Die jüngsten Demonstrationen „machen Mut“, so der Kanzler. Robert Habeck warnt, die AfD wolle „aus Deutschland einen Staat wie Russland machen“.
Habeck warnt eindringlich vor AfDKanzler Scholz lobt Kölner Demonstration gegen Rechts
Eine Woche nach Bekanntwerden eines Treffens rechter Politiker und Aktivisten in Potsdam reißt die Debatte über den Umgang mit der AfD nicht ab. Vizekanzler Robert Habeck warnte eindringlich vor der rechten Partei. „Es geht den Rechtsautoritären um einen Angriff auf das Wesen der Republik“, sagte der Grünen-Politiker dem Magazin „Stern“. „Sie wollen aus Deutschland einen Staat wie Russland machen.“ Darauf bereiteten sie sich systematisch vor.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Alle Vernünftigen, die bisher noch leise waren, müssen jetzt auch laut werden.“ Gegenüber RTL/ntv ging der SPD-Chef dann noch weiter – und bezeichnete die AfD-Vorsitzende Alice Weidel als Rechtsextreme. „Ich finde, sie ist eine Rechtsextreme. Sie trägt Verantwortung in einer rechtsextremen Partei“, erklärte Klingbeil. Bundeskanzler Olaf Scholz lobte unterdessen die zahlreichen Demonstrationen gegen die AfD in den letzten Tagen in Deutschland.
SPD verschärft den Ton gegenüber AfD und Weidel: „Ich finde, sie ist eine Rechtsextreme“
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte dem RND: „Wir sind jetzt alle gefragt – in unserem persönlichen Umfeld, am Arbeitsplatz, beim Sport, beim Einkaufen – gemeinsam klarzumachen, dass man mit der AfD Rechtsextreme wählt, die eine Gefahr für die Demokratie darstellen.“
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Das Medienhaus Correctiv hatte vorige Woche über das bis dahin nicht bekannte Treffen von Rechtsradikalen mit Politikern von AfD und CDU in einer Potsdamer Villa vom 25. November berichtet. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte dort nach eigenen Angaben über „Remigration“ gesprochen. Die Rechtsextremen benutzen den Begriff zur Verharmlosung ihrer Pläne, die ethnische und politische Säuberungen in Deutschland vorsehen.
Werteunion bestätigt Teilnahme von Mitgliedern an Geheimtreffen
Eine Woche nach der Enthüllung des Treffens hat unterdessen die Werteunion die Teilnahme zweier Mitglieder erstmals offiziell bestätigt. Die beiden Frauen „hielten sich dort als eingeladene Privatgäste und nicht als Vertreter der Werteunion auf“, teilte der Verein am Dienstagabend mit. Befragungen der beiden Mitglieder und weiterer Personen hätten ergeben, dass bei dem Treffen unter anderem „von einer sogenannten Remigration“ gesprochen worden sei.
Die Werteunion kritisierte Correctiv und erklärte unter Verweis auf eigene Recherchen, es sei bei dem Treffen nicht um „massenhafte Rückführung von Deutschen mit Migrationshintergrund“ gegangen. Correctiv hingegen kündigte an, am Mittwochabend neue Informationen veröffentlichen zu wollen.
Die Werteunion ist ein Verein, der nach eigener Darstellung „loyal zu CDU und CSU steht“ und Mitglieder beider Parteien in seinen Reihen hat. Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, der nun Chef der Werteunion ist, hatte zuletzt öffentlich mit dem Gedanken gespielt, aus der Werteunion eine Partei zu machen. Der Kurs der CDU unter Parteichef Friedrich Merz sei „zu links“ hatte Maaßen erklärt.
Anti-AfD-Demos in ganz Deutschland: „Ermutigend“
In den vergangenen Tagen gingen derweil in verschiedenen deutschen Städten Zehntausende gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Am Dienstagