Die Herbst-Steuerschätzung bringt die schwarz-grüne Landesregierung in Bedrängnis. Eine Besserung der Finanzlage ist auch mittelfristig nicht in Sicht.
Im Etat fehlen 1,3 Milliarden EuroNRW muss 2025 neue Schulden machen
NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk wird im Jahr 2025 neue Schulden machen müssen, weil die Steuereinnahmen deutlich sinken werden. Das ist das Ergebnis der bundesweiten Herbst-Steuerschätzung, nachdem die Zahlen auf das Land heruntergerechnet wurden. Der CDU-Politiker rechnet damit, dass im Landeshaushalt 2025, der einen Rekordumfang von 105,5 Milliarden Euro aufweist, 850 Millionen Euro fehlen werden.
Zusätzlich drohen laut Optendrenk weitere Mindereinnahmen durch die geplanten Steuergesetze des Bundes. Insgesamt summierten sie sich die auf mehr als 1,3 Milliarden Euro.
Deutschlandticket und Wohngeld verschlingen vier Milliarden Euro
Auch vor der aktuellen Steuerschätzung stand schon fest, dass im Haushalt rund eine Milliarde Euro fehlen, weil zum Beispiel die Kosten für Sicherheitspaket, das die schwarz-grüne Landesregierung nach dem Terroranschlag von Solingen verabschiedet hatte, noch nicht einkalkuliert worden sind.
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Für die Finanzkrise macht Optendrenk in erster Linie die Bundesregierung verantwortlich. „Die deutsche Wirtschaft steckt in einer hartnäckigen strukturellen Krise, die die Bundesregierung nicht in den Griff bekommt. Das führt nicht nur zu großer Ernüchterung bei den Menschen und Unternehmen. Das Wegbrechen der Steuereinnahmen sorgt auch in den Landeshaushalten dafür, dass unsere finanziellen Handlungsspielräume immer enger werden.“ Mit „immer neuen Gesetzesinitiativen“ bringe die Berliner Ampelkoalition die Länder und Kommunen „an ihre Belastungsgrenze“.
Allein das von der Bundesregierung erhöhte Wohngeld und das Deutschlandticket führten in NRW zu jährlichen Mehrbelastungen von vier Milliarden Euro. „So kann es nicht weitergehen. In einem großen Kraftakt setzen wir in Nordrhein-Westfalen klare Prioritäten, sparen und investieren ganz gezielt in die Zukunft und sichern so unsere Handlungsfähigkeit. Wir können nicht zulassen, dass die Ampel diese Pläne immer wieder durch nicht zu Ende gedachte Maßnahmen durchkreuzt“, so Optendrenk.
Um das Loch zu stopfen, plant Optendrenk, die finanziellen Spielräume durch das vollständige Ausschöpfen der sogenannten Konjunkturkomponente zu erweitern. „Nur so können bestehende Strukturen gerade im sozialen Bereich so weit wie möglich geschützt werden.“
Finanzielle Spielräume der Schuldenbremse ausreizen
Die Konjunkturkomponente ist der Teil der Schuldenbremse, der die maximal zulässige Nettokreditaufnahme bei einer von der Normallage abweichenden wirtschaftlichen Entwicklung erhöht oder verringert. Wieviel Geld dadurch zusätzlich in die Landeskasse fließt, werde anhand einer wissenschaftlich basierten Konjunkturbereinigung ermittelt und laufend überprüft, so der Finanzminister.
Von 2026 bis 2028 müsse sich NRW gegenüber der bisherigen Finanzplanung auf jährliche Mindereinnahmen zwischen zwei und drei Milliarden Euro einstellen.
Die Personalkosten machen knapp ein Drittel des NRW-Haushalts aus. Die schwarz-grüne Landesregierung hat für 2025 die politischen Schwerpunkte auf Schule und Bildung, innere Sicherheit, Familien und Kinder, Kommunen und den Wandel des Landes zu einer klimaneutralen Industrieregion gelegt. Für die Schulen sind 24,5 Milliarden Euro eingeplant - zehn Prozent mehr als im Vorjahr.
SPD-Opposition spricht von „faulen Ausreden“
Die Grünen halten das Vorgehen des Finanzministers für angemessen. „Die konjunkturelle Lage ist derzeit in ganz Deutschland sehr angespannt und die Steuerentwicklung stellt das Land vor große Herausforderungen. Deshalb sind pragmatische und unideologische Lösungen notwendig“, sagte Simon Rock, Sprecher für Haushalts- und Finanzpolitik der Landtagsfraktion. „Dazu gehört die Nutzung der Konjunkturkomponente. Dieses Vorgehen stößt auch auf breite Zustimmung von Wirtschaftsexperten, wie die Anhörung zum Haushalt ergeben hat.“
Die Opposition im Düsseldorfer Landtag sieht Versäumnisse auch bei der Landesregierung. „Der NRW-Finanzminister ist mit seinem Latein am Ende. Ideen- und konzeptlos werden schlechte Steuerprognosen schulterzuckend zur Kenntnis genommen und für die Schieflage seines Landeshaushalts faule Ausreden gesucht“, sagte Alexander Baer, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. „Angeblich hat allein die Ampel in Berlin alles zu verantworten. Das ist Unsinn. Die Landesregierung hat im Bundesrat kein einziges Mal gegen steuerlichen Entlastungsmaßnahmen, das Wohngeld plus oder das Deutschlandticket gestimmt.“
Jetzt zeige sich, „dass CDU und Grüne es versäumt haben, die nötige Haushaltskonsolidierung anzugehen“, sagte Ralf Witzel, haushaltspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Es sei enttäuschend, dass der Finanzminister „keinen Ehrgeiz zeigt, die Neuverschuldung wenigstens zu begrenzen“.