Nachdem ein Priester homosexuelle Paare gesegnet hatte, wurde er abgemahnt. Nun organisierte seine Gemeinde wieder einen Segnungsgottesdienst.
Nach Abmahnung durch WoelkiKirchengemeinde segnet erneut homosexuelle Paare
Eigentlich sollte der Segnungsgottesdienst der katholischen Kirchengemeinde St. Maximilian und St. Lambertus kein Protest gegen die Bistumsleitung in Köln sein, sondern einfach ein Gottesdienst. „Wir wollten einfach ein kleines Stück Normalität in der Kirche schaffen für alle Menschen, egal, wen sie lieben“, sagt Diakon Michael Anhut später. Und deshalb lief der Gottesdienst zu einem Teil ab wie ein ganz normaler katholischer Gottesdienst. Mit zwei Chören, mit Gläubigen aller Altersgruppen, vom krähenden Baby bis zu Senioren, mit Vaterunser, Kirchenliedern und Psalmen. Und Michael Anhut stand mit der Gemeindereferentin Ulrike Platzhoff vor dem Altar, gehüllt in regenbogenfarbene Tücher, und segnete. Das war der Punkt auf der Tagesordnung, der in der katholischen Kirche eben doch ungewöhnlich ist.
„Wer als Paar jetzt seine Beziehung, seine Liebe zueinander, durch einen Segen ausdrücklich bestärken will, ist eingeladen, jetzt nach vorne zu kommen“, sagte Platzhoff. Als Erstes standen zwei Frauen in einer der vorderen Reihe auf, sie fassten sich an den Händen und stellten sich vor Platzhoff. Diese hob die Hände über ihre Köpfe und sprach einen Segen, genau wie Diakon Anhut neben ihr es bei einem weiteren Paar machte. Mehr als ein dutzend Paare stellten sich in einer Schlange im Kirchengang auf, gleichgeschlechtliche wie heterosexuelle Paare. Auch geschiedene Menschen waren eingeladen, mit ihren neuen Partnern nach vorne zu kommen. Ob sie tatsächlich dabei waren, weiß man nicht. Platzhoff und Anhut fragten ja nicht. Es spielte auch keine Rolle. Sie segneten einfach.
Woelki mahnte Priester ab
Und so entstand doch ein Protest, alleine schon, weil die Arbeitsgemeinschaft „Regenbogenkirche“ bei dem katholischen Segnungsgottesdienst Verbote des Erzbistums Kölns umschlingerte. Das Erzbistum Köln hatte Herbert Ullmann, Pfarrer der Gemeinde Mettmann und Wülfrath, wenige Wochen zuvor abgemahnt, weil er homosexuelle Paare gesegnet hatte, und hatte ihm solche Segnungen ausdrücklich verboten. Die Entscheidung aus Köln machte international Schlagzeilen, Ullmann kritisierte sie zwar, sieht sich jedoch auch an sie gebunden – alleine wegen seines Gehorsamsversprechens als Priester.
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Deshalb segnete Pfarrer Ullmann an diesem Sonntagnachmittag nicht, sein Diakon und die Gemeindereferentin dagegen schon. Und der Segnungsgottesdienst fand auch nicht in einem katholischen Gotteshaus der Gemeinde statt; Die evangelische Kulturkirche in Wülfrath stellte stattdessen ihre Räume zur Verfügung.
„Wenn Menschen in Liebe vor Gott Verantwortung füreinander übernehmen, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass Gott da einen Unterschied macht“, sagt Diakon Anhut. Er steht mit einem Glas Wasser in der Hand an einem Stehtisch vor der Kirche, die Gemeinde hat nach dem Gottesdienst zum Sektempfang eingeladen. Er sehe das so, sagt Anhut: Längst sei widerlegt, dass ein Mensch sich seine Sexualität aussuchen kann. „Wenn etwas aber grundgelegt ist, dann ist es von Gott grundgelegt“, so der Diakon. „Wie kann ich es als Seelsorger wagen, diesen Teil von Gottes Schöpfung als einen Fehler zu bezeichnen? Das geht doch nicht.“
Ein lesbisches Paar, das zu einem Segnungsgottesdienst gehe, zähle zu den Menschen, die der Kirche noch nicht den Rücken zugewendet haben und eine Sehnsucht danach hätten, von Gott berührt zu werden. „Diese Sehnsucht ist übrigens ein Wort, das ich aus der Kölner Bistumsleitung noch nie gehört habe.“
Wie damals Pfarrer Ullmann droht nun auch Michael Anhut eine Abmahnung aus dem Erzbistum. Sorge davor habe er jedoch nicht. Letztendlich, sagt Anhut, müsse er schließlich seinem Gewissen folgen.
„Fast alles wird in der katholischen Kirche gesegnet. Selbst Autos“
Wie groß die Sehnsucht sein kann, zeigt sich auch an der Entfernung, die ein Paar für den Gottesdienst auf sich genommen hatte. Birgit und Sabine, beide Anfang 50, reisten aus Kaarst und Heiligenhaus an. „Ich wollte schon zu der letzten Segnungsfeier kommen. Als ich dann gehört habe, welche Konsequenzen sie nach sich zog, habe ich gesagt: Beim nächsten Mal müssen wir einfach dabei sein. Auch, um ein Zeichen zu setzen“, sagt Sabine, die wie ihre Partnerin nur mit Vornamen in der Zeitung erscheinen möchte. Beide Frauen sind geschieden, seit knapp zwei Jahren sind sie ein Paar. In gewisser Weise, sagen sie, seien sie deshalb doppelt diskriminiert.
„Fast alles wird in der katholischen Kirche gesegnet. Selbst Autos“, sagt Birgit. „Trotzdem weigert man sich, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen. Das ist schwer nachvollziehbar.“ Während ihre Partnerin bereits nach der Scheidung die römisch-katholische Kirche verließ und sich den Altkatholiken anschloss, ist Birgit noch immer Mitglied der römisch-katholischen Kirche. „Mir ist der Glaube immer noch wichtig und mir ist auch Gottes Segen wichtig“, sagt Sabine. „Deshalb war das eine einmalige Gelegenheit, für unsere Partnerschaft den Segen zu bekommen.“