Ein Gerichtsurteil sollte dafür sorgen, dass Abwassergebühren in NRW sinken. Zahlen zeigen, dass das Gegenteil der Fall ist.
Müll- und Abwassergebühren in NRW steigenSteuerzahlerbund klagt erneut gegen zu hohe Gebühren
Die Abwassergebühren in vielen nordrhein-westfälischen Kommunen sind nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler NRW nach wie vor zu hoch. Das betonte der Chef des Steuerzahlerbundes, Rik Steinheuer, bei der Vorstellung des Berichts zu Abfall- und Abwassergebühren am Donnerstag in Düsseldorf. Der Verband hat deshalb erneut Musterklagen zu Abwassergebühren von Kommunen beim Oberverwaltungsgericht eingereicht. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei, sei aber noch offen.
Die Abwassergebühren sind 2023 im Landesdurchschnitt auf 755 Euro gestiegen. Das ist eine Zunahme von 15 Euro im Vergleich zum Jahr 2022 und entspricht zwei Prozent.
„Das erscheint bei oberflächlicher Betrachtung vor dem Hintergrund der hohen Inflation auf den ersten Blick als moderater Anstieg“, sagte Steinheuer bei der Vorstellung der Auswertung am Donnerstag in Düsseldorf. „Doch im Jahr eins nach dem historischen Abwassergebühren-Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ist eine nähere Betrachtung und leider nach wie vor Kritik angezeigt.“
Steuerzahlerbund kritisiert Scharrenbach
Steinheuer kritisierte die im Dezember verabschiedete Neufassung des Kommunalabgabengesetzes, mit dem NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) auf ein Urteil des OVG Münster reagierte. Dem Gerichtsurteil zufolge hatten die Kommunen in NRW jahrelang zu hohe Abwassergebühren von ihren Bürgern gefordert.
Im OVG-Urteil monierten die Richter etwa, dass bei der Berechnung der Abwassergebühren überhöhte Zinswerte auf die Instandhaltung der Abwasserinfrastruktur berechnet und der Inflationsausgleich doppelt berechnet wurde. „Das Urteil war ein voller Erfolg für die Bürger“, kommentierte Steinheuer.
Doch im neuen Gesetz von Scharrenbach sei die Berechnung eines doppelten Inflationsausgleichs weiterhin möglich. Außerdem sorge der Gesetzesentwurf dafür, dass die Kommunen weiterhin hohe Zinsen anrechnen dürften. Dies stehe im Gegensatz zu dem Urteil des OVG, so Steinheuer. Dadurch sei die Chance einer spürbaren Entlastung der Steuerzahler vergeben worden. „Der Gesetzgeber hat mit einer Hau-Ruck-Aktion das Urteil des OVG in wesentlichen Punkten ausgehebelt.“
Dabei sei eine bürgerfreundliche Kalkulation möglich, sagte Steinheuer und nannte Städte wie Bonn (Minus sechs Prozent), Bergheim (minus 15 Prozent) und Wesel (minus 16 Prozent), die teils deutliche Rückgänge bei den Gebühren verzeichneten, als Beispiel dafür.
Hohe Spannbreite bei Abwassergebühren in NRW
Steinheuer forderte die Landesregierung dazu auf, das Gesetz nachzuschärfen, „damit den Maßstäben des OGV-Urteils von Mai 2022 umfassend Geltung eingeräumt wird.“ Außerdem appellierte er an die Verantwortlichen in den Kommunen, „die Spielräume bei der Kalkulation, die der Gesetzgeber gelassen hat, bürgerfreundlich zu gestalten.“ Es dürfe nicht sein, dass Kommunen Gewinne mit den Abwassergebühren machten, um damit Haushaltslöcher zu stopfen.
Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur betonte der Städte- und Gemeindebund NRW, dass die Kommunen sich strikt an das Landesgesetz hielten. Es gebe keine versteckten Gewinne, so Hauptgeschäftsführer Christof Sommer.
Nach wie vor gibt es bei den Abwassergebühren in NRW eine weite Spannbreite bei den Gebührensätzen. Sie reicht von 1,26 Euro je Kubikmeter Schmutzwasser in Reken bis zu 6,21 Euro je Kubikmeter Schmutzwasser in Monschau. Köln liegt mit 1,54 Euro am unteren Rand der Skala, im Vergleich zum vergangenen Jahr haben die Gebühren sich nicht verändert.
Der Musterhaushalt zahlt für die Abwasserentsorgung (Schmutz- und Niederschlagswasser) 1.434 Euro pro Jahr in Monschau am meisten und mit 287 Euro in Reken am wenigsten. In Köln liegt der Wert bei 473,10 Euro. Kommunen in Regionen mit großen Geländeunterschieden haben tendenziell höhere Gebühren, weil dort in den Kanalisationen Pumpwerke benötigt werden.
Müll in Köln mit am teuersten
Auch bei den Abfallgebühren sieht der Bund der Steuerzahler nach wie vor Nachbesserungsbedarf. Der Verband forderte insbesondere Großstädte wie Köln, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen und Wuppertal erneut dazu auf, künftig auch eine 14-tägige Leerung der Restmülltonnen anzubieten. Dies könne die Bürger von hohen Gebühren entlasten und ein Anreiz dafür sein, Müll zu vermeiden.
Die Müllgebühren haben einen erheblichen Anteil an den Wohnnebenkosten, wie der Bund der Steuerzahler betont. Doch die Berechnungsgrundlagen der Kommunen seien oft undurchsichtig. Wer sich umweltbewusst verhielte und Müll vermeide, werde bei den Gebühren meist nicht entlastet. Nicht alle Städte bieten die Möglichkeit, die Abfuhrintervalle zu verkürzen oder kleinere Tonnen zu nutzen.
„Die Bürger sollten möglichst große Wahlfreiheit haben, was die Tonnengröße und den Abhol-Rhythmus angeht. Wer sich Müll-schonend verhält, soll auch belohnt werden“, verlangt der Chef des Steuerzahlerbundes.
Köln ist demnach hinter Selm mit 495,64 Euro unter den NRW-Städten die Kommune mit den zweithöchsten Müllgebühren – vor Odenthal (466 Euro), Düsseldorf (461,21 Euro) und Burscheid (448 Euro). Im Vergleich zum Vorjahr ist die Gebühr in Köln leicht um rund zehn Euro gesunken. In Bonn beträgt die Gebühr lediglich 229,04 Euro, in Mönchengladbach liegt sie bei 273,41 Euro. Am günstigsten sind die Gebühren in Nettetal (127 Euro), in Südlohn (146 Euro) und in Reken (153 Euro).
Laut Stadt Köln sei eine 14-tägige Abfuhr des Mülls in Köln nicht umsetzbar: „Dem aktuellen Mindestbehältervolumen von 20 Liter pro Person und Woche liegen wissenschaftliche Daten aus der letzten Hausmüllanalyse in Köln zugrunde“, sagt eine Sprecherin auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Aktuell werde eine neue Hausmüllanalyse durchgeführt. Basierend auf dem Ergebnis würden erneut Anpassungen geprüft.
Der Gebührenvergleich bezieht sich auf den Jahresmüllverbrauch einer vierköpfigen Familie (120-Liter Tonne, wöchentliche Leerung), die auch Biomüll und Altpapier produziert. Die Abfallgebühren in Nordrhein-Westfalen sind in diesem Jahr für Privathaushalte bis zu sechs Prozent gestiegen. Wer seine 120-Liter-Restmülltonne wöchentlich leeren lassen muss, zahlt im Schnitt rund 396 Euro jährlich. Die 14-tägliche Abfuhr kostet im Schnitt 289 Euro, die vierwöchentliche 229 Euro.