In der CDU stößt eine Veranstaltung der rechtskonservativen Agentur The Republic auf Kritik, auf der auch Kampagnenchefin Carboni sprechen wird.
Kritik an Berliner KonferenzCDU-Mitglieder: „Erschreckend, dass wir Türen für Trumpisten öffnen“
Es soll mehr als eine Konferenz sein, was die rechtskonservative Kampagnenagentur The Republic im September in Berlin veranstaltet. Die Berlin Campaign Conference sei „ein bedeutender Treffpunkt, um Mitte-rechts-Kooperationen zu schmieden und konservativen Aktivismus auf der ganzen Welt zu stärken“, heißt es auf der Website. Wer vom 4. bis 6. September dabei sein will, muss zwischen 100 und 700 Dollar zahlen. Dafür sollen die Konferenzteilnehmer vom Wissen einer ganzen Reihe internationaler Gäste profitieren, um „den Weg in die Zukunft mitgestalten“ zu können.
Als Referentinnen und Referenten sind vor allem konservative Wahlkampfprofis und Lobbyisten aus den USA und anderen Ländern geladen – darunter auch von Organisationen, die nicht nur in ihrer Heimat in der Kritik stehen. Und mittendrin: die CDU.
Nikki Haley spricht in Berlin
The Republic ist eine Kampagnenagentur aus dem rechtskonservativen Spektrum, die 2021 von Armin Petschner-Multari gegründet wurde. „The Republic stellt sich dem politischen Linksdrift in Deutschland entgegen“, heißt es auf der Website. Petschner-Multari war vorher für den Social-Media-Auftritt der CSU-Landesgruppe im Bundestag verantwortlich. Die jüngsten der aktuell auf der Website von The Republic zu findende Artikel stammen aus dem Jahr 2023. Da ging es etwa um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk „in der Krise“ oder um „staatlich gefördertes Denunziantentum“. Ziel der Plattform sei, sich in eine „vollwertige und unabhängige Denkfabrik“ zu entwickeln, schreiben die Macher.
Die Konferenz im September soll wohl ein Schritt in diese Richtung sein. Grover Norquist von der US-Lobbyorganisation „Americans for Tax Reform“ soll dort etwa darüber sprechen, „wie wirksame Netzwerke den politischen Wandel vorantreiben“. Norquist setzt sich mit seiner Organisation seit den 1980er-Jahren für niedrigere Steuern in den USA ein – finanziert durch finanzielle Zuwendungen von Superreichen, Ölunternehmen und anderen finanzstarken konservativen Lobbygruppen. Auch die Wahlkampfmanagerin der einstigen republikanischen Trump-Herausforderin Nikki Haley soll zu einem noch nicht bekannt gegebenen Thema sprechen.
Umstrittene Heritage Foundation als Konferenzpartner – Unterstützung für Trump
Kontrovers ist jedoch vor allem die Zusammenarbeit mit der Heritage Foundation. Ein Mitarbeiter soll an einem Panel über den „Weg zum Weißen Haus und darüber hinaus“ teilnehmen, die US-Denkfabrik ist sogar offizielle Partnerin der Konferenz. In den USA steht die nationalkonservative Heritage Foundation zurzeit vor allem wegen ihres „Project 2025″ in der Kritik. Dabei handelt es sich um einen mehr als 900-seitigen Masterplan für den Umbau des amerikanischen Staatsapparats nach einem möglichen erneuten Wahlsieg Donald Trumps.
Der Plan sieht unter anderem vor, Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ministerien und Bundesbehörden zu entlassen und durch politische Beamte zu ersetzen. Außerdem sollen das FBI und andere Bundesbehörden völlig umgekrempelt, das Bildungsministerium abgeschafft werden. Kritiker werfen der Heritage Foundation vor, mit dem „Project 2025″ autoritäre und rassistische Ziele zu verfolgen.
„Project 2025″ will USA nach Trump-Sieg umbauen
„Unsere Konferenz profitiert von einem vielfältigen Spektrum an Partnern und Rednern, die verschiedene Facetten der Republikanischen Partei widerspiegeln. Die Heritage Foundation ist ein angesehener Thinktank mit wertvollen Perspektiven, die uns wichtige Einblicke in den US-Wahlkampf bieten“, teilt The-Republic-Gründer und Konferenzveranstalter Petschner-Multari auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) mit und verteidigt das „Project 2025″ gegen Kritik. „Die Idee ist, eine Verwaltung zu schaffen, die dem gewählten Präsidenten effektiver dient und auf seine politische Richtung abgestimmt ist. In weiten Teilen des konservativen Spektrums der USA wird dies als ein Weg gesehen, die demokratische Legitimität und Verantwortlichkeit zu stärken.“
Diese Diskussionen seien tief in der politischen Kultur der USA verwurzelt und ließen sich nicht direkt aus einer deutschen Perspektive verstehen, „da hier die Tradition des neutralen Beamtentums preußischer Prägung eine andere Tradition begründet hat“. Tatsächlich steht das „Project 2025″ jedoch nicht nur in Deutschland, sondern insbesondere in den USA selbst in der Kritik. Sogar Donald Trump sah sich zu einer öffentlichen Distanzierung veranlasst.
CDU-Kampagnenchefin Carboni spricht bei Berlin Campaign Conference
Auch Christine Carboni, die Kampagnenchefin der CDU, wird auf der Konferenz sprechen. Seit Februar 2024 ist sie Hauptabteilungsleiterin der Partei für den Bereich Kampagne und Mobilisierung. Vorher arbeitete sie als Head of Brand für die Unternehmensgruppe Würth. In ihrem Vortrag soll es um „Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen kommerziellen und persönlichen Marken“ gehen. Eine CDU-Sprecherin sagte dem RND: „Wie bei anderen Veranstaltern auch, stellen wir bei Interesse und Bedarf geeignete Fachreferenten zur Verfügung, so auch in diesem Fall unsere Kampagnenchefin Christine Carboni.“ Mit The Republic gebe es keine „strukturelle Zusammenarbeit“, die Organisation sei von der CDU unabhängig.
Thorsten Alsleben, Geschäftsführer der Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, ist ebenfalls geladen. Er war mehr als acht Jahre Hauptgeschäftsführer der einflussreichen CDU-Vereinigung Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) unter dem MIT-Vorsitzenden Carsten Linnemann, der heute Generalsekretär der CDU ist.
The Republic warb mit Führung durch CDU-Zentrale – für Inhaber des Gold-Tickets
Nach RND-Informationen wurde die Konferenz auch mit einer Führung durch die CDU-Zentrale in Berlin sowie den Bundestag beworben. Das Gold-Ticket, das für Frühbucher 350 Dollar und ansonsten 700 Dollar kostet, beinhalte eine „intime Tour des Deutschen Bundestages und des Konrad-Adenauer-Hauses“, hieß es auf der Webseite. Ein Screenshot davon liegt dem RND vor.
Der Programmpunkt im Adenauer-Haus ist mittlerweile gestrichen worden – auf Druck der CDU, so eine Parteisprecherin. „Zu keinem Zeitpunkt war mit uns abgesprochen, dass diese Führung kostenpflichtig durch die Organisatoren angeboten wurde. Als wir Kenntnis davon erlangt haben, haben wir unser Angebot zurückgezogen.“ Eine Einladung ins Konrad-Adenauer-Haus sei „grundsätzlich nie an eine Gegenleistung gebunden“. Petschner-Multari räumte ein, dem habe ein Missverständnis der Konferenzorganisatoren zugrunde gelegen. Nun wird nur noch eine Führung durch den Bundestag beworben.
Friedrich Merz soll Verbindungen zu The Republic haben
Das Verhältnis zwischen der CDU und The Republic war auch in der Vergangenheit nicht immer einfach. Verbindungen der Parteispitze zu der Kampagnenagentur stießen auf Kritik. Besonders aus dem liberalen Parteiflügel wird CDU-Chef Friedrich Merz Nähe zu Petschner-Multari vorgeworfen, Merz selbst streitet das ab.
Im August 2022 hatte der CDU-Chef seine Teilnahme an einer Veranstaltung der Agentur nach Gegenwind aus den eigenen Reihen zurückgezogen. An dem Event sollte auch der republikanische US-Senator und Trump-Unterstützer Lindsey Graham, ein Vertreter der US-Waffenlobby sowie der Rechtsanwalt und Publizist Joachim Steinhöfel teilnehmen.
In der CDU fühlt sich manch einer daran erinnert. Ein Spitzenfunktionär, der nicht namentlich genannt werden will, kritisiert: „Es ist erschreckend, dass wir die Türen für Trumpisten öffnen. Erst erklärt Jens Spahn, welche Gemeinsamkeiten uns vermeintlich mit Donald Trump verbinden, nun gemeinsame Konferenzen mit seinen Unterstützern.“ Man müsse sich fragen, welche Zielsetzung hinter alldem stecke und „ob es in der CDU noch so etwas wie geistig moralische Führung gibt“.