Nach dem Absturz der DHL-Maschine in Litauen laufen die Ermittlungen – und Bundeswehr-Chef Breuer hat einen Verdacht.
Video zeigt Feuerball nahe VilniusBundeswehr-General äußert brisante Vermutung zu DHL-Absturz in Litauen
Der Generalinspekteur der Bundeswehr Carsten Breuer hält es für möglich, dass der Absturz des DHL-Frachtflugzeugs in Litauen eine Art Test Russlands gewesen sein könnte, um Schwachstellen zu erkunden.„Wir haben schon im Sommer dieses Jahres eine ähnliche Situation erlebt und jetzt ist dort etwas passiert, was in dieses Muster mit hinein passt“, sagte Breuer in der ARD-Talksendung „Maischberger“.
Kremlchef Wladimir Putin betrachte den Krieg als einen „Krieg gegen das westliche System“, führte der Bundeswehr-Chef aus. „Es geht nicht um die Ukraine, es geht nicht um Russland, es geht um den Westen“, sagte Breuer. Der Kremlchef wolle das Gesellschaftssystem des Westens „diskreditieren“ und so verhindern, dass es „nach Russland überschwappt“.
Generalinspekteur Carsten Breuer sieht „Muster“ bei DHL-Absturz
Aus Sicht des Generalinspekteurs hat Putin dafür einen hybriden Zustand erzeugt. „Ein Zustand, der nicht mehr ganz Frieden, aber auch noch nicht ganz Krieg ist und in dieser Grauzone sich hin und her bewegt. Dazu gehört, dass man austestet, wie weit man gehen kann“, erklärte Breuer.
Tatsächlich hatte es im Sommer gleich mehrfach entsprechende Verdachtsmomente in Deutschland gegeben. So wurde etwa die Bundeswehr-Kaserne in Köln-Wahn kurzzeitig abgesperrt, nachdem es dort zu auffälligen Wasserwerten gekommen war. Der Staatsschutz leitete Ermittlungen wegen Sabotage ein.
Ein Vorfall bei DHL im Sommer nährt den Sabotage-Verdacht
Brisanter im Zusammenhang mit dem Absturz der DHL-Maschine erscheint jedoch ein Vorfall aus Leipzig. Dort war es im Logistikzentrum des Unternehmens im Juli zu einem Brand gekommen – ausgelöst durch einen Brandsatz in einem Luftfrachtpaket. Das nun abgestürzte Flugzeug war in Leipzig gestartet.
Aufgrund ähnlicher Fälle in Großbritannien und Polen kam der Verdacht auf, alles könnte miteinander zusammenhängen und möglicherweise auf das Konto russischer Geheimdienste gehen. In Litauen, wo die Maschine nun abgestürzt ist, hatte es damals eine Festnahme gegeben. Unklar blieb jedoch nach wie vor, ob sich die Vermutung erhärten lässt, dahinter könnte eine Sabotageoperation russischer Geheimdienste stecken.
Steckt Russlands Geheimdienst hinter dem DHL-Absturz?
Mit seinem nun geäußerten Verdacht ist Generalinspekteur Breuer vor diesem Hintergrund nicht allein. Dass Russland im Rahmen seiner hybriden Kriegsführung auch auf Sabotage-Aktionen in Deutschland setzt, halten auch Experten wie Thomas Jäger, Politikwissenschaftler an der Universität zu Köln, für absolut denkbar. Derartige Attacken „liegen im Interesse Russlands“, erklärte Jäger im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Nach dem Absturz der DHL-Maschine in Litauen erhoffen sich die Ermittler nun wichtige Erkenntnisse vom Auswerten der Flugschreiber. Sowohl der Flugdatenschreiber als auch der Stimmenrekorder wurden aus dem Wrack der Swift-Air-Maschine geborgen, die im Auftrag von DHL von Leipzig nach Vilnius unterwegs war. Die beiden Geräte könnten Aufschluss über den Grund für den Absturz geben, der trotz Fortschritten bei den Ermittlungen weiter unklar ist.
Video zeigt Absturz von DHL-Maschine nahe Vilnius
Das Flugzeug war am frühen Montagmorgen kurz vor der geplanten Landung in der Nähe des Flughafens Vilnius in ein Wohngebiet gestürzt und am Boden zerschellt. Eines der vier Besatzungsmitglieder kam ums Leben, drei weitere – darunter ein Deutscher – werden im Krankenhaus behandelt. Anwohner wurden nicht verletzt.
Die litauischen Behörden haben nach dem Absturz umfassende Ermittlungen eingeleitet. Polizeichef Arunas Paulauskas geht davon aus, dass die Untersuchung der abgesperrten Absturzstelle in wenigen Tagen beendet sein könnte. Mit den Flugschreibern haben die Ermittler bei ihrer Suche in dem großen Trümmerfeld ein wichtiges und möglicherweise entscheidendes Puzzlestück gefunden. Der Flugdatenschreiber zeichnet die Flugdaten auf, der Stimmenrekorder die Gespräche im Cockpit.
Absturz in Vilnius: Flugschreiber gefunden – Ermittlungen laufen
Die Auswertung der Daten werde etwa einen Monat dauern, berichtete der „Spiegel“ unter Berufung auf einen Sprecher des litauischen Justizministeriums. Demnach könnten die Flugschreiber womöglich in Deutschland untersucht werden. Deutsche Ermittler beteiligen sich schon vor Ort an der Suche nach der Absturzursache. Auch aus Spanien und den USA sollten Experten in Litauen eintreffen.
Nach Angaben von Außenminister Gabrielius Landsbergis werden weiter sämtliche denkbaren Ursachen untersucht. „Wir prüfen alle möglichen Optionen. Bisher wurde keine Option ausgeschlossen“, sagte er. Auch seine deutsche Kollegin Annalena Baerbock hatte betont, die Behörden beider Länder ermittelten derzeit „in alle Richtungen“. Neben einem technischen Unglück hielt sie auch einen absichtlich herbeigeführten Absturz für möglich. (mit dpa)