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Kritik an Scholz wird lauter„Kanzleramt lässt die Minister aufeinander los“

Lesezeit 3 Minuten
Strack-Zimmermann dpa 120422

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) 

Köln – Zusammen mit Michael Roth (SPD) und Anton Hofreiter (Grüne) reiste die Vorsitzende des Bundestagsauschusses für Verteidigung, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), am Dienstag in die Ukraine. Die drei Ampel-Politiker wollen mit dem kurzfristigen Besuch ihre Solidarität mit dem Land ausdrücken. Strack-Zimmermann, Roth und Hofreiter gelten als Unterstützer von derzeit diskutierten Lieferungen schwerer Waffen an die Ukraine. In einem Interview mit „Welt“ unterstrich Strack-Zimmermann ihre Haltung nun ausdrücklich und übte Kritik an Kanzler Olaf Scholz.

„Angesichts der Brutalität dieses Krieges, der nun bereits seit sechs Wochen tobt, gibt es heute nur eine Antwort, die Russland versteht: Weiter in Gesprächen zu versuchen, den Krieg zu beenden – aber sichtbar mit der Hand am Colt“, erklärte Strack-Zimmermann. „Das bedeutet, Deutschland muss der Ukraine auch schwere Waffen liefern.“

Strack-Zimmermann übt Kritik an Kanzler Scholz

Allerdings müsse man dabei aufpassen, die Bundeswehr nicht „wehrlos zu machen“, führte die 64-Jährige aus. Zudem sollte man sich nicht „vor den Karren der Industrie spannen lassen, die jetzt manches Material, was bereits lange abgeschrieben auf dem Hof steht, noch vertreiben will.“ Strack-Zimmermann dürfte damit auf Angebote der Firma Rheinmetall anspielen, die der Ukraine die Lieferung alter Leopard-1-Panzer in Aussicht gestellt hatte.

Dass die deutschen Waffenlieferungen seit Kriegsbeginn nur zögerlich ins Rollen gekommen sind, erklärte Strack-Zimmermann unterdessen mit der mangelnden Führung seitens des Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD). „Das Kanzleramt lässt derzeit die Ministerinnen Lambrecht, Baerbock und Minister Habeck gewissermaßen aufeinander los“, sagte die FDP-Politikerin. Die Häuser würden sich manches Mal „das Schwarze unterm Nagel“ nicht gönnen oder aber bei „unangenehmen Themen lieber aus dem Licht in den Schatten treten“.

„Das macht er derzeit nicht“

Scholz habe das Thema jedoch zur Chefsache gemacht und müsse „jetzt nicht nur den Mund spitzen, sondern auch pfeifen“, so Strack-Zimmermann. Rücksicht auf die Befindlichkeiten mancher SPD-Politiker zu nehmen, deren Russlandbild „brutal zusammengebrochen“ sei, hält die FDP-Politikerin nicht für angemessen. „Der Kanzler hat die Richtlinienkompetenz, die muss er nutzen, natürlich unter Einbeziehung des kundigen militärischen Ratschlags. Das macht er derzeit nicht.“

Mit der Unterstützung für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ist Strack-Zimmermann nicht allein. Auch der ebenfalls in die Ukraine gereiste SPD-Abgeordnete Michael Roth positionierte sich dementsprechend. Roth betonte dabei, die Ukraine müsse in der Lage sein, Gebiete zurückzuerobern. Nur so könne sie aus einer „Position der Stärke“ mit Russland verhandeln.

Baerbocks Forderung sei „sicherlich richtig“, sagte Roth im Deutschlandfunk. Die Ukraine müsse von der russischen Armee besetze Gebiete „befreien“ können. Dies sei „die einzige Chance, um überhaupt zu einer Verhandlungslösung zu kommen.“ Außenministerin Annalena Baerbock hatte sich zuvor bereits für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ausgesprochen. Es gebe „keine Zeit für Ausreden“, hieß es bei Baerbock.

SPD-Politiker sprechen sich für Waffenlieferungen aus

Auch der frühere Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, hat die Regierung aufgefordert, die Lieferung von schweren Waffen „so schnell wie möglich“ zu ermöglichen. Die Ausbildung an den Panzern könne in Deutschland oder Polen erfolgen, sagte der SPD-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Bartels hielt auch die Lieferung von Panzerhaubitzen oder modernen Luftabwehrsystemen binnen weniger Wochen für machbar. Der ehemalige militärpolitische Berater von Altkanzlerin Angela Merkel, Brigadegeneral a.D. Erich Vad, hat sich unterdessen gegen die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine ausgesprochen.

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Scholz hatte sich am Montag nach Baerbocks Forderung erneut nur zurückhaltend geäußert. Deutschland habe der Regierung in Kiew schon Waffen geliefert und werde das auch weiter tun, sagte der SPD-Politiker am Montagabend in Berlin. Darüber hinaus werde man sich in der Europäischen Union weiter absprechen. „Da wird es keine Alleingänge geben.“ Er strebe ein „sorgfältig abgewogenes Handeln“ an. (mit dpa)