Das Gespräch von AfD-Chefin Alice Weidel und Tech-Milliardär Elon Musk – samt Unwahrheiten über Hitler – sorgt für reichlich Kritik.
Entsetzen, Kritik und Häme„Sie hätte fast gekniet“ – Harte Reaktionen auf Talk zwischen Weidel und Musk
Das Gespräch zwischen Tech-Milliardär Elon Musk und AfD-Chefin Alice Weidel wirkte von Beginn an holprig – und war inhaltlich schlussendlich von vielen Lügen und Falschbehauptungen, unter anderem über Adolf Hitler, geprägt. Beide Gesprächspartner stammelten viel und wirkten nach kurzer Zeit bereits ratlos darüber, worüber sie eigentlich reden sollten. Musk bewarb noch einmal die AfD, Weidel fragte nach Reisen zum Mars – und dann war der Talk auch schon wieder vorbei. Dementsprechend kritisch fallen die Reaktionen aus.
X-Talk mit Elon Musk: „Was für ein Gestammele, besonders von Weidel“
„Was für ein Gestammele, besonders von Weidel“, sparte der scheidende Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht mit scharfer Kritik an Weidels Auftritt und zeigte sich besonders irritiert von Weidels absurder Behauptung, dass Adolf Hitler eigentlich ein Linker und Kommunist gewesen sei. „Dabei hat er die Kommunisten ermordet“, schrieb Lauterbach dazu und stellte schließlich fest: „Weidel dient sich dem Tech-Milliardär an, fragt nach der Mars-Besiedlung. Sie hätte fast gekniet. Peinlich.“
Insbesondere Weidels Unwahrheiten über Hitler sorgten für deutliche Reaktionen. „Wie soll man als Profi-Historiker/in mit Schwachsinn wie ‚die Nazis waren Links/Sozialisten/Kommunisten‘ umgehen? Kurze Antwort: Quatsch“, schrieb der Historiker Matthäus Wehowski dazu bei X. „Aber das ist wie mit der ‚flachen Erde‘ – wer daran glauben will, tut es. Über Social Media verbreitet sich solcher Informationsmüll enorm“, fügte Wehowski an.
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Weidels Worte über Adolf Hitler: „Neue Stufe in der Radikalisierung“
Darauf wies auch der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk hin. „Dieser Geschichtsrevisionismus bedeutet eine neue Stufe in der Radikalisierung der AfD – in den Sozialen Medien bekommt Weidel unfassbare Zustimmung“, schrieb Kowalczuk bei X.
Die absurden Ausführungen über Hitler sorgten unter rechten Influencern mitunter tatsächlich für Freude – und wurden als Vorlage benutzt, um die Behauptung zu verbreiten, die AfD sei gar keine in Teilen rechtsradikale Partei. Die Medien hätten bloß Lügen über die AfD verbreitet, hieß es schnell in diesen Kreisen – und über Hitler auch.
US-Medien: „Musk veranstaltet Liebesfest mit AfD-Chefin“
„Musk veranstaltet Liebesfest mit rechtsradikaler AfD-Chefin auf X“, titelte derweil das US-Medium „Politico“. Dass Musk Weidel fälschlicherweise als „führende Kandidatin“ in Deutschland bezeichnete, sorgte dort ebenso für Kopfschütteln, wie dass der Milliardär den Namen Weidels falsch aussprach, aus „Weidel“ wurde bei Musk „Wiedel“.
Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner verglich das virtuelle Treffen von Weidel und Musk sieben Wochen vor der Bundestagswahl unterdessen mit Wahlveranstaltungen des türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan in Deutschland. „Das ist eine Farce und entspricht Erdogan-Wahlveranstaltungen in Deutschland“, sagte Stegner in der „Rheinischen Post“ über Musks erneute Werbung für die AfD. „Nichts für Demokraten“, fügte er an.
„Weidel hat die Chance nicht genutzt“
Das Engagement Musks für die AfD wenige Wochen vor der Neuwahl des Bundestags wurde hierzulande teils scharf kritisiert. Die Nichtregierungsorganisation LobbyControl äußerte den Verdacht, dass es sich bei dem Engagement Musks um eine illegale Parteispende handeln könnte. Das Gespräch verstößt nach Einschätzung der EU-Kommission aber nicht gegen die Regeln für Onlinedienste (Digital Services Act).
Ob der von viel Gestammel, Gekicher und Unwahrheiten geprägte Auftritt auf der von Musk verschafften großen Bühne der AfD-Chefin viel genutzt hat, scheint aber ohnehin zunächst einmal offen zu sein. „Weidel hat die Chance nicht genutzt, die AfD als Partei für eine gute Zukunft Deutschlands darzustellen“, befand auch der Kölner Politikwissenschaftler Thomas Jäger schließlich.
Weidel bekräftigt bei RTL ihre Unwahrheit über Adolf Hitler
„Musk war ihr in jeder Phase überlegen, in seinen Gedanken glasklar. Sie eierte und schwankte, fand keinen roten Faden. Man hat den Eindruck, sie war null vorbereitet.“ Mit dem Gespräch sei Weidel „intellektuell überfordert“ gewesen, so Jäger.
Weidel dürfte das wohl anders sehen – und blieb auch nach dem Talk bei ihrer Geschichtsklitterung. Hitler habe „noch nicht einmal die deutsche Rüstungsindustrie verstaatlicht“, erinnerte RTL-Moderator Nikolaus Blome die AfD-Chefin nach dem Gespräch mit Musk im TV-Studio.
Musk freut sich über X-Downloadzahlen nach Talk mit Weidel
Wieso seien die wenigen Verstaatlichungen, die es in der NS-Anfangszeit gab, wichtiger zu gewichten „als der rechtsextremen Rassenwahn, der in den Holocaust führte“, wollte Blome von Weidel wissen. „Meinen Sie das ernst?“ Und Weidel blieb auch im deutschen Fernsehen bei ihrer Behauptung. Es sei „völlig klar, dass Hitler ein Linker war“, behauptete die AfD-Chefin erneut.
Auch bei Elon Musk gab es nach dem Talk kein Umdenken. Der Tech-Milliardär widmete dem Gespräch mit Weidel noch ein paar Beiträge auf X, in denen er versuchte, die AfD aus der rechtsradikalen Ecke zu lösen – und bejubelte die steigenden Downloadzahlen von X in Deutschland.