trat sein Amt inmitten großer Herausforderungen an: Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg prägen seine bisherige Kanzlerschaft. Scholz setzt auf den Ausbau erneuerbarer Energien und soziale Gerechtigkeit. Mit der Zeitenwende verankerte er eine Erhöhung des Verteidigungshaushalts und richtete Deutschland sicherheitspolitisch neu aus.

In den letzten Monaten geriet Scholz zunehmend unter Druck, da seine Koalition in zentralen Fragen immer häufiger zerstritten war und es ihm nicht gelang, politische Blockaden aufzulösen. Im November 2024 entließ Bundeskanzler Olaf Scholz Finanzminister Christian Lindner, was zum Bruch der Ampelkoalition führte. Daraufhin stellte Scholz im Dezember die Vertrauensfrage, die er verlor, woraufhin Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Bundestag auflöste und Neuwahlen für den 23. Februar 2025 ansetzte.


Angela Merkel und Olaf Scholz gehen nebeneinander.

Angela Merkel und Olaf Scholz arbeiteten während ihrer gemeinsamen Zeit in der Großen Koalition eng zusammen, wobei Scholz als Finanzminister und Vizekanzler Merkels Stabilitätskurs unterstützte und maßgeblich an der Bewältigung der Corona-Wirtschaftskrise beteiligt war. (Archivbild)


Angela Merkel

Angela Merkel hebt bei einer Rede die Hand.

„Angela Merkel liegt am Herzen, dass jeder Mensch seine Stärken nutzen und seine Chancen ergreifen kann. Sie setzt sich dafür ein, und dass unser Land innovativ bleibt, dass aus neuen Technologien neue Möglichkeiten und neue Arbeitsplätze werden.“ (Zitat ihrer Website von 2017, Archivbild)

  1. Amtszeit: 2005–2021
  2. Partei: CDU
  3. Zitat: „Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das!“

Angela Merkel war die erste Frau im Kanzleramt und schon zuvor als Bundesministerin eine der prägendsten politischen Figuren Deutschlands. Sie führte das Land durch zahlreiche Krisen, darunter die Finanzkrise, die Eurokrise und die Flüchtlingskrise. Mit ihrer sachlichen und konsensorientierten Politik wurde sie weltweit als mächtige und vertrauenswürdige Führungspersönlichkeit wahrgenommen. Ihre Energiewende setzte neue Maßstäbe, während ihre Flüchtlingspolitik sowohl Lob als auch Kritik erhielt.


Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) nach der Ernennung von Schröder zum Ehrenmitglied des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Nach einem intensiven Wahlkampf und schwierigen Koalitionsverhandlungen übergab Gerhard Schröder die Regierungsgeschäfte an Angela Merkel. (Archivbild)


Gerhard Schröder

Gerhard Schröder hält eine Rede.

Seit dem Ende seiner politischen Karriere ist Gerhard Schröder als Wirtschaftsanwalt sowie in verschiedenen Funktionen als Interessenvertreter des mit ihm befreundeten russischen Präsidenten Wladimir Putin und als Wirtschaftslobbyist tätig. (Archivbild)

  1. Amtszeit: 1998–2005
  2. Partei: SPD
  3. Zitat: „Wer arbeiten kann, aber nicht will, der kann nicht mit Solidarität rechnen. Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft!“ („Bild“-Interview, 2001)

Gerhard Schröders Kanzlerschaft war geprägt von tiefgreifenden innenpolitischen Reformen und einer kontroversen Außenpolitik. Mit der Agenda 2010 modernisierte er den Arbeitsmarkt und das Sozialsystem, was ihm sowohl Anerkennung als auch Kritik einbrachte. Seine konsequente Ablehnung des Irak-Krieges stärkte Deutschlands Position in der internationalen Diplomatie. Schröder setzte auf enge Beziehungen zu Russland und pflegte ein pragmatisches Verhältnis zur EU.


Gerhard Schröder und Helmut Kohl schütteln sich die Hand.

Gerhard Schröder betonte im „Spiegel“ 2017, dass er im Bundestagswahlkampf 1998 hart mit Helmut Kohl gestritten habe, es ihm jedoch wichtig war, dessen politisches Lebenswerk nicht zu beschädigen. (Archivbild)


Helmut Kohl

Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) während der Gespräche über deutsch-französische Wirtschaftsfragen im Oktober 1982.

