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„Business as usual“ nach Hinrichtung?Deutscher Botschafter kehrt in den Iran zurück – Kritik von Sharmahd-Tochter

Lesezeit 3 Minuten
Eine undatierte Aufnahme zeigt Jamshid Sharmahd in einem Teheraner Revolutionsgericht. Der Deutsch-Iraner ist am 28. Oktober im Iran hingerichtet worden. (Archivbild)

Eine undatierte Aufnahme zeigt Jamshid Sharmahd in einem Teheraner Revolutionsgericht. Der Deutsch-Iraner ist am 28. Oktober im Iran hingerichtet worden. (Archivbild)

Knapp vier Wochen nach der Hinrichtung ist Markus Potzel zurück in Teheran. Die Tochter von Jamshid Sharmahd ist darüber verärgert.

Der deutsche Botschafter im Iran, Markus Potzel, ist knapp einen Monat nach der Hinrichtung des deutschen Staatsbürgers Jamshid Sharmahd nach Teheran zurückgekehrt und hat dort seine Amtsgeschäfte wiederaufgenommen, das bestätigte das Auswärtige Amt gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Zuvor hatte die staatsnahe iranische Nachrichtenagentur Tasnim über eine „stille und heimliche“ Rückkehr von Potzel berichtet. Nach der Hinrichtung Sharmahds hatte die Bundesregierung den Botschafter am 30. Oktober für „Konsultationen“ zurück nach Berlin beordert.

„Der deutsche Botschafter in Teheran wurde nach der öffentlichen Bekanntgabe der Vollstreckung des Todesurteils gegen den deutschen Staatsangehörigen Jamshid Sharmahd zu Konsultationen nach Berlin zurückgerufen. Er ist mittlerweile nach Teheran zurückgekehrt, um unseren Anliegen vor Ort hochrangig Nachdruck zu verleihen – das schließt insbesondere die Überführung des Leichnams von Jamshid Sharmahd wie auch unsere anderen Haftfälle ein“, teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes nun mit. „Die drei iranischen Generalkonsulate in Deutschland sind seit dem 18. November geschlossen“, fügte der Sprecher an.

Deutscher Botschafter kehrt nach Hinrichtung nach Teheran zurück

Die Vertretungen in Frankfurt am Main, Hamburg und München mit zusammen 32 konsularischen Beamten waren ebenfalls als Reaktion auf die Hinrichtung Sharmahds geschlossen worden. Außenministerin Annalena Baerbock hatte den Schritt damals mit dem „menschenverachtenden Agieren“ der iranischen Führung begründet. „Dass nun im Lichte der jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten die Ermordung erfolgte, zeigt, dass ein diktatorisches Unrechtsregime wie das der Mullahs nicht in der normalen diplomatischen Logik agiert“, sagte die Grünen-Politikerin.

Teheran protestierte gegen die Maßnahmen und behauptete schließlich, Sharmahd sei bereits vor seiner geplanten Hinrichtung gestorben. Belege für diese Behauptung legte Teheran nicht vor, auch zu den genauen Todesumständen machte die iranische Justiz keine weiteren Angaben. Auch der Verbleib von Sharmahds Leichnam ist weiterhin unklar, die Angehörigen haben ihn nach eigenen Angaben bisher nicht erhalten.

Tochter von Jamshid Sharmahd kritisiert Bundesregierung

Die Tochter des Hingerichteten, Gazelle Sharmahd, hatte der Bundesregierung nach dem Tod ihres Vaters schwere Vorwürfe gemacht. Sie frage sich, warum diplomatische Maßnahmen wie die Schließung der Generalkonsulate nicht schon vor vier Jahren ergriffen worden waren, als ihr Vater „entführt und in einem Schauprozess mit dem Tode bedroht wurde“, sagte Sharmahd.

Bereits im Sommer nach einem Gefangenenaustausch zwischen dem Westen und Russland hatte Sharmahd mehr Engagement von der Bundesregierung für ihren Vater, der damals noch lebte, gefordert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe sich bei der Freilassung einiger Kremlkritiker als Retter dargestellt, lasse ihren Vater aber gleichzeitig seit vier Jahren „in einer Folterkammer verrotten, wo ihm die Hinrichtung droht“, kritisierte die Tochter im Gespräch mit der „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Leichnam von Jamshid Sharmahd noch nicht an Familie überstellt

Auch die Rückkehr des Botschafters nach rund einem Monat kritisierte Gazelle Sharmahd nach ersten Berichten aus dem Iran scharf. „Ich hätte von meiner deutschen Regierung erwartet, dass sie ihre Botschaft zumindest so lange abzieht, bis unsere Familie die Leiche meines Vaters zurückbekommen hat“, schrieb Sharmahd am Mittwoch bei X und fragte, ob die Bundesregierung damit zu „Business as usual“ zurückkehre.

Der in Teheran geborene Sharmahd war in Deutschland aufgewachsen und 2003 in die USA ausgewandert. Der 69-Jährige war im August 2020 von iranischen Behörden festgenommen worden. Nach Angaben seiner Familie wurde der Oppositionelle bei einem Zwischenstopp in Dubai vom iranischen Geheimdienst in den Iran verschleppt.

Die iranische Justiz hat ihm die Beteiligung an einem Terroranschlag vorgeworfen, Belege wurden dafür nicht vorgelegt. Sharmahd wurde schließlich in einem Schauprozess zum Tode verurteilt. Nach Angaben seiner Familie wurde der Deutsch-Iraner in der Haftzeit vor seiner Hinrichtung auch Folter unterzogen. Mit Nahid Taghavi befindet sich unterdessen weiterhin auch eine Kölnerin in iranischer Haft.