Bei „Caren Miosga“ war am Sonntagabend Tino Chrupalla zu Gast. Im Nachgang gibt es harsche Kritik an der ARD-Talksendung.
Scharfe Kritik an ARD-Talk mit AfD-Chef„Was ist das für eine Mutterkreuzdebatte bei Miosga?“
Nach dem Auftritt des AfD-Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla bei „Caren Miosga“ wird scharfe Kritik an der ARD-Talksendung laut. Chrupalla war am Sonntagabend zunächst der einzige Gast und äußerte sich in der ARD auch zu Vorwürfen gegen die AfD-Politiker Petr Bystron und Maximilian Krah. Nach der Ansicht einiger Kritikerinnen und Kritiker habe Miosga Chrupalla nicht nur bei diesem Thema eine zu freundliche Bühne geboten.
„Wohlfühlfernsehen. Für Tino Chrupalla“, kommentierte die Politikjournalistin Nicole Diekmann bei X (vormals Twitter). Krah und Bystron wird vorgeworfen, in prorussische Propagandakanäle verwickelt zu sein und in diesem Zusammenhang Geld angenommen zu haben. Beide bestreiten dies vehement.
ARD-Talksendung: Scharfe Kritik an Caren Miosga nach Auftritt von Tino Chrupalla
Auch aus der Politik gab es viel Kritik an der Sendung mit Chrupalla in der ARD. „Die Strategie der AfD trifft auf fruchtbaren Boden: rechtsextreme Akteure werden durch große Bühnen im ÖRR verharmlost“, kritisierte die SPD-Politikerin Derya Türk-Nachbaur. „Die ‚Normalisierung‘ von Rechtsextremismus im öffentlichen Diskurs schreitet mithilfe von Miosga, Lanz, Maischberger u. v. a. voran“, fügte die Bundestagsabgeordnete an.
Auch die ehemalige Grünen-Politikerin und Soziologin Jutta Ditfurth kritisierte die ARD-Sendung und warf Moderatorin Miosga vor, für „Clicks“ mit „Nazis zu plappern“ und „schlecht vorbereitet“ gewesen zu sein.
„Caren Miosga“ mit Tino Chrupalla: „Warum spricht niemand aus, was die AfD für Frauen wirklich will?“
Noch deutlichere Worte fand derweil die Grünen-Abgeordnete Lisa Badum bei X. „Was ist denn das für eine ekelhafte Mutterkreuzdebatte bei Miosga?“, fragte Badum am Sonntagabend. „Warum spricht denn niemand aus, was die AfD für Frauen wirklich will?“ Die AfD wolle Frauen aus der Politik drängen und „an den Herd verbannen“, führte Badum aus. „Zurück in die braune Vergangenheit, pfui Teufel!“, fügte sie an.
Badum dürfte damit auf Chrupallas Aussagen zu einem Instagram-Post des AfD-Politikers Jonas Dünzel aus Zwickau angespielt haben, zu dem Miosga den AfD-Chef befragt hatte. Dünzel postete ein Plakat der AfD, auf dem eine „traditionelle Frau“ mit einer „modernen Feministin“ verglichen wird.
Tino Chrupalla in der ARD: „Ist das Geschmackssache oder ist das Frauenverachtung?“
Letzterer wird dabei unterstellt, bereits drei Abtreibungen mit 22 Jahren gehabt zu haben und stolz drauf zu sein. „Das ist nicht mein Geschmack“, sagte Chrupalla dazu, woraufhin Miosga ihn ungläubig anschaute und fragte: „Ist das Geschmackssache oder ist das Frauenverachtung?“
Die Rolle der Frau wurde noch einmal Thema, als Miosga Chrupalla mit einem Satz aus dem Buch des Europa-Spitzenkandidaten der AfD Maximilian Krah konfrontierte, das die ARD-Journalistin schließlich mit so zusammenfasste: „Da steht: Frauen sind von Natur aus für Spitzenpositionen nicht geeignet.“
Kritik an Caren Miosga: „Chrupalla kann parieren, weil es ständig um Krah geht“
Chrupalla reagierte ausweichend. Wie er das genau meine, müsse man Krah selbst fragen. „Sein Buch ist nicht das Europaprogramm der AfD“, betonte Chrupalla. Miosga legte nach: „Es ist Ihr Spitzenkandidat für die Europawahl und das ist seine tiefste Überzeugung“, Chrupalla verwies erneut an Krah.
Dass Krah in der Sendung oft thematisiert wurde, sorgte ebenfalls für Kritik. „Geplänkel, Wohlfühltalk, Chrupalla kann parieren, weil es ständig um Krah geht (der da nicht sitzt)-so soll der Umgang mit Rechtsextremismus im Wahljahr jetzt bei der ARD aussehen?“, fragte Tanjev Schultz, Professor für Journalismus an der Universität Mainz. „Miosga“ sei „noch schlimmer“ gelaufen als befürchtet, fügte Schultz an.
„Alles an dieser Sendung war so derart grausam“
Scharfe Kritik kam auch vom Geschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Ulrich Schneider. „Alles an dieser Sendung war so derart grausam, man wusste nicht, ob man lachen oder weinen soll“, schrieb Schneider bei X. Andreas Püttmann, CDU-naher Politikwissenschaftler, bezeichnete den Auftritt der ARD-Journalistin derweil als „peinlich schlecht informiert“.
Die Einladung Chrupallas hatte bereits vor der Sendung für Kritik gesorgt. „Richtiger wäre es gewesen, mal drei kommunale Mitarbeiter oder Landräte/Bürgermeister z. B. aus Brandenburg einzuladen, um zu erfahren, was die so erleben und erleiden“, hatte die Grünen-Politikerin Renate Künast die Sendung mit Chrupalla bereits am Freitag kritisiert.
Chrupalla wurde in der Sendung am Sonntag schließlich auch zu den Vorwürfen gegenüber seinen Parteikollegen befragt. „Diese Vorwürfe müssen ausgeräumt werden. Und ich würde mich freuen, wenn sie so schnell wie möglich ausgeräumt werden“, sagte der AfD-Bundesvorsitzende. Natürlich wolle man genau wissen, was passiert sei. Erst dann könne man gegebenenfalls auch Konsequenzen ziehen.
Vorwürfe gegen AfD-Politiker: Bystron, Krah und die prorussische Desinformationskampagne
Der AfD-Bundesvorstand will sich am Montagabend erneut mit dem Thema befassen. Dabei sollen auch Bystron und Krah noch einmal gehört werden. Beide treten für die AfD bei der Europawahl an, Krah als Spitzenkandidat, Bystron steht auf Platz zwei der Kandidatenliste. Sie sind im Zusammenhang mit einer prorussischen Desinformationskampagne in den Blick geraten.
Chrupalla kritisierte, Bystron sei von den Behörden noch nicht einmal offiziell befragt worden. Im Moment gebe es nur Vorermittlungen. Man erwarte, dass jetzt so schnell wie möglich ermittelt werde. Bystron habe ihm noch am Sonntag gesagt, dass er auch einen Antrag auf Aufhebung seiner Immunität im Bundestag einreichen würde, damit die Staatsanwaltschaft gegebenenfalls ermitteln und ihn für unschuldig erklären könne.
Tino Chrupalla stellt sich hinter Petr Bystron und Maximilian Krah
Chrupalla bekräftigte, die AfD werde es nicht dulden, dass Meinungen oder Positionen käuflich seien. In einem solchen Fall müsste der Betreffende die Partei verlassen. Solange aber keine Beweise auf dem Tisch lägen, gelte die Unschuldsvermutung. „Von daher stelle ich mich zum Tag heute hinter diese beiden Kollegen.“ Chrupalla schloss Korrumpierbarkeit von Politikern generell nicht aus. „Es kann immer was kommen“, sagte er. Das wäre kein Einzelfall. Solche Fälle habe es in allen Parteien gegeben.
Neben Chrupalla waren in der ARD-Talksendung am Sonntagabend auch die Deutschlandfunk-Journalistin Nadine Lindner und der Aufsichtsratsvorsitzende der Siemens Energy AG und ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser zu Gast. (mit dpa)