16 Jahre Bundeskanzler: Die Amtszeit von Helmut Kohl (CDU) war mit 5870 Tagen die bisher längste und dauerte neun Tage länger als die von Angela Merkel. (Archivbild)

  1. Amtszeit: 1982–1998
  2. Partei: CDU
  3. Zitat: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“ (Bundestagsrede, 1995)

„Kanzler der Einheit“ und „Architekt Europas“: Helmut Kohl war der Kanzler der Wiedervereinigung und prägte die deutsche und europäische Geschichte der letzten 70 Jahre wie nur wenige Politiker. Unter seiner Führung kam es 1990 zur Vereinigung von Ost- und Westdeutschland, ein Meilenstein in der Nachkriegsgeschichte. Kohl trieb die Integration Europas voran, insbesondere mit dem Vertrag von Maastricht, der den Grundstein für den Euro legte. Seine lange Amtszeit endete jedoch in der Parteispendenaffäre, die seinen Ruf nachhaltig belastete.


Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD, r) mit dem CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl während einer Veranstaltung in Frankfurt am Main im Mai 1976.

Helmut Kohl wurde 1982 Bundeskanzler, indem er Helmut Schmidt durch ein konstruktives Misstrauensvotum stürzte und damit das Ende der SPD-FDP-Koalition besiegelte. (Archivbild von 1976)


Helmut Schmidt

Der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) gestikuliert während einer Rede im Juni 1979.

Nach seiner Kanzlerschaft genoss Helmut Schmidt als „Elder Statesman“ parteiübergreifende Popularität und hohes Ansehen. Er verfasste zahlreiche Bücher und war von 1983 bis zu seinem Tod Mitherausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“ und bis 1990 Geschäftsführer des Zeitverlags. (Archivbild)

  1. Amtszeit: 1974–1982
  2. Partei: SPD
  3. Zitat: „In den grundlegenden Fragen muss man naiv sein. Und ich bin der Meinung, dass die Probleme der Welt und der Menschheit ohne Idealismus nicht zu lösen sind. Gleichwohl glaube ich, dass man zugleich realistisch und pragmatisch sein sollte.“ (Buch „Weggefährten - Erinnerungen und Reflexionen“, 1996)

Helmut Schmidt war ein pragmatischer Krisenmanager, der Deutschland durch die Ölkrise und die Zeit des RAF-Terrorismus führte. Seine Politik war geprägt von wirtschaftlicher Stabilität und einer engen Einbindung in die NATO. Schmidt war bekannt für seine nüchterne und direkte Art, die ihm viel Anerkennung einbrachte. Seine konsequente Haltung in Krisensituationen, wie beim Umgang mit der RAF, machten ihn zu einer zentralen Figur der deutschen Nachkriegsgeschichte. Schmidt blieb auch nach seiner politischen Karriere eine wichtige Stimme im politischen Diskurs.


Willy Brandt neben Bundeskanzler Helmut Schmidt. Beide rauchen.

Parteikollegen, aber keine Freunde: Willy Brandt und Helmut Schmidt waren leidenschaftliche Raucher, wobei vor allem Schmidt mit seinen Mentholzigaretten in Erinnerung geblieben ist und das Rauchen bei Brandt oft als Teil seiner nachdenklichen Ausstrahlung gesehen wurde. (Archivbild)


Willy Brandt

Bundesaußenminister und Vizekanzler Willy Brandt, bei einer Stellungnahme vor Journalisten.

Nach seiner Kanzlerschaft blieb Willy Brandt politisch aktiv, übernahm den Vorsitz der Sozialistischen Internationale, engagierte sich für globale Entwicklungsfragen und blieb eine wichtige moralische und symbolische Figur der deutschen Politik.(Archivbild)

  1. Amtszeit: 1969–1974
  2. Partei: SPD
  3. Zitat: „Die Zukunft wird nicht gemeistert von denen, die am Vergangenen kleben.“ (Parteitag der SPD, 1971)

Willy Brandt revolutionierte die deutsche Außenpolitik mit seiner Ostpolitik, die auf Entspannung und Dialog mit Osteuropa setzte. Sein Kniefall in Warschau wurde zu einem Symbol der Versöhnung und Verantwortung Deutschlands für den Zweiten Weltkrieg. Innenpolitisch setzte Brandt auf gesellschaftliche Reformen, insbesondere in Bildung und sozialen Fragen. Sein Rücktritt aufgrund der Guillaume-Affäre war ein schwerer Einschnitt, dennoch bleibt Brandt als visionärer Staatsmann und Friedensnobelpreisträger unvergessen. Er prägte eine Ära der politischen Öffnung und Veränderung.


Der SPD-Vorsitzende Willy Brandt und CDU-Kanzlerkandidat Kurt Georg Kiesinger beantworten nach einem Gespräch der Verhandlungsdelegationen ihrer Parteien über die Möglichkeit einer Großen Koalition.

Während Kurt Georg Kiesinger als konservativer CDU-Politiker für Kontinuität stand, verkörperte Willy Brandt mit seiner visionären Ostpolitik den Aufbruch; im persönlichen Umgang pflegten sie eine respektvolle Distanz. (Archivbild)


Kurt Georg Kiesinger

Kurt Georg Kiesinger nach einer Rede.

Kurt Georg Kiesinger war umstritten wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft, und die Diskussion darüber erhielt besonderen Aufwind, als die Journalistin Beate Klarsfeld ihn am 7. November 1968 auf dem CDU-Parteitag in Berlin öffentlich ohrfeigte. (Archivbild)

  1. Amtszeit: 1966–1969
  2. Partei: CDU
  3. Zitat: „Das ist das Schicksal eines Kanzlers der Großen Koalition: Er hat keine grand querelle, er hat tausend petites querelles, tausend kleine Streitigkeiten Tag um Tag zu erledigen. Ich habe manchmal das Gefühl gehabt: Ich bin eher Inhaber einer Reparaturwerkstatt als eines Großbetriebs.“

Kurt Georg Kiesinger führte die erste Große Koalition in Deutschland, die in einer Phase wirtschaftlicher Unsicherheit und politischer Polarisierung Stabilität bringen sollte. Seine Amtszeit fiel in die Zeit der 68er-Bewegung, die tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen forderte. Unter seiner Führung stabilisierte sich die Wirtschaft, doch seine Vergangenheit als NSDAP-Mitglied sorgte für anhaltende Kritik. Trotz seiner konservativen Grundhaltung bemühte sich Kiesinger um einen Ausgleich zwischen den politischen Lagern. Seine Kanzlerschaft war eine Zeit des Übergangs zwischen Tradition und Aufbruch.


Ludwig Erhard

Der damalige Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU) raucht eine Zigarre bei einem Interview.

Ludwig Erhard blieb nach seiner Zeit als Bundeskanzler noch elf Jahre Bundestagsabgeordneter und war nach den Bundestagswahlen 1972 und 1976 der Alterspräsident des neugewählten Bundestages. (Archivbild)

  1. Amtszeit: 1963–1966
  2. Partei: CDU
  3. Zitat: „Der Deutsche entfaltet in der Stunde der Not höchste Tugenden. Die Frage bleibt, ob er im gleichen Maße den Stunden des Glücks gewachsen ist.“

Ludwig Erhard setzte als Vater des „deutschen Wirtschaftswunders“ - ein Prädikat, das mittlerweile umstritten ist - die soziale Marktwirtschaft als Leitlinie durch. Als Bundeskanzler hatte er Schwierigkeiten, seine Wirtschaftsreformen politisch durchzusetzen. Eine zunehmende Rezession und innerparteiliche Konflikte schwächten seine Position. Dennoch bleibt Erhard als Symbol für den wirtschaftlichen Wiederaufstieg Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg in Erinnerung. Seine Kanzlerschaft markierte den Übergang von der Ära Adenauer zu einer neuen politischen Generation.


Der scheidende Bundeskanzler Konrad Adenauer (r) und sein Nachfolger Ludwig Erhard (l) bei Adenauers Abschiedsbankett am 11. Oktober 1963 im Palais Schaumburg in Bonn.

Das Verhältnis zwischen Konrad Adenauer (r) und Ludwig Erhard (l) war von Spannungen geprägt, da Adenauer Erhards Wirtschaftspolitik zwar schätzte, ihn aber als Kanzlerkandidaten für ungeeignet hielt, während Erhard sich zunehmend gegen Adenauers autoritären Führungsstil auflehnte. (Archivbild)


Konrad Adenauer

Konrad Adenauer war nach dem Krieg aufgrund seiner entschiedenen Westbindung, seines pragmatischen Führungsstils und seines Erfolgs beim wirtschaftlichen Wiederaufbau bei vielen Deutschen sehr beliebt.

„Die Heimkehr der Zehntausend“: Als einer seiner größten diplomatischen Erfolge gilt, dass Konrad Adenauer bei seinem Besuch in Moskau 1955 die Rückkehr der letzten deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion aushandeln konnte. (Archivbild)

  1. Amtszeit: 1949–1963
  2. Partei: CDU
  3. Zitat: „Es ist die Schicksalsfrage Deutschlands. Wir stehen vor der Wahl zwischen Sklaverei und Freiheit. Wir wählen die Freiheit!“ (Regierungserklärung, 1952)

Konrad Adenauer, von 1917 bis 1933 Oberbürgermeister von Köln, war der erste Bundeskanzler Deutschlands und prägte die junge Bundesrepublik nachhaltig. Seine Politik setzte auf Westbindung, wirtschaftlichen Wiederaufbau und die Integration Deutschlands in internationale Organisationen wie die NATO. Der deutsch-französische Freundschaftsvertrag und die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft fallen in seine Amtszeit. Adenauer legte den Grundstein für die Stabilität der Demokratie in Deutschland.