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„Als würde er ihn auslachen“Europa schimpft, Moskau feixt – Kanzler nach Putins „wahrer Antwort“ im Kreuzfeuer

Lesezeit 5 Minuten
Olaf Scholz im Bundestag. Nach einem Telefonat zwischen Scholz und Wladimir Putin wird international Kritik am Kanzler laut. (Archivbild)

Olaf Scholz im Bundestag. Nach einem Telefonat zwischen Scholz und Wladimir Putin wird international Kritik am Kanzler laut. (Archivbild)

Auf das Telefonat mit Putin folgt ein massiver Angriff. Kiew ist sauer, aus Polen und dem Baltikum kommt Kritik. Um Olaf Scholz wird es langsam einsam.

Nach dem Telefonat zwischen Olaf Scholz (SPD) und Kremlchef Wladimir Putin wird international Kritik am Bundeskanzler laut. Scholz hatte am vergangenen Freitag erstmals seit zwei Jahren wieder mit dem russischen Präsidenten telefoniert. Aus der Ukraine kam umgehend scharfer Gegenwind. Scholz habe mit dem Telefonat die „Büchse der Pandora“ geöffnet, erklärte Präsident Wolodymyr Selenskyj. Für Moskau sei ein solches Vorgehen ein „Zeichen der Schwäche“, das Putin dafür diene, um seine internationale Isolation zu überwinden.

Scholz verteidigte derweil sein Vorgehen am Sonntag, das Gespräch mit Putin sei „wichtig“ gewesen, erklärte der Kanzler, räumte jedoch ein, dass es in Moskau keinerlei Kurswechsel gegeben habe. Kurz nach dem Gespräch hatte der Kreml auf die Maximalforderungen verwiesen, die Putin im Sommer aufgestellt hatte. Diese kommen einer Kapitulation der Ukraine gleich.

„Niemand wird Putin mit Telefonanrufen aufhalten können“

Kritik an Scholz kam nicht nur aus der Ukraine, sondern aus ganz Europa. Noch schärfer wurde der Ton in Richtung des Kanzlers schließlich, nachdem Russland die Ukraine am Wochenende und somit kurz nach dem Gespräch mit Scholz mit einem der schlimmsten Raketenangriffe seit Kriegsbeginn überzogen hatte.

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„Niemand wird Putin mit Telefonanrufen aufhalten können“, erklärte Polens Premierminister Donald Tusk mit ungewöhnlich deutlichen Worten. „Der Anschlag letzte Nacht, einer der schwersten in diesem Krieg, hat bewiesen, dass Telefondiplomatie die echte Unterstützung des gesamten Westens für die Ukraine nicht ersetzen kann“, führte Tusk auf der Plattform X aus. „Die nächsten Wochen werden entscheidend sein, nicht nur für den Krieg selbst, sondern auch für unsere Zukunft“, hieß es aus Warschau.

Kritik an Scholz aus dem Baltikum: „Unglaublich kurzsichtig“

Auch im Baltikum wurde Kritik an Scholz laut. „Jedes Mal, wenn Russland die Schwäche eines anderen spürt, greift es an“, erklärte der lettische Europa-Abgeordnete Martins Stakis. Das sei nach Viktor Orbáns Besuch in Moskau im Juli der Fall gewesen und nun nach Scholz‘ Anruf erneut, führte der ehemalige Bürgermeister von Riga aus. Putin verstehe nur die „Sprache der Stärke“, so Stakis bei X, der sich diese Ansicht mit seinem Kollegen Rihards Kols teilt.

Der Anruf von Scholz in Moskau habe Putin „in die Hände gespielt“, schrieb Kols, ebenfalls lettischer Europa-Politiker. „Wahre Führung in Europa erfordert Stärke, Entschlossenheit und die Verpflichtung, Aggressoren zu isolieren, und keine verzweifelten Gesten, die unsere gemeinsame Haltung schwächen“, sparte Kols nicht mit Kritik am Kanzler. Scholz habe „unglaublich kurzsichtig“ gehandelt.

Scharfe Kritik aus England: „Es ist, als würde Putin ihn auslachen“

„Möge der Anruf des Bundeskanzlers der letzte Atemzug der gescheiterten Strategie sein, Land gegen ‚Frieden‘ mit einem völkermordenden Diktator zu tauschen“, schrieb derweil der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis bei X. „Wahrer Frieden“ könne nur durch „Stärke“ erreicht werden, kamen auch aus Vilnius deutliche Worte in Richtung Kanzleramt.

Der ehemalige britische Verteidigungsminister Ben Wallace sparte ebenfalls nicht mit scharfen Worten in Richtung von Scholz. „Es ist, als würde Putin ihn auslachen“, schrieb Wallace bei X.

Keir Starmer hat „nicht die Absicht, mit Putin zu sprechen“

„Er hat den deutschen Regierungschef genau dahin manipuliert, wo er ihn haben will – kein Taurus, aber jede Menge Demütigung.“ Scholz sei wahrscheinlich besser geeignet, den „Vorsitz eines Unterausschusses in einem Gemeinderat zu übernehmen“ als eine Regierung zu führen, so Wallace.

Keir Starmer, amtierender britischer Premierminister, setzte indes auf sanftere Töne und forderte am Sonntag eine „Verdoppelung der Anstrengungen“ für die Ukraine statt Gespräche mit dem Kremlchef. „Es liegt an Kanzler Scholz, zu entscheiden, mit wem er spricht“, lautete Starmers knapper Kommentar. „Ich habe nicht die Absicht, mit Putin zu sprechen.“

Ukraine fordert: „Frieden durch Stärke, nicht Appeasement“

Emmanuel Macron sprang Scholz ebenfalls nicht zur Seite. Er habe derzeit nicht vor, Putin anzurufen, erklärte der französische Präsident. Das sei nicht zielführend, da „Putin keinen Frieden will“ und nicht verhandlungsbereit sei, sagte Macron. Dennoch stehe es aber natürlich jedem Regierungschef „völlig frei, Initiativen zu unternehmen“.

Nach der massiven russischen Angriffswelle, die auf das Telefonat zwischen Scholz und Putin gefolgt war, gab es schließlich auch aus Kiew noch einmal neue Kritik am Kanzler. „Das ist die wahre Antwort des Kriegsverbrechers Putin auf all jene, die ihn kürzlich angerufen und besucht haben“, erklärte der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha. „Wir brauchen Frieden durch Stärke, nicht durch Appeasement.“

Ein „Zeichen der Stärke“ aus Washington: Grünes Licht für Kiew

Ein Zeichen der Stärke, wie Kiew es sich erhofft, gab es dann am Sonntagabend aus Washington. US-Präsident Joe Biden gab nach langem Zögern grünes Licht für Angriffe mit westlichen Raketen auf Ziele in Russland.

Für derartige Attacken hofft die Ukraine nach wie vor auch auf die Lieferung des deutschen Taurus-Marschflugkörpers. Bundeskanzler Scholz lehnt das jedoch kategorisch ab. Auch gegen die Erlaubnis für Raketenangriffe tief in Russland hatte Scholz sich vehement gesperrt. Nun wird es nicht nur international einsam um den Kanzler und seine Ukraine-Politik.

Es wird einsam um Scholz: Nur BSW und AfD für Taurus-Nein

In Deutschland hatte CDU-Chef Friedrich Merz kürzlich erst erklärt, dass er Taurus an die Ukraine liefern würde, sollte Russland zuvor nicht innerhalb einer Frist die Angriffe auf zivile Ziele eingestellt haben. Auch bei der FDP signalisierte man stets Offenheit für eine Lieferung des deutschen Marschflugkörpers. Am Sonntag sprach dann auch noch Robert Habeck Klartext, nachdem er beim einzigen nach dem Ampel-Aus verbliebenen Koalitionspartner der SPD zum Kanzlerkandidaten gekürt worden war.

Das Nein zu einer Taurus-Lieferung würde er als Kanzler revidieren, erklärte Habeck: „Die Antwort auf diese Frage ist: Ja“, sagte der Grünen-Politiker dem ARD-Hauptstadtstudio. Nein zu Taurus sagen außer Scholz im Bundestag nun nur noch das Bündnis Sahra Wagenknecht und die AfD.

Eine Erinnerung vom russischen Bären für Olaf Scholz

Die Töne aus Moskau deuten derweil darauf hin, dass die Kanzler-Kritiker recht behalten könnten. „Die Bären mussten die Gegner wieder daran erinnern, wer in der Höhle das Sagen hat“, hieß es in einer Kolumne der „Moskowski Komsomolez“, der zweitgrößten Zeitung des Landes, mit Blick auf den Anruf des Kanzlers bei Putin.

„Zum besseren Verständnis haben russische Raketen die Ukraine erneut ausgeschaltet“, feixte der Moskauer Kolumnist. Es scheint, als wäre Scholz in die Falle des russischen Bären getappt.