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Kommentar

Musks Hitlergruß
Eigentlich ganz einfach

Ein Kommentar von
Lesezeit 4 Minuten
Elon Musk bei seinem Auftritt am Montag nach Donald Trumps Vereidigung in der Capitol One Arena in Washington.

Elon Musk bei seinem Auftritt am Montag nach Donald Trumps Vereidigung in der Capitol One Arena in Washington.

Zweimal zeigt der Trump-Berater eine eindeutige Geste. Noch bedrohlicher ist jedoch Musks Umgang mit der Kritik an ihm.

Die Sache ist eigentlich ganz einfach. Der Begriff Hitlergruß beschreibt eine konkrete Bewegungsabfolge – Elon Musk hat sie geliefert. Auf großer Bühne, zweimal hintereinander. Musk hat auch abseits der Amtseinführung eine große Reichweite. Eine Klarstellung, dass es sich um eine verunglückte Übersprungshandlung und nicht um eine bewusste Provokation gehandelt hat, wäre für ihn ein Leichtes gewesen. Musk hat sie nicht geliefert.

Im Gegenteil: Stattdessen bläst der reichste Mann der Welt, der Donald Trump finanziert und sich somit erheblichen politischen Einfluss gesichert hat, mal wieder zur Jagd auf Wikipedia und das, was er „Mainstreammedien“ nennt, weil die beschreiben, was jeder sehen konnte: Dass Musk zwei Hitlergrüße auf der Bühne gemacht hat, nachdem er zuvor weltweit Rechtsradikale öffentlich unterstützt hat.

Elon Musks Hitlergruß: Begeisterung bei US-Neonazis

Bei Musk selbst konnte man die zackige Geste übrigens nicht sehen. Der Tech-Milliardär verbreitete auf der von ihm gekauften und zum Paradies für Extremisten umgebauten Plattform X eine Aufnahme seines Auftritts, bei der sein eindeutigster Hitlergruß nicht sichtbar ist, weil die Kamera wechselt. Warum nur?

Vielleicht, weil die Sache eben ganz einfach ist. Und so wundert es auch nicht, dass amerikanische Neonazis, die von Musk auf der Plattform X in den letzten Jahren rehabilitiert wurden, dem Tech-Millionär nun huldigen. „Das war so ein richtiges ‚Sieg Heil‘, mit so einer Hitler-verliebten Energie“, freute sich etwa Nick Fuentes über die Normalisierung einer eindeutigen Geste.

Musks Apologeten: Nahe am Kriechertum

Dass Musk damit laut eigener Aussage sein Herz ans Publikum verschenken wollte, interessiert diese Kreise nicht. Der Milliardär hat dieser Gruppe in der amerikanischen Öffentlichkeit den roten Teppich ausgerollt. Nun feiern die Neonazis ihr neues Idol – und Musk lässt sich feiern, ohne Widerspruch.

Musks Apologeten, in ihrer Verve oftmals nahe am Kriechertum, wollen das alles nicht sehen. Sie folgen der Linie des Tech-Milliardärs, der von sich behauptet, dass es ihm um die „Wahrheit“ gehe, der aber nicht aushält, wenn jemand sein aufgeputschtes Verhalten wahrheitsgemäß beschreibt und in Kontext setzt.

Elon Musk geht auf Wikipedia los, weil Wikipedia die Realität beschrieben hat

Die Trump-Radikale und Musk-Anhängerin Marjorie Taylor Greene drohte dem amerikanischen Pendant zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk kurzerhand mit Konsequenzen für ihre „Lügen“ und „Propaganda“. Der TV-Sender PBS hatte es zuvor gewagt, das zu beschreiben, was alle gesehen haben.

Damit nicht genug: „Da die Propaganda von alten Medien von Wikipedia als ‚gültige‘ Quelle betrachtet wird, wird es naturgemäß zur Fortführung der Propaganda der alten Medien“, verkündete Musk höchst selbst bei X unter Bezugnahme auf die Wikipedia-Beschreibung seiner faschistisch anmutenden Entgleisung.

„Die Geste wurde mit einem Nazi-Gruß oder faschistischen Gruß verglichen. Musk hat jede Bedeutung hinter der Geste abgestritten“, hatte Wikipedia demnach sogar noch reichlich vorsichtig formuliert. Laut Musk ist das bereits „Propaganda“.

Elon Musk will offenbar Herr über die „Wahrheit“ sein

Trotzdem ist es nicht einmal der Hitlergruß, ob nun leichtsinnige Dummheit oder bewusste Provokation, der unterstreicht, welche Gefahr von Musk und seinen Helfern ausgeht. Wer die Kommunikation kontrolliert, dem gehört das Land, wusste bereits der italienische Professor, Bestseller-Autor und Faschismus-Experte Umberto Eco. Und Musk, so scheint es, will genau das: Herr über die „Wahrheit“ sein.

Seine Geste mag nicht faschistisch gemeint gewesen sein, sein Umgang damit aber ist der eines Faschisten, der erwartet, dass die Welt sich ihm und seiner Wahrheit zu Füßen wirft. Und manche machen das auch.

Ein Genie, das Hitlergrüße macht?

So fürchtete man bei einigen Wortmeldungen der letzten Tage bereits um die Bandscheiben der Betroffenen, so tief waren die Kotaus vor dem Milliardär. Doch auch die schnell bemühten Verweise auf Musks „soziale Merkwürdigkeit“ vermochten die eindeutigen Bilder im Kontext seiner jüngsten politischen Eingriffe nicht zu entkräften.

Manchmal muss man sich entscheiden: Entweder ist Musk nun ein Genie – und damit Teil einer Gruppe, von der man annehmen darf, dass ihr Hitlergrüße nicht „aus Versehen“ herausrutschen – oder er ist unzurechnungsfähig und bar jeder Impulskontrolle. Beides ist gefährlich. Eigentlich ganz einfach.