Die USA und Israel reagieren schockiert auf die antijüdischen Vorfälle in Russland. 60 mutmaßliche Angreifer wurden bisher festgenommen.
Antisemitische Parolen auf dem RollfeldBundesregierung verurteilt Hetzjagd auf Flughafen in Dagestan
Nach dem Sturm Dutzender Menschen auf einen Flughafen der mehrheitlich muslimischen russischen Republik Dagestan auf der Suche nach Israelis und Juden sind nach Angaben Moskaus 60 Menschen festgenommen worden. „Mehr als 150 aktive Teilnehmer an den Unruhen wurden identifiziert, 60 von ihnen wurden festgenommen“, erklärte das russische Innenministerium am Montag.
Bei dem Vorfall seien mehr als 20 Menschen verletzt worden, darunter Zivilisten sowie neun Polizisten. Zehn Menschen seien im Krankenhaus behandelt worden, zwei von ihnen befänden sich in kritischem Zustand, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass in der Nacht zum Montag unter Berufung auf das örtliche Gesundheitsministerium.
Dagestan: Menschen stürmen Flughafen – Dutzende verletzt
Am Sonntagabend kursierten Videos des Angriffs im Internet. Der Zentralrat der Juden in Deutschland (ZdJ) sprach im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) von „schockierenden Bildern aus Dagestan“. Am Montag tauchten weitere Videos von der Hetzjagd auf.
Der Flugplatz wurde vorübergehend geschlossen, ankommende Flugzeuge wurden auf andere Flughäfen umgeleitet, wie die staatliche Flugaufsicht Rosawiazija Tass zufolge mitteilte. Später teilte Rosawiazija mit, Sicherheitskräfte hätten das Gelände geräumt. Der Flughafen bleibe aber bis zum 6. November geschlossen.
Russland: USA verurteilt „antisemitische Proteste energisch“
Die Bundesregierung verurteilte die Übergriffe als „unsäglich und inakzeptabel“. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts forderte am Montag in Berlin: „Wichtig ist jetzt, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden und die russischen Behörden die Sicherheit der jüdischen Gemeinschaft gewährleisten.“ Die Haltung der Bundesregierung sei klar: „Wir bekämpfen entschieden jede Form des Antisemitismus und wir stehen an der Seite der jüdischen Gemeinschaft.“
Die USA verurteilten die „antisemitischen Proteste“ am Hauptstadtflughafen in Dagestan „energisch“. „Die USA stehen unmissverständlich an der Seite der gesamten jüdischen Gemeinschaft angesichts des weltweiten Anstiegs des Antisemitismus“, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Adrienne Watson, im Onlinedienst X, ehemals Twitter.
Zuvor hatte bereits Israel am Sonntag die russischen Behörden zum Schutz seiner Staatsbürger aufgefordert. Es werde erwartet, „dass die russischen Strafverfolgungsbehörden die Sicherheit aller israelischen Bürger und Juden gewährleisten und entschlossen gegen Randalierer und wilde Aufwiegelung gegen Juden und Israelis vorgehen“, teilten das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie das israelische Außenministerium gemeinsamen mit.
„Israel nimmt Versuche, israelischen Bürgern und Juden irgendwo zu schaden, sehr ernst“ und beobachte die Ereignisse in Dagestan, hieß es in der Mitteilung. Der israelische Botschafter in Russland, Alex Ben Zvi, arbeite mit den russischen Behörden zusammen, „um das Wohlergehen von Juden und Israelis vor Ort zu gewährleisten“.
Dagestan: Menschen dringen in Hotel ein
Am Samstag umringte auch eine Menge aufgebrachter Menschen ein Hotel in der Stadt Chassawjurt in Dagestan, weil es das Gerücht gab, dort seien Flüchtlinge aus Israel untergebracht. Die staatliche Agentur Ria bestätigte diesen Vorfall. Nach örtlichen Berichten drangen mehrere Dutzend Männer in das Hotel ein, um angeblich die Pässe der Hotelgäste zu kontrollieren. Die Polizei riegelte das Hotel ab.
Der Republikchef von Dagestan, Sergej Melikow, rief die Bevölkerung auf, sich nicht von Extremisten aufstacheln zu lassen, die die Lage destabilisieren wollten. „Wegen der Fakes, die von unseren Feinden verbreitet werden, waren einige noch ganz junge Leute drauf und dran, die Gesetze zu verletzen“, schrieb er auf Telegram. Auch die islamische Geistlichkeit der Region stellte klar: „Der Antisemitismus hat keinen Platz im multiethnischen Nordkaukasus.“ (afp, dpa, mcl)