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Ministerium mit falschen Zahlen?In diesen NRW-Kommunen müsste laut SPD auch eine Mietpreisbremse gelten

Lesezeit 3 Minuten
28.08.2024, Köln: Viele Wohnhäuser müssen saniert werden. Xantener Straße in Nippes. Wohnungen, Wohnungsmarkt, Mieten, Mietpreise, Immobilien in Köln, Kleingärten. Foto: Uwe Weiser

Wohnraum in Köln ist knapp. In NRW wird über die Mietpreisbremse diskutiert (Blick auf die Xantener Straße in Köln- Nippes).

Die schwarz-grüne Landesregierung hat eine Neufassung der Mieterschutzverordnung beschlossen. Danach soll künftig in 57 statt bisher 18 Kommunen eine Mietpreisbremse greifen. Die SPD hält die Zahl für zu gering.

Die Opposition im Düsseldorfer Landtag wirft NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) vor, als Grundlage für ihre Berechnungen mit veralteten Zahlen operiert zu haben. „Bei der Berechnung der Mietkostenbelastung wurden nicht die Zahlen aus dem Zensus 2022, sondern die von 2011/2012 verwendet“, sagte Sarah Philipp, Wohnungsbau-Expertin der SPD im Landtag, vor Journalisten in Düsseldorf. Das deutliche Abschmelzen von Leerstandsquoten und die jüngste Dynamik bei der Mietpreisentwicklung sei nicht mit in die Bewertung einbezogen worden. „Wären diese neuen Daten berücksichtigt worden, müssten nicht 57, sondern mindestens 74 Kommunen in die Mietpreisbindung fallen.“

Die Mieterschutzverordnung sieht vor, dass der Anstieg der Mieten bei Mieterwechsel auf zehn Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzt werden kann. Sie ermöglicht zudem die Anwendung von „Kappungsgrenzen“, wonach der Anstieg der Bestandsmieten auf 15 Prozent innerhalb von drei Jahren gedeckelt wird. Die Kündigungsfrist bei einer Eigenbedarfskündigung des Vermieters wird von drei auf acht Jahre verlängert.

Wegen der Fehlberechnungen würden die Mieter in Kommunen wie Eschweiler, Burscheid, Stolberg, Haan, Heiligenhaus und Neunkirchen-Seelscheid nicht vor zu hohen Mieten geschützt. „Die Mieterschutzverordnung bildet nicht die soziale Realität der Wohnungsmärkte in Nordrhein-Westfalen ab“, erklärte Philipp.

Mieten in Köln stiegen seit 2022 um mehr als zehn Prozent

Die Kommunalen Spitzenverbände und der Deutsche Mieterbund hatten die Verwendung der veralteten Daten bereits in einem Brief an Scharrenbach kritisiert. In einem Antrag, der im Landtag diskutiert werden soll, fordert die SPD die Landesregierung auf, die Mieterschutzverordnung zu überarbeiten. „Die Preise wachsen den Mietern in NRW immer weiter über den Kopf“, sagte Sarah Philipp. Nach einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft stiegen die Mieten seit 2022 in Oberhausen um 12,3 Prozent, in Mönchengladbach um 12,1 Prozent, in Düsseldorf um 11,5 Prozent und in Köln um 10,2 Prozent.

Das NRW-Bauministerium wies die Kritik der SPD zurück. Die Berechnungen seien von einem Gutachter erstellt worden, der sich bei seiner Herleitung an die Kriterien gehalten habe, die im Bundesbaugesetz als Indikatoren für besonders angespannte Wohnungsmärkte genannt würden, hieß es.

Ina Scharrenbach (CDU), Kommunalministerin und Bauministerin von Nordrhein-Westfalen, spricht in der Landespressekonferenz im Landtag.

NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) hat eine neue Richtlinie für die Einkommensgrenzen bei der öffentlichen Wohnraumförderung in NRW vorgestellt.

Ministerin Scharrenbach stellte unterdessen eine neue Richtlinie für die Einkommensgrenzen bei der öffentlichen Wohnraumförderung in NRW vor. Danach erhalten künftig mehr Menschen die Berechtigung, eine Sozialwohnung beziehen zu können.

Mehr Menschen erhalten die Berechtigung, eine Sozialwohnung beziehen zu können

Bislang lag die Einkommensgrenze für den Erhalt einer Wohnberechtigung für Alleinstehende bei 20.420 Euro, künftig steigt sie auf 23.540 Euro. Für einen Zwei-Personenhaushalt liegt der Grenzwert bei 28.350 Euro (2024: 24.600 Euro). Für jede weitere zum Haushalt zählende Person erhöht sich die Summe um 6530 Euro und für jedes Kind um 860 Euro (2024: 740 Euro). Die Richtlinie tritt rückwirkend zum 1. Januar 2025 in Kraft.

Die Einkommensgrenzen sind auch zur Darlehensbewilligung für den Erwerb, Neubau oder die Modernisierung von Wohnraum relevant. Mit den Geldern will NRW den Neubau und Erhalt von barrierefreien und klimaschutzgerechten Wohnungen unterstützten. Im laufenden Jahr steht eine Gesamtsumme von 2,3 Milliarden Euro als Förderrahmen bereit.

Scharrenbach: Mietwucher-Vorschrift im Wirtschaftsstrafgesetzbuch überarbeiten

Eine Studie des Pestel-Instituts warnt vor einem weiteren massiven Schwund an Sozialwohnungen in NRW. Demnach wird bis 2030 ein Verlust von rund 160.000 Sozialwohnungen prognostiziert. Derzeit gibt es in NRW knapp 427.000 mitpreisgebundene Wohneinheiten. 2024 und 2023 waren jeweils nur 6726 Sozialwohnungen neu gebaut worden – im Jahr 2016 waren noch 9301 fertiggestellt worden.

NRW-Bauministerin Scharrenbach rief die Bundesregierung auf, mehr für den Mieterschutz zu tun. „Um Mieterinnen und Mieter etwa vor Mietwucher zu schützen, bedarf es bundesgesetzlich mehr Anstrengungen als bisher“, sagte die Politikerin aus Kamen unserer Zeitung. Ein Ansatz sei es, die Mietwucher-Vorschrift im Wirtschaftsstrafgesetzbuch zu überarbeiten. „NRW und weitere Länder haben dazu im Bundesrat einen Vorstoß gemacht“, sagte Scharrenbach. Die im Amt befindliche Bundesregierung habe diesen Ansatz bisher nicht aufgegriffen.