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Nach BürgerklageAbwassergebühren in NRW müssen neu berechnet werden

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Bei den Abwassergebühren muss die Landesregierung eine rechtssichere Lösung für die Kommunen schaffen.

Düsseldorf – Die Abwassergebühren in NRW werden neu berechnet. Damit zieht die Landesregierung die Konsequenz aus einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Münster vom Mai und wird das Kommunalabgabengesetz ändern. Der Entwurf soll noch in diesem Jahr in den Landtag eingebracht und verabschiedet werden.

Ein Bürger aus Oer-Erkenschwick hatte gegen die Stadt geklagt, weil er die Gebühren für zu überzogen hielt. Das Gericht stimmte ihm zu. Die Gebühr sei zu hoch, sie übersteige die Kosten der Anlagen zur Abwasserbeseitigung.

„Das wird der Steuerzahlerbund nicht gerne hören“

Die Hoffnungen des Steuerzahlerbunds NRW, dass die Gebühren nun sinken werden, dürften sich jedoch nicht erfüllen. Die Neuregelung sei so gestaltet, dass die Kommunen auch künftig über die Gebühren in den Erhalt und den Ausbau ihrer Kanalnetze investieren können, sagte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU). „Das wird der Steuerzahlerbund nicht gerne hören."

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„Wenn wir die gesetzliche Grundlage nicht ändern, müssten die Grundsteuern in den Kommunen um 20 bis 40 Prozent steigen, um das auszugleichen, was über die Gebühren fehlt, um Kanäle erneuern und instand zu halten“, so Scharrenbach.

Bei einer Finanzierung der Kanalnetze über die Grundsteuer würden Bürger benachteiligt, die wenig Wasser verbrauchen, weil sich die Abwassergebühr nach dem Frischwasserverbrauch berechnet.

Worum ging es bei dem Rechtsstreit eigentlich?

Bisher war es den Gemeinden erlaubt, bei der Kalkulation ihrer Gebühren eine kalkulatorische Abschreibung und Verzinsung auf das Anlagevermögen anzusetzen.

Bei der kalkulatorischen Abschreibung geht man davon aus, was beispielsweise eine Kläranlage heute kosten würden, wenn man sie neu errichten müsste.

Dieser Wiederbeschaffungswert ist die Grundlage für neue Investitionen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gemeinde die Kläranlage über Kredite oder Eigenkapital finanziert hat. In beiden Fällen fallen Zinsen an, die in die Gebühren einfließen.

Was hat das Gericht daran auszusetzen?

Das OVG hält die Zinssätze in vielen Fällen für überhöht. Alle Kommunen, die diesen kalkulatorischen Zinssatz aus dem Durchschnitt der vergangenen 50 Jahre berechnet haben und zusätzlich einen Aufschlag genommen haben, müssen sie jetzt neu berechnen.

Was heißt das konkret?

Oer-Erkenschwick hat bisher einen Zinssatz von 6,52 % angesetzt. Das Oberverwaltungsgericht hält dagegen einen Zinssatz von nur 2,42 % für angemessen. Zudem dürfen Kommunen, die vom Wiederbeschaffungszeitwert abschreiben, nicht den Nominalzinssatz ansetzen, weil er wie der Wiederbeschaffungszeitwert selbst bereits die Inflation berücksichtigt. Ein doppelter Inflationsausgleich ist aber nicht zulässig.

Wie sind die Kommunen beim kalkulatorischen Zinssatz auf die 50 Jahre gekommen? War das ein willkürlicher Wert?

Nein. Das Kanalnetz in Deutschland ist ungefähr 600.000 Kilometer lang und in den Städten im Durchschnitt 56 Jahre alt. Es gibt aber auch Kanäle, die mehr als 100 Jahre auf dem Buckel haben. Grundsätzlich gilt: Je kleiner die Kommune, um so jünger ist das Netz. Der Wert des Netzes mit allen Anlagen liegt geschätzt zwischen 500 und 700 Milliarden Euro, der Wiederbeschaffungszeitwert pro Jahr bei sechs bis acht Milliarden Euro. Rund 20 Prozent davon entfallen auf NRW.

Was ändert sich jetzt?

Die Kommunen dürfen bei der Kalkulation ihrer Abwassergebühren nur noch die letzten zehn Jahre zugrunde legen und müssen, wenn sie vom Wiederbeschaffungswert abschreiben, die realen Zinsen berücksichtigen.

Was dürfen die Kommunen bei den Gebühren denn jetzt noch ansetzen?

Die kalkulatorischen Abschreibungen dürfen zwar weiterhin nach dem Wiederbeschaffungszeitwert berechnet werden, aber nur auf das Anlagevermögen, das für den Betrieb notwendig ist. Eine angemessene Verzinsung ist gestattet, weil Städte und Gemeinden in ihre Entwässerungsbetriebe Kapital geben. Die Verzinsung soll künftig beim Eigenkapital aber nur noch auf 30 statt bisher 50 Jahre berechnet werden.

Welche Investitionen in die Kanalnetze von NRW stehen künftig an?

Beim Abwasser geht es vor allem um das Kanalnetz, die Kläranlagen und Sonderbauwerke wie Regenrückhaltebecken und Überläufe.

Nach dem Hochwasser vom Juli 2021 müssen Städte und Gemeinde in die Verbreiterung von Kanälen investieren. Neue Baugebiete können nicht wie bisher einfach an das vorhandene Netz angeschlossen werden. Weil immer weniger Schmutzwasser anfällt, müssen viele Kläranlagen verkleinert und um eine vierte Reinigungsstufe erweitert werden, um die Vorgaben es europäischen Wasserrechts zu erfüllen.