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Kanzlerkandidat bei „Caren Miosga“Merz ist „schockiert“ über SPD-Pläne – und will Putins „rote Linie“ übertreten

Lesezeit 4 Minuten
ARD/NDR-CAREN MIOSGA
Caren Miosga und Friedrich Merz (CDU)
©NDR/Thomas Ernst,honorarfreie Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter NDR-Sendung bei Nennung "Bild:NDR/Thomas Ernst"

Caren Miosga im Gespräch mit Friedrich Merz (CDU).

Der Kanzlerkandidat der Union war am Sonntagabend in der ARD-Talksendung „Caren Miosga“ zu Gast.

Friedrich Merz war am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Caren Miosga“ zu Gast. Der CDU-Chef kritisierte dort die jüngsten SPD-Pläne, steckte klare Grenzen für die Gespräche seiner Partei mit Sahra Wagenknechts BSW über eine mögliche Zusammenarbeit in östlichen Bundesländern ab und äußerte sich zu einer möglichen Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine.

Die SPD-Pläne für Entlastungen für 95 Prozent der Steuerzahler kritisierte Merz als völlig unrealistisch. Eine Entlastung hätte die SPD in ihren vergangenen fast 20 Regierungsjahren machen können, sagte Merz in der ARD. „Wenn das allerdings dann gleichzeitig bedeutet, dass sie die sogenannten Besserverdienenden noch höher belasten wollen, dann ist unsere Antwort klar und deutlich: Nein. Das ist eine Belastung für den Mittelstand.“

Friedrich Merz über SPD-Pläne: „Die Rechnung geht doch nicht auf“

An diesem Montag schließt der SPD-Bundesvorstand seine Klausurtagung zur Vorbereitung der Bundestagswahl ab. Am Vortag hatten die Sozialdemokraten ein Strategiepapier beschlossen, mit dem die Wirtschaftsflaute in Deutschland beendet werden soll. Mit einer Einkommenssteuerreform will die SPD 95 Prozent der Steuerzahler entlasten. Dafür aufkommen soll das eine Prozent an der Spitze der Einkommensskala. Diese Personen sollen „etwas stärker in die Verantwortung“ genommen werden. Laut Parteichefin Saskia Esken geht es um Einkommen ab 15.000 Euro im Monat.

ARD/NDR-CAREN MIOSGA
Caren Miosga und Friedrich Merz (CDU)
©NDR/Thomas Ernst,honorarfreie Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter NDR-Sendung bei Nennung "Bild:NDR/Thomas Ernst"

Caren Miosga und Friedrich Merz (CDU).

„Die Rechnung geht doch nicht auf“, hielt Merz dem entgegen. Zudem seien die Betroffenen nicht die Besserverdienenden. „Das sind die Leistungsträger unserer Gesellschaft“, sagte Merz. „Das sind häufig mittelständische Unternehmer, das sind die Handwerksbetriebe.“ Merz: „Wenn Sie das umsetzen, was die SPD heute beschlossen hat, 95 Prozent entlasten, ein Prozent belasten, dann sind Sie bei dem einen Prozent bei 60 Prozent Steuerlast plus.“ Dann würden Abschwung und Abwanderung anhalten.

CDU-Chef Friedrich Merz kritisiert „altes Muster“ bei der SPD

„Noch mehr schockiert“ sei er wegen des „alten Musters“ bei der SPD, so der CDU-Vorsitzende. „Mehr Staat, mehr Schulden, mehr Bürokratie, höhere Steuern für die Reichen, wie die SPD es ja dann immer gerne nennt“, so der Kanzlerkandidat. „Wenn sie diesen Jargon weiter in Deutschland fortsetzen, dann brauchen wir uns über die Abwanderung von Unternehmen in die benachbarten Länder in Europa nicht weiter zu wundern.“

Der neue SPD-Generalsekretär Matthias Miersch stuft den Wahlkampf als eine „Richtungsentscheidung“ ein. „Die Bürgerinnen und Bürger werden entscheiden müssen, ob man in ganz alte Mottenkisten zurückgeht. Dafür steht der Ansatz, den Friedrich Merz macht“, sagte er in einem Podcast des Magazins „Politico“ (Montag). Die SPD nimmt laut Miersch bei ihrer Vorstandstagung Kurs auf letzte Projekte für die Ampel und zentrale Punkte für den Wahlkampf. „Das Thema Vermögenssteuer wird garantiert aufgerufen werden im Wahlprogramm“, kündigte der Generalsekretär an.

SPD: „Das Thema Vermögenssteuer wird garantiert aufgerufen“

Merz äußerte sich bei „Caren Miosga“ unterdessen auch zu den Verhandlungen mit dem BSW nach den Landtagswahlen im Osten. „Frau Wagenknecht hat zu akzeptieren, dass es Entscheidungen gibt, die unumstößlich sind“, sagte Merz in der ARD-Sendung. „Das ist die Westbindung, das ist die Nato-Mitgliedschaft. Und die werden wir von Frau Wagenknecht nicht infrage stellen lassen.“

In Sachsen und Thüringen verhandelt die CDU nach den jüngsten Landtagswahlen mit dem BSW, um Regierungen zu bilden und die AfD dabei außen vor zu lassen. Doch Wagenknecht macht es der Merz-Partei schwer – vor allem mit aus CDU-Sicht unannehmbaren außenpolitischen Positionen.

Merz setzt Wagenknecht Grenzen – und erhöht Druck auf Scholz

Merz deutete mögliche Kompromisse an. So könne allgemein in einer Präambel im Koalitionsvertrag durchaus ein Ruf nach Friedensverhandlungen stehen. Zur Wagenknecht-Forderung eines Ausschlusses der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen sagte Merz, dass diese Waffen allenfalls im Westen stationiert würden, die östlichen Bundesländer aber gar nicht betroffen seien. Insgesamt bekräftigte der Unionskanzlerkandidat: „Wir lassen uns von Frau Wagenknecht nicht am Nasenring durch die Manege ziehen.“

Merz erhöhte auch den Druck auf Bundeskanzler Scholz in der Ukraine-Politik. „Ich würde sagen: Wenn das nicht aufhört mit den Bombardements, dann ist der erste Schritt der: Reichweiten-Begrenzung aufheben. Und der zweite Schritt der, dass wir die Taurus liefern.“ Merz ergänzte: „Und dann hat Putin es in der Hand, wie weit er diesen Krieg noch weiter eskalieren will.“ Kremlchef Wladimir Putin hatte die Freigabe für Angriffe tief in Russland zuletzt als neue „Rote Linie“ des Kremls versucht zu etablieren und mit Blick auf die Diskussionen im Westen auch die russische Atomdoktrin verschärft.

Friedrich Merz über Putin: „Wir dürfen uns nicht noch einmal irren.“

Der Ampel von Kanzler Olaf Scholz (SPD) fehle eine strategische Betrachtung der Optionen in der Ukrainepolitik. Die Regierung lasse Putin dabei über alle Details Bescheid wissen. Sie streite sogar öffentlich über ihre verschiedenen Positionen über konkrete nächste Schritte. Kanzler Scholz lehnt sowohl die Aufhebung der Reichweiten-Begrenzung als auch die Lieferung von Taurus ab.

Merz kündigte an, im anstehenden Bundestagswahlkampf werde er für deutlich höhere Rüstungsausgaben werben. „Das müssen wir tun“, sagte Merz. „Der Etat (der Bundeswehr) muss aufwachsen.“ Spätestens 2028 werde das milliardenschwere Sondervermögen für die Bundeswehr aufgebraucht sein. 2029 müsse eine Lücke von 30 Milliarden Euro gefüllt werden.

Russland rüste derzeit in einem Ausmaß auf, dass das Land in fünf bis acht Jahren in der Lage sei, Nato-Gebiet anzugreifen, sagte Merz. Deutschland und der Westen hätten sich geirrt, als angenommen wurde, Putin werde die Ukraine nicht überfallen. „Wir dürfen uns nicht noch einmal irren.“ (das/dpa)