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Kommentar

Kommentar zur Wärme-Reform
Habecks Heizungs-Gesetz ist wichtig – aber es zu verkaufen, ist schwierig

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Lesezeit 3 Minuten
ARCHIV - 09.03.2022, Hamburg: ILLUSTRATION - Eine Frau dreht an einem Heizungsthermostat.  (zu dpa «Eigentümerverband warnt bei Wärmewende vor finanzieller Überlastung») Foto: Marcus Brandt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Öl- und Gas-Heizungen droht mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz das Aus. Es könnte ein wichtiger Baustein für den Klimaschutz sein, aber betroffen sind dadurch vor allem Bürgerinnen und Bürger, was auch negative Stimmen bringt, kommentiert Andreas Niesmann. (Symbolbild)

Deutschland braucht viele Reformen, um Klimaziele zu erreichen. Aber das ist unpopulär – und das wissen Scholz und Lindner.

Der Streit war gewaltig, die Auswirkungen sind es auch. 23 Jahre nachdem die damalige rot-grüne Koalition mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz den Startschuss für den Ausbau der Ökostrom-Erzeugung gegeben hat, nimmt die Ampel nun mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz die Wärmewende in Angriff.

Es wurde höchste Zeit, denn noch immer decken die Deutschen mehr als 80 Prozent ihre Wärmenachfrage durch die Verbrennung fossiler Energieträger. Jeder zweite der rund 41 Millionen Haushalten heizt mit Erdgas, jeder vierte mit Heizöl. So lange das so ist, kann Deutschland seine Klimaziele niemals erreichen.

Habecks Lösungsvorschlag regelt bis ins Detail

So richtig es ist, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das Problem nun angeht, so schwierig ist das, was er zu dessen Lösung vorlegt: Ein 155-Seitiger Gesetzentwurf, der mit unzähligen Regeln, Ausnahmen, Vorschriften, und Verboten versucht, auf sämtliche Wohn- und Lebensrealitäten der Deutschen Antworten zu geben. Schon angesichts der schieren Größe ist ein solches Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Eine Volkswirtschaft lässt sich niemals mit einem solchen Klein-Klein steuern.

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Ökonomisch weitaus sinnvoller wäre es gewesen, die Bundesregierung hätte auf marktwirtschaftliche Instrumente statt auf das Ordnungsrecht gesetzt. Eine Steuerungen über den Preis für ausgestoßenes CO2 hätte zu deutlich effizienteren Lösungen geführt, als es Habecks Mammut-Gesetz jemals schaffen wird. Und gleichzeitig wären dadurch Einnahmen entstanden, mit denen Härtefälle abgemildert werden könnten.

Klimapolitik nimmt jetzt auch Bürgerinnen und Bürger mehr in die Pflicht

Für eine solche Lösung aber fehlten der Politik der lange Atem und der Mut - was sogar verständlich ist angesichts der Empörungsbereitschaft in Teilen der Bürgerschaft wie der Medien. Beim Klimaschutz geht es nun an das „Eingemachte“. Betraf die Klimapolitik bislang vor allem Unternehmen wie Kraftwerksbetreiber, Stahlkocher oder Chemiehersteller, trifft es nun jede einzelne Bürgerin und jeden einzelnen Bürger.

Der Staat schreibt den Menschen künftig vor, wie sie zu heizen haben und wann das eigene Haus oder die eigenen Wohnung zu sanieren sind. Er greift damit weitaus tiefer und unmittelbarer in die persönliche Freiheit und das Eigentum der Menschen ein, als das vielen vorstellbar schien.

Ist das Energiegebäudegesetz erst der Beginn?

Und schon jetzt ahnt man, dass es mit der Heizung allein nicht getan sein wird. Auto, Reise, Ernährung - es gibt noch viele Bereiche, in denen sich die Deutschen am Klima versündigen. Eine Bundesregierung aber, die all das tun würde, was für konsequenten Klimaschutz nötig wäre, müsste bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten.

Bundeskanzler Olaf Scholz und Verkehrsminister Christian Lindner haben das verstanden und treten deshalb inzwischen auf die Klimabremse - auch wenn sie das öffentlich anders darstellen. Dass Ergebnis ist, dass sich Deutschland klimapolitisch auf einem Mittelweg befindet. Wir tun längst nicht so viel, wie nötig wäre, aber doch weitaus genug, um die finanziellen Folgen schmerzhaft zu spüren.

Man kann das als Kompromiss verkaufen, müsste dann aber so ehrlich sein und zuzugeben, dass die Klimaziele zu ehrgeizig gesteckt worden sind. Dummerweise würde das dem Eingeständnis gleichkommen, dass sich der menschengemachte Klimawandel nicht aufhalten lassen wird. So weit ist die Debatte noch nicht, und das ist auch gut so, denn noch besteht ja zumindest die theoretische Chance, das Schlimmste zu verhindern.

Es lohnt sich, das zumindest zu versuchen. Dass dieser Versuch nicht ohne Wohlstandsverluste bleiben wird, dürfte inzwischen den meisten Menschen dämmern. Es wäre an der Zeit, dass die Politik wenigstens das ehrlich zugibt.