Djamshid Sharmahd war 2023 in einem politischen Prozess verurteilt worden. Viele werfen Berlin Versäumnisse vor.
Todesurteil vollstrecktDeutsch-Iraner Sharmahd hingerichtet – Kritik an Bundesregierung
Im Iran ist der deutsch-iranische Doppelstaatsbürger Djamshid Sharmahd trotz internationaler Kritik an dem Todesurteil wegen Terrorvorwürfen hingerichtet worden. Wie das offizielle Justizportal Misan bekanntgab, erfolgte die Exekution am Morgen. Deutschland hatte die Aufhebung des Urteils gefordert.
Todesstrafen werden im Iran normalerweise durch Erhängen vollstreckt. Das Urteil gegen Sharmahd war im April 2023 durch den Obersten Gerichtshof bestätigt worden. Bis zuletzt kämpften Menschenrechtler - und vor allem Sharmahds in den USA wohnhafte Tochter Gazelle - für dessen Rettung.
Die Bundesregierung hatte das Urteil kritisiert und Sharmahds Freilassung gefordert. Die Vollstreckung des Todesurteils dürfte in den diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und Berlin zu neuen Spannungen führen. Obwohl der Iran die Todesstrafe rigoros vollstreckt, sind Hinrichtungen westlicher Ausländer äußerst selten.
Baerbock verurteilt Hinrichtung Sharmahds scharf
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verurteilte die Hinrichtung Sharmahds scharf. „Seiner Familie, mit der wir immer im engsten Austausch waren und sind, gilt mein ganzes Mitgefühl für diesen schrecklichen Verlust“, sagte Baerbock laut einer Erklärung des Auswärtigen Amtes.
Unermüdlich habe sich die Botschaft in Teheran für Sharmahd eingesetzt. Dafür sei auch mehrfach ein hochrangiges Team in den Iran entsandt worden. „Dabei haben wir Teheran immer wieder unmissverständlich klar gemacht, dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird“, sagte Baerbock.
Djamshid Sharmahd wurde 2020 in Dubai vom Iran entführt
Ein Revolutionsgericht hatte den 69-Jährigen im Februar 2023 unter anderem für einen Terroranschlag verantwortlich gemacht und ihm die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten zur Last gelegt. Überprüfen lassen sich die Vorwürfe nicht. Gemäß islamischer Rechtsauffassung wurde Sharmahd wegen „Korruption auf Erden“ verurteilt.
Sharmahd wurde im Sommer 2020 Berichten zufolge vom iranischen Geheimdienst in Dubai entführt und in den Iran gebracht. Seitdem war er in Teheran inhaftiert. Zuvor lebte Sharmahd jahrelang in den USA. Seine Familie und Menschenrechtsgruppen wiesen die Vorwürfe gegen ihn zurück.
Nach der Protestwelle im Iran im Herbst 2022 und dem gewaltsamen staatlichen Vorgehen gegen die Demonstrationen haben sich die Beziehungen zwischen dem Iran und Europa verschlechtert. Auch für ihre Nahost-Politik und die militärische Unterstützung Russlands steht Irans Regierung in der Kritik.
Gazelle Sharmahd kämpfte um ihren Vater
Sharmahds Tochter Gazelle hatte bis zuletzt unermüdlich um ihren Vater gekämpft und dabei auch nicht mit Kritik an der Bundesregierung gespart. Nach einem Gefangenenaustausch zwischen dem Westen und Russland im Sommer 2024 hatte Gazelle Sharmahd gesagt, Bundeskanzler Olaf Scholz lege offenbar zweierlei Maß bei inhaftierten deutschen Staatsbürgern an. Scholz stelle sich nach dem Deal mit Russland als Retter dar, lasse ihren Vater aber gleichzeitig seit vier Jahren „in einer Folterkammer verrotten, wo ihm die Hinrichtung droht“, kritisierte die Tochter.
Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte Djamshid Sharmahds Tochter kurz zuvor bereits gesagt, es sei nicht unwahrscheinlich, dass das iranische Regime die Todesstrafe vollstrecken werde. Im Mai 2024 sei ein Ultimatum Teherans für das Freikaufen ihres Vaters abgelaufen, berichtete sie im Juni. Demnach seien 2,5 Milliarden Dollar gefordert worden. Auf diese Lösegeldforderung an die US-Regierung habe es aber keine Reaktion aus Berlin gegeben.
Die Beteuerung der Bundesregierung, man setze sich „hochrangig“ für ihren Vater ein, kritisierte Gazelle Sharmahd hart. Dies sei lediglich eine Floskel. Sie forderte den Abbruch aller wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen mit dem Regime im Iran.
Die Tochter berichtete von seltenen Gesprächen mit dem inhaftierten Vater. Es sei offensichtlich, dass er gefoltert worden sei. Man habe ihm die Zähne ausgeschlagen, er werde trotz seiner Parkinson-Erkrankung und Herzproblemen nicht medizinisch versorgt.
Kritik an Bundesregierung nach Hinrichtung Sharmahds
Nach der Vollstreckung des Todesurteils wurde von vielen Seiten Kritik an der Bundesregierung laut. So schrieb die deutsch-iranische Journalistin Gilda Sahebi im Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, Berlin habe das jahrelange Martyrium und den Tod Sharmahds zugelassen. Deutschland lasse sich so zum „Spielball“ des Mullah-Regimes machen.
Die Journalistin Düzen Tekkal übte ebenfalls Kritik: Die Bundesregierung habe „darin versagt, die Freiheit für den deutschen Staatsbürger zu erwirken“, so die Gründerin des Vereins „HÁWAR.help“. Der Aktivist Tobias Huch schrieb bei X, das Auswärtige Amt und die Bundesregierung hätten die Hinrichtung Sharmahds nicht verhindert.
Der CDU-Politiker Norbert Röttgen erklärte, dass die deutsche „Iranpolitik auf einem weiteren Gebiet gescheitert“ sei. CDU-Chef Friedrich Merz schrieb von einem „scheußliches Verbrechen“ und rief die Bundesregierung zu einer „entschlossenen Antwort“ auf. Die Sanktionen müssten verschärft werden.
Der ehemalige Grünen-Chef Omid Nouripour, der iranische Wurzel hat, drückte bei X auf Persisch der Familie von Djamshid Sharmahd sein Beileid aus. „Verfluche das System, das die freie Stimme einer Person mehr fürchtet als die Unterdrückung aller Menschen“, schrieb er.
Die heftigsten Vorwürfe kamen am Montag von Mariam Claren. Sie ist die Tochter der ebenfalls im Iran inhaftierten Kölnerin Nahid Taghavi. Sie schrieb bei X, der „staatliche Mord“ an Sharmahd hätte verhindert werden können, wenn die Bundesregierung „wirklich gewollt“ hätte. Es klebe Blut an den Händen der deutschen Politiker.
Taghavi, deutsche und iranische Staatsbürgerin, saß seit 2020 in Teheran in Haft. Wegen des politisch motivierten Standardvorwurfs, sie sei „Mitglied einer illegalen Gruppe“ und habe Propaganda gegen die Regierung betrieben, wurde sie in einem Scheinprozess zu zehn Jahren Haft verurteilt. Ende September wurde sie vorübergehend mit einer elektronischen Fußfessel freigelassen. (dpa, cme)