Düsseldorf – Die Uhr tickt. Am Montag, den 31. Oktober 2022, müssen Immobilienbesitzer die Grundsteuererklärung beim Finanzamt abgegeben haben. Schon jetzt zeichnet sich jedoch ab, dass viele Bürger diese Frist nicht einhalten können. Das geht aus der Antwort der NRW-Landesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervor, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ exklusiv vorliegt. Danach lag die Rücklaufquote zum Stichtag 13. September bei lediglich 19,3 Prozent.
Die Auswertung der Eingangszahlen in den Finanzamtsbezirken wirft ein Schlaglicht auf die Dimension des Problems, das die Grundsteuererklärung den Steuerzahlern bereitet. Die geringste Rücklaufquote wurde in Duisburg-Hamborn mit 12,95 Prozent festgestellt.
Am Ende der Tabelle stehen auch Köln-Mitte, Dortmund-Ost, Altena, und Gelsenkirchen. Im Kölner Umland erreichen viele Kommunen deutlich bessere Einsendequoten. Aber beim Rücklauf-Primus Bergheim sind Dreiviertel der erwarteten Grundsteuererklärungen noch nicht eingegangen.
Trotz der massiven Kritik und der Verzweiflung vieler Bürger hält NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) an dem wertbasierten Grundsteuer-Modell des früheren Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD) fest. Ein fataler Fehler, kritisiert Ralf Witzel, Finanzexperte der Liberalen im Düsseldorfer Landtag. „Ein Modell, das kaum jemand versteht und dafür sorgt, dass die meisten Bürger selbst kurz vor Fristablauf noch nicht ihre Steuererklärungen abgegeben haben, kann man nur als grundlegend gescheitert bezeichnen“, kritisiert der FDP-Politiker aus Essen.
Aus der Antwort des NRW-Finanzministeriums geht nun auch hervor, dass der Landesregierung enorme Kosten entstanden sind, um das Scholz-Modell auf den Weg zu bringen. Danach wurden mehr als 3,6 Millionen für den Versand von Infobriefen, Erklärvideos und Hotline-Arbeitsplätze fällig. Personalkosten für mehrere einhundert zusätzliche Beschäftigte kommen noch hinzu.
Die Mitarbeiter an den Beratungstelefonen haben alle Hände voll zu tun. In den ersten zehn Wochen nach dem Start des digitalen Abgabeverfahrens liefen den Angaben zufolge allein 1,84 Millionen Hilfegesuche bei den Grundsteuerhotlines auf. Die FDP geht davon aus, dass mindestens jede zweite Privatperson selbständig mit der Datenlieferung überfordert ist und fremde Hilfe benötigt.
An den Hotlines gehen Anrufe der verzweifelten Bürger auch Monate nach dem Start der Telefonberatung an Werktagen in fünfstelliger täglicher Größenordnung ein. Dass die Hilfe immer fruchtet, darf bezweifelt werden. Denn die Anzahl der Bürger, die beraten wurden, ist weitaus größer als die Anzahl der Steuerpflichtigen, die ihre Datenlieferung bereits erledigt haben.
Köln mit hoher Digital-Quote
Auffällig sind teils große Unterschiede bei der Einreichungsquote von Steuererklärungen und deren Digitalisierungsgrad. Im September haben fünf von sechs Kölner Finanzämtern eine unterdurchschnittliche Rücklaufquote gehabt - dafür bei den Einreichungen aber einen Digitalanteil von über 90 Prozent. Köln-Altstadt ist landesweit sogar Spitzenreiter mit einer Online-Quote von 99,9 Prozent. „Entweder sind Kölner Bürger digital besonders affin oder die Finanzämter haben dort die Herausgabe von Papiervordrucken an Härtefälle besonders restriktiv gehandhabt“, erklärt Witzel.
Die FDP hat vor den Herbstferien ein eigenes, flächenbasiertes Grundsteuermodell zur Abstimmung gestellt, war mit dem Konzept aber am Widerstand der schwarz-grünen Koalition gescheitert. Nun wird sich die Landesregierung Gedanken darüber machen müssen, wie sie mit den desolaten Rücklaufquoten umgeht. Denn man muss kein Hellseher sein um vorherzusagen, dass die bislang geplante Einsendefrist bis Ende Oktober sicher massenhaft von Steuerpflichtigen verfehlt werden wird.
FDP will Fristverlängerung
Die FDP plädiert dafür, dass jeder Steuerpflichtige ein Wahlrecht hat, auf welchem Weg die Daten eingereicht werden. „Wer am Elster-Portal scheitert, kann es ebenso mit gewohnten Papierformularen machen“, erklärt Ralf Witzel. Es sei „nicht Aufgabe der Bürger, kostenfrei die Datenpflege für die IT der Finanzämter zu erledigen.“ Finanzminister Optendrenk müsse seinen Widerstand gegen eine Fristverlängerung mindestens bis zum Jahresende aufgeben und auf seine angekündigten Sanktionen verzichten.
Bürger, die sich mit der Abgabe verspäten, müssen mit einem Säumniszuschlag rechnen, der teuer werden kann. Die Verspätungszuschlag beträgt je angefangenen Monat 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens aber 25 Euro. Bei zwei Monaten Verspätung sind also mindestens 50 Euro zu bezahlen. Steuerpflichtige, die den Verspätungszuschlag nicht begleichen, drohen drakonische Strafen – die Finanzämter können Bußgelder bis zu 25.000 Euro verhängen. Die Pflicht, die Steuererklärung abzugeben, bleibt natürlich auch nach Strafzahlungen bestehen.