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Vorwürfe und Enttäuschung zum Ende der Weltklimakonferenz in Baku

Lesezeit 4 Minuten
Ein Teilnehmer reagiert während der abschließenden Plenarsitzung des UN-Klimagipfels COP29 in Baku, Aserbaidschan. (Symbolbild)

Dier UN-Klimagipfel COP29 in Baku geht nach schwierigen Verhandlungen zu Ende – die Ergebnisse lassen insbesondere ärmere Länder und Klimaaktivisten frustriert zurück.

Die Weltklimakonferenz in Baku geht zu Ende. Das Resultat ist ein Deal, der viele unglücklich stimmt und den Klimaschutz nicht voranbringt.

Die einen sprechen von einer neuen Ära, die anderen von Betrug und einem schlechten Witz: Die Weltklimakonferenz COP29 in Aserbaidschan hat sich nach erbittertem Streit auf ein neues Finanzziel für Klimahilfen geeinigt. Beim Klimaschutz gelang dagegen kein Fortschritt – trotz zweiwöchiger Beratungen und nochmals 32 Stunden Verlängerung.

Klimagipfel beschließt Billionensumme für ärmere Länder

Insgesamt sollen bis 2035 jährlich mindestens 1,3 Billionen US-Dollar an ärmere Länder fließen, davon 300 Milliarden vorrangig aus den Industriestaaten. Mit dem Geld sollen Entwicklungsländer mehr Klimaschutz bezahlen können und sich an die fatalen Folgen der Erderwärmung anpassen können – etwa häufigere Dürren, Stürme und Überschwemmungen, die Millionen Menschen leiden lassen und teilweise auch zur Flucht ins Ausland zwingen.

Bisher mobilisieren die klassischen Industriestaaten jährlich gut 100 Milliarden US-Dollar an Klimahilfen. Doch inzwischen liegt der Bedarf an externer Hilfe laut einer unabhängigen UN-Expertengruppe bei rund einer Billion US-Dollar pro Jahr bis 2030 – und sogar 1,3 Billionen bis 2035. Letztlich gelang ein Kompromiss wohl auch deshalb, weil offen bleibt, wie die Billionensumme konkret aufgebracht werden soll – das wird nun Aufgabe der nächsten Klimakonferenz in Brasilien.

Zwischen Empörung und Lob: Reaktionen auf Beschluss fallen unterschiedlich aus

Kurz nach dem Hammerschlag des aserbaidschanischen Gastgebers wurde deutlich, dass viele Länder nur mit Zähneknirschen zugestimmt hatten, um wenigstens nicht ganz ohne Kompromiss auseinanderzugehen: Die Vertreterin Nigerias bezeichnete die 300 Milliarden als „Witz“ und „Beleidigung“. Auch Indiens Vertreterin protestierte, man könne absolut nicht einverstanden sein, weil die Zusagen viel zu gering seien. Ein Vertreter Boliviens beklagte, die Entwicklungsstaaten würden mit ihrem Leid in der Klimakrise alleingelassen. Es breche eine Ära an, in der jeder nur seine eigene Haut retten wolle. De facto hat die Kritik aber keine Auswirkungen mehr, der Beschluss gilt.

Delegierte applaudieren bei der Einigung auf das Abkommen auf dem UN-Klimagipfel COP29 in Baku, Aserbaidschan.

Zwischenzeitlich stand in Baku auch ein Scheitern im Raum. Schlussendlich einigten sich die 200 Staaten auf ein Finanzziel, dessen Aufbringung teilweise ungeklärt bleibt.

Außenministerin Annalena Baerbock lobte die Beschlüsse in Baku dennoch als wichtiges Signal in einer schwierigen geopolitischen Lage. Nun seien aber alle Wirtschaftsnationen der Welt gefragt, um „eine halbwegs verlässliche Lebensversicherung für die Ärmsten“ auf die Beine zu stellen. „Das kann Europa nicht alleine leisten“, sagte sie – auch mit Blick auf China und die reichen Golfstaaten, die viel mit Öl, Gas und Kohle verdient haben. Noch gelten diese Staaten, wie etwa auch Indien und Südkorea, nach einer 30 Jahre alten UN-Einstufung aber als Entwicklungsstaaten – und damit als Empfängerländer.

UN-Chef Guterres auf der Bühne der Weltklimakonferenz in Baku.

UN-Chef Guterres fand mahnende Worte: „Zusagen müssen schnell zu Bargeld werden.“

UN-Generalsekretär António Guterres erwartet, dass die rund 200 Staaten ihr Versprechen nun „vollständig und fristgerecht“ einlösen. „Zusagen müssen schnell zu Bargeld werden!“

Saudi-Arabien stand beim Weltklimakonferenz auf der Bremse

Feierte die Welt vor nicht einmal einem Jahr in Dubai die gemeinsame Abkehr von Kohle, Öl und Gas als historisch, gelingt es knapp ein Jahr später nicht einmal mehr, diese Formulierung zu wiederholen. Insbesondere Saudi-Arabien stemmte sich Verhandlern zufolge vehement dagegen. Letztlich wurden Formulierungen so weit abgeschwächt, dass nicht mehr alle zustimmen wollten. Die angepeilten Beschlüsse zum Klimaschutz wurde nach Widerstand im Plenum in letzter Minute ins kommende Jahr vertagt.

Die Außenministerin Annalena Baerbock auf der Bühne der Weltklimakonferenz.

Die Außenministerin versprach: Deutschland werde „liefern“.

Zwischenzeitlich stand in Baku auch ein Scheitern im Raum: Annalena Baerbock und viele andere kritisierten die chaotische Führung Aserbaidschans. Die Organisatoren aus dem Petrostaat, dessen Exporterlöse zu 90 Prozent aus Öl und Gas kommen, lobten sich hingegen selbst: Trotz „geopolitischem Gegenwind“ habe man sich durchweg alle Mühe gegeben, „ein ehrlicher Makler“ für alle Seiten zu sein.

Klimaforscher: Emissionen trotz Klimakonferenzen „explodiert“

War die Konferenz zum Scheitern verurteilt? Prominente Stimmen stellen mittlerweile den ganzen Prozess der jährlichen Klimakonferenzen infrage: „Wir haben 28 Konferenzen hinter uns und die Emissionen sind explodiert. Die COP ist ein Spektakel, das dem Klima bisher nichts gebracht hat“, sagte Klimaforscher Mojib Latif der „Rheinischen Post“. Gut sei nur, dass dort die Entwicklungsländer gehört werden und Technologiemessen entstehen.

Die Initiatorin von Fridays for Future und einstige Ikone der Klima-Bewegung, Greta Thunberg, hat keine Hoffnungen mehr in den Prozess: Er baue „auf einem System der Ungerechtigkeit“ auf und opfere aktuelle sowie künftige Generationen zugunsten von Profiten, schrieb sie auf X.

Klimakonferenz in Baku im Schatten von Trumps Wahlsieg

Vor dem Hintergrund des anstehenden Machtwechsels im Weißen Haus gibt es zudem Befürchtungen, dass sich die USA unter Donald Trump –wie schon während dessen erster Amtszeit – praktisch von jeglichen Klimaschutz-Ambitionen verabschieden könnten. Der scheidende Präsident Joe Biden bezeichnete den Beschluss in Baku als „historische“ Errungenschaft und betonte: „Mögen manche auch versuchen, die in den USA und weltweit laufende Revolution sauberer Energien zu leugnen oder zu verzögern, niemand kann sie rückgängig machen - niemand.“

Klimaaktivistin Luisa Neubauer von Fridays for Future nannte den Beschluss beschämend und sagte: „Es wäre mit Blick auf die COP und die Wahl Donald Trumps nun ein Leichtes, den internationalen Klimakampf aufzugeben. Genauso gut könnte man mit Blick auf die Weltlage aber auch sagen: jetzt erst recht.“ (vxr mit dpa/afp)