Als Pater Benedikt leitet Michael Enders den neuen Konvent, das ist eine Ordensgemeinschaft ohne Kloster. Der Auftrag dazu kam aus Schottland.
BenediktinerkonventIn Bergneustadt hat sich eine neue Glaubensgemeinschaft gegründet
Sein Glaube ist weder katholisch, noch evangelisch. Er ist beides. „Wir sind sozusagen der Mittelweg“, sagt Michael Enders. Gerade ist er als Pater Benedikt zum ersten Generaloberen des anglikanisch geprägten Benediktinerkonvents St. Michael berufen worden, einer Ordensgemeinschaft ohne Kloster. Dieser Konvent hat sich Ende August in Bergneustadt gegründet – mit dem Auftrag, eine karitative, soziale und eben kirchliche Gemeinschaft im anglikanischen Sinne zu stiften, aber eben keine feste Gemeinde.
2014 ist Enders zum anglikanischen Glauben konvertiert – zur Lehre einer Hauptkirche im Königreich Großbritannien, wenn man so will. Deren Ursprung geht auf das Zerwürfnis zwischen König Heinrich VIII. (1491–1547) und Papst Clemens VII. (1478–1534) zurück, das ab 1535 zur Abspaltung Englands vom römischen Katholizismus führt. Maßgeblich für den neuen Konvent sind die Lehre Benedikts von Nursia (um 480–547) und seine Regeln für das Klosterleben in der Abtei Montecassino (bei Ancona). So weit, in aller Kürze, die Historie.
Michael Enders ist 60 Jahre alt, der Bergneustädter arbeitet ehrenamtlich, aber in Vollzeit als Vorsitzender der Leukämie- und Lymphom-Hilfe in Nordrhein-Westfalen, das ist ein Selbsthilfeverband und eine Dachorganisation für 22 Gruppen insgesamt. „Bis zum Jahr 2014 war ich evangelisch“, sagt er. Doch dann habe er die anglikanische Kirche kennen gelernt. „Die Auslegung der Bibel, die Liturgie, die freie Gestaltung des Glaubens, all das hat mich sehr angesprochen.“ Der anglikanische Glaube bedeute viel Ökumene, er sei sehr fortschrittlich, immer weltoffen, stets weltlich orientiert.
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Enders beginnt ein Studium, 2020 erhält er die erste Weihe, er ist Prädikant. 2022 wird er Diakon, danach erhält er die Weihe zum Priester. Jetzt ist er also Generaloberer, Leiter des neuen Ordens. Von Ehefrau Susanne muss er sich aber nicht trennen: Die anglikanische Kirche kennt kein Zölibat, die heute 69-jährige Enders konvertiert, etwas später, ebenfalls. Nun ist sie in der Verwaltung der Ordensgemeinschaft tätig.
Die anglikanische Kirche kennt kein Zölibat, auch Michael Enders' Frau Susanne arbeitet mit
„Wer als Geistlicher alleine bleiben möchte, kann natürlich auch das machen“, betont Michael Enders. „Einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt es in der anglikanischen Kirche aber nicht – es gibt Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen.“ Und das habe ihm von Anfang an gefallen, „denn das ist gut so, wie ist“, betont der Bergneustädter und erzählt von einem Gottesdienst in der sächsischen Kleinstadt Trepsen (bei Leipzig), den er mit einer Kollegin aus Schottland zelebriert hat: „Es kamen mehr als 11.000 Gläubige.“
Überhaupt sei die anglikanische Kirche eine Kirche der Kooperation – mit der katholischen Kirche ebenso wie mit der evangelischen. „In Oberberg feiern wir unsere Gottesdienste zurzeit vor allem in der Bergneustädter Altstadtkirche, bald vielleicht auch in Eckenhagen“, sagt Enders. „Ansonsten erleben wir Gemeinschaft oft via Zoom.“ Orte der Präsenz seien zudem die Trappisten-Abtei Mariawald in Heimbach (bei Düren) und die Abtei Königsmünster in Meschede.
Der Bergneustädter Pater Benedikt kann sich auch eine eigene Kirche für Oberberg vorstellen
Eigene Kirchen gebe es in der Nähe nur in Köln, Bonn und Düsseldorf – Garnisonsstädte, auf deren Gebiet die britischen und amerikanischen Streitkräfte nach dem Zweiten Weltkrieg stationiert waren und Soldaten ihren Glauben praktizierten. Doch kann sich Enders vorstellen, eine Kirche in Oberberg einzurichten: „Hängt davon ab, wie sich hier alles entwickelt.“ Die Zahl der Menschen anglikanischen Glaubens im Oberbergischen Kreis schätzt er auf 60 bis 70, jüngst haben sich drei neue Postulanten (Anwärter) gefunden, sie haben das Noviziat und die Profess, das vielleicht ewige Ordensgelübde, vor sich.
Der Auftrag, den Bergneustädter Konvent St. Michael zu gründen, stammt von Torquhil Ian Campbell aus Schottland, dem 13. Herzog von Argyll und sechsten Herzog in Großbritannien – ein Clan-Chef, zu dem das Ehepaar Enders eine Jahrzehnte alte Freundschaft pflegt. Immer wieder organisieren die beiden Bergneustädter schottisch-irische Abende für den guten Zweck, bei den Pipe-Bands Dudelsäcke spielen.
Campbells Dekret folgt ein Aufruf, dem Menschen mit christlich-anglikanischem Hintergrund folgen und ein Wahlgremium bilden: Dieses entscheidet sich für Michael Enders als Generaloberen. Campbell ist zudem Schirmherr von Oberbergs erstem Benediktinerkonvent, zu dessen Wirkungsfeld aber auch die nähere Nachbarschaft des Kreises gehört.
Und da komme zusammen, was zusammengehöre, betont Michael Enders: „Mit dem Konvent begleiten wir zum Beispiel an Leukämie erkrankte Menschen und ihre Angehörigen, ist der Kranke gestorben.“ Diese Angebote einer seelsorgerischen Begleitung würden immer öfter angenommen. „Nach einer so schweren Zeit wie der Pandemie ist die Sehnsucht nach solchem Rückhalt stark gewachsen“, hat Enders beobachtet.
„Unsere Kirche bietet da eben eine Alternative, eine neue spirituelle Heimat, eine Stütze und einen Ort für die innere Einkehr“, ergänzt er – etwa mit Blick auf den Missbrauch in der katholischen Kirche und Fälle auch in Waldbröl und Morsbach. „Werbung“ für sich mache die anglikanische Kirche indes nicht. Enders: „Die Menschen kommen auf uns zu, nicht umgekehrt – alles andere würde ich strikt ablehnen.“
Das ist die Leitung des neuen Konvents in Bergneustadt
Weiterhin geleitet wird der Bergneustädter Konvent neben dem Generaloberen Pater Benedikt (Michael Enders) von Generalprior Pater Bonifacius von Tarsus (bürgerlich Daniel Abendroth aus Schwarzenborn, Hessen) sowie in der Verwaltung von Marie-Louise Abendroth und Susanne Enders, Beisitzer ist Frater Guido (Peter Ochse aus Wuppertal), ein Notfallseelsorger.