Die Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler will EU-Länder, die Flüchtlinge durchwinken, aus dem Schengen-Raum ausschließen.
Serap Güler zur Asylpolitik„Abschiebungen müssen von der Bundespolizei durchgeführt werden“
Der Attentäter von Solingen hat im Namen des IS getötet. Welche Rolle spielen die Moscheegemeinden bei der Radikalisierung von Muslimen?
Eine immer kleinere. Radikalisierung findet heute hauptsächlich im Netz statt. Wir haben in den vergangenen zehn Jahren intensiv über Moscheen wie die DITIB und andere gesprochen und haben dabei weitgehend ignoriert, dass einerseits die Täter immer jünger werden und - außer vielleicht bei den Hinterhofmoscheen -, der Ort ihrer Radikalisierung vor allem Social Media ist. Die allermeisten Jugendlichen erreichen die Imame der DITIB doch selbst überhaupt nicht, sondern vielmehr die Hassprediger über YouTube, Instagram oder TikTok.
Ist der Rechtsstaat dagegen machtlos?
Wir sind nicht machtlos, aber zu träge. Extremisten sind uns da meist voraus, weil sie agiler und flexibler sind. Wir müssen unseren Rechtsstaat aber auch stärken, ihm bessere Instrumente in die Hand geben.
Die FDP sperrt sich gegen eine Vorratsdatenspeicherung.
Solingen muss in der Innen- und Asylpolitik zur Zeitenwende werden. Dazu gehört das Thema Vorratsdatenspeicherung und mehr Videoüberwachung. Hier können wir uns ein Beispiel an Dänemark nehmen, die seit 2007 Verbindungsdaten für ein Jahr speichern und das damit begründen, dass diese Praxis erfolgreich bei der Bekämpfung von schwerer Kriminalität und Terrorismus hilft. Hier muss die FDP endlich kapieren, dass wir in Zeiten, in welchen der Terror wieder eine stärkere Gefahr geworden ist, auch Schritte gehen müssen, die vielleicht weniger im Sinne der persönlichen Freiheit, aber sehr stark im Sinne des Schutzes der allgemeinen Sicherheit sind.
Die Bürger sollen sich also damit abfinden, dass Sicherheitsbehörden sie in einem Verdachtsfall ausspähen können?
Niemand, der nichts Böses im Schild führt, muss etwas befürchten. Wer etwas Böses im Schild führt, hingegen schon. Und das ist richtig so. Es wird wirklich Zeit, dass wir über alles offen reden. Mich nervt, dass zu jedem Vorschlag, der in der Innen- oder Asylpolitik gemacht wird, direkt ein Aufschrei kommt: „Das geht nicht“. Doch, es geht mehr als manche wahrhaben wollen. Politik macht die Gesetze, und wenn die politische Mitte jetzt nicht endlich dieses Problem löst, gibt es bald keine politische Mitte mehr - ich will keine Thüringer Verhältnisse im ganzen Land. Das muss uns allen eine Warnung sein.
Sollte das Grundrecht auf Asyl abgeschafft werden?
Nein. Aber wir kommen auch nicht drumherum einzuräumen, dass es so wie es jetzt ist, nicht mehr geht. Im Moment kann jeder, der an unserer Grenze „Asyl“ ruft, hier bleiben beziehungsweise mindestens einen Antrag stellen. Die wenigsten schieben wir ab. Wenn wir wollen, dass Menschen, die wirklich Schutz brauchen, auch weiterhin Schutz bei uns bekommen, müssen wir uns ehrlich machen und einräumen, dass es so jedenfalls nicht mehr weitergeht.
Der Fall Solingen zeigt, dass das Rückführungs-System nach dem Dublin-Abkommen nicht funktioniert. Warum mussten erst drei Menschen sterben, um das zu Tage zu fördern?
Das ist wirklich die bitterste Frage und wohl das bitterste Beispiel für dieses dysfunktionale System. Dublin muss reformiert werden, wenn sich kaum noch jemand in der EU daran hält. Wer Flüchtlinge durchwinkt oder nicht zurücknimmt, hat meines Erachtens nichts mehr im Schengenraum verloren. Darüber muss es jetzt eine ernste Debatte in Brüssel geben. Und: wir werden in Zukunft nicht drumherum kommen, auch Menschen nach Afghanistan oder Syrien abzuschieben.
Wie kann man das Abschiebe-System effektiver machen?
Wir haben bei Abschiebungen einen Zuständigkeitsdschungel, der alles noch mal erschwert: Während für die Anerkennung oder die Ablehnung eines Asylantrags der Bund, also das BAMF, zuständig ist, sind es für den Vollzug der Abschiebung die Länder. Die allermeisten delegieren diese Aufgabe dann an die Kommunen, also an die Ausländerbehörden, die damit komplett überfordert sind. Wenn wir wollen, dass das besser funktioniert, müssen wir alles in eine Hand legen: also in die des Bundes und für die Abschiebungen muss dann die Bundespolizei zuständig sein. Es ist natürlich ganz was anderes, ob ein Polizist vor der Tür steht oder ein Mitarbeiter einer Kommunalbehörde.
Halten Sie es für realistisch, dass sich die demokratischen Parteien im Bundestag auf Einschränkungen des Asylrechts verständigen können?
Wenn sich alle in die richtige Richtung bewegen - und die lautet ganz klar: die Zahlen müssen runter - dann halte ich das durchaus für realistisch. Die Wahlen am Wochenende müssen uns doch allen auch eine klare Warnung sein: Wir können nicht so weitermachen, wenn wir nicht wollen, dass das, was am Sonntag in Thüringen passiert ist, im ganzen Land passiert.