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„Baustelle des Jahrhunderts“Pariser Kathedrale Notre-Dame wird wiedereröffnet

Lesezeit 4 Minuten
Nach dem Brand vor fünf Jahren steht die bekannte Kathedrale Notre-Dame de Paris noch in Gerüsten. In drei Wochen soll sie wiedereröffnet werden.

Nach dem Brand vor fünf Jahren steht die bekannte Kathedrale Notre-Dame de Paris noch in Gerüsten. In drei Wochen soll sie wiedereröffnet werden.

Der Wiederaufbau der vor fünf Jahren bei einem Brand schwer beschädigten Pariser Kathedrale Notre-Dame grenzt an ein Wunder. Das werden am Tag der Wiedereröffnung in rund drei Wochen vermutlich auch viele denken, die sonst mit Religion und Kirchengebäuden nicht viel anfangen können. Nur einen Tag nach dem verheerenden Feuer hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron damals versprochen, die Kathedrale solle innerhalb von fünf Jahren wieder aufgebaut werden, und zwar „schöner als vorher“.

Manche hielten es für vermessen, so leichthin über ein Meisterwerk der Gotik zu sprechen, dessen Dachstuhl gerade komplett abgebrannt war und dessen herabgestürzter Spitzturm ein gewaltiges Loch in die Kuppel über der Vierung gerissen hatte.

Internationales Publikum bei den Feierlichkeiten zur Wiederöffnung erwartet

Es mag Größenwahn oder politischer Instinkt gewesen sein - Macron behielt recht. Am 7. Dezember, fünf Jahre und knapp acht Monate nach dem Brand, soll die Kathedrale feierlich wiedereröffnet werden. Macron will dazu in Anwesenheit zahlreicher Staats- und Regierungschefs eine Ansprache auf dem Vorplatz der Kathedrale halten. Am folgenden Tag feiert Erzbischof Laurent Ulrich eine erste feierliche Messe, bei der auch der neue Altar geweiht wird.

„Was für eine Freude, dass wir den Mittelpunkt unseres kirchlichen Lebens wiederfinden“, sagte der Erzbischof, der sich am Mittwoch auch bei den 340.000 Spendern bedankte. Dass die Renovierung geschafft ist und auf der „Baustelle des Jahrhunderts“ auch noch der Zeitplan eingehalten wurde, ist vor allem der beispiellosen Spendenbereitschaft zu verdanken, die die dramatischen Bilder der brennenden Kirche am 15. April 2019 ausgelöst hatten.

150 Millionen Euro Spenden sind noch übrig

Wer Notre-Dame vor dem Brand besucht hat, wird das Bauwerk kaum wiedererkennen: Die Wände sind von jahrhundertealtem Ruß und Dreck befreit. Durch die gereinigten Fenster wird mehr Licht fallen denn je und die frischen Farben und das Blattgold der Wandmalereien zum Strahlen bringen. Auch die 2300 Statuen und 8000 Orgelpfeifen sind frisch geputzt.

Am 15. April 2019 brach der Kathedrale Notre-Dame de Paris ein Feuer aus, das Teile der Pariser Sehenswürdigkeit zerstörte. (Archivbild)

Am 15. April 2019 brach in der Kathedrale Notre-Dame de Paris ein Feuer aus, das Teile der Pariser Sehenswürdigkeit zerstörte. (Archivbild)

Gut 840 Millionen Euro an Spenden kamen zusammen, so viel, dass noch knapp 150 Millionen übrig blieben, die für die ohnehin anstehende Restaurierung der Apsis und der Strebepfeiler verwendet werden. Diese Arbeiten werden nach der Wiedereröffnung fortgesetzt und sollen etwa drei Jahre dauern.

Wiederaufbau lag in Macrons Verantwortung

Es zählt zu den Besonderheiten Frankreichs, dass Staat und Religion dort strenger getrennt sind als anderswo - zugleich aber auch enger verbunden, weil der Staat Eigentümer aller Kirchen und Klöster ist, die vor 1905 gebaut wurden. Damals wurde das Gesetz über die Laizität verabschiedet.

Demnach gehört auch Notre-Dame dem Staat, was erklärt, warum Macron als oberster Bauherr auftrat. Die Leitung des Wiederaufbaus vertraute er zunächst dem ehemaligen Generalstabschef der französischen Streitkräfte, Jean-Louis Georgelin, an, dem er sogar ein Büro im Elysée-Palast zur Verfügung stellte. Der General wird die Wiedereröffnung nicht mehr erleben, er kam 2023 beim Bergsteigen ums Leben.

Notre-Dame erhält dank Macron neue Fenster

Macron hätte Notre-Dame allzu gerne seinen Stempel aufgedrückt, etwa durch einen Spitzturm eines zeitgenössischen Architekten. Dies hätte ihn in eine Reihe gestellt mit seinen Vorgängern François Mitterrand, der die neue französische Nationalbibliothek errichten ließ, oder mit Jacques Chirac, der Paris ein Museum für außereuropäische Kunst hinterließ.

Die letzten Arbeiten an der Kathedrale Notre-Dame de Paris werden fertiggestellt. Am 7. Dezember soll die bekannte Sehenswürdigkeiten feierlich wiedereröffnet werden. (Archivbild)

Die letzten Arbeiten an der Kathedrale Notre-Dame de Paris werden fertiggestellt. Am 7. Dezember soll die bekannte Sehenswürdigkeiten feierlich wiedereröffnet werden. (Archivbild)

Die Charta von Venedig, die festlegt, dass ein historisches Bauwerk nach einem Unglück originalgetreu wieder aufgebaut werden soll, verhinderte dies. Aber Macron setzte zumindest durch, dass ein Teil der - inzwischen gereinigten und wieder eingebauten - Fenster aus dem 19. Jahrhundert durch Werke zeitgenössischer Künstler ersetzt wird. Wer sie gestalten darf, soll erst nach der Wiedereröffnung bekannt gegeben werden.

Eintritt in Notre-Dame bleibt kostenlos

Dies war nur eine der Debatten über Notre-Dame, die die Gemüter bewegte. Kürzlich brachte Kulturministerin Rachida Dati die katholische Kirche in Frankreich gegen sich auf, als sie vorschlug, dass Besucher des Gotteshauses künftig Eintritt zahlen sollten. Mit einer Gebühr von fünf Euro könnten jährlich 75 Millionen Euro für die Restaurierung anderer Kirchen eingenommen werden, rechnete die Ministerin vor.

Die Diözese hielt ihr entgegen, dass es zur Mission der Kirche zähle, „jede und jeden bedingungslos willkommen zu heißen“. Bisher sei in Notre-Dame nicht zwischen Pilgern und Touristen unterschieden worden. Erzbischof Ulrich bekräftigte, dass Notre-Dame „alle mit offenen Armen“ empfangen wolle.

Neu ist allerdings, dass Besucher sich künftig online für ein bestimmtes Zeitfenster anmelden sollen. Eine neue App, die dies ermöglicht und zudem zahlreiche Infos über die Kathedrale vermittelt, soll ab Anfang Dezember an den Start gehen.

Die Eröffnungsfeierlichkeiten werden sich bis Pfingsten am 8. Juni hinziehen - mit mehreren Messen täglich, zahlreichen Pilgergruppen und Konzerten. Dabei wird auch der Chor der Bauleute auftreten, zu dem sich mehr als 80 Menschen zusammengefunden haben: Sie haben in den vergangenen fünf Jahren für die Renovierung der Kathedrale gearbeitet und wollen ihr Werk auf diese Weise feierlich beschließen. (afp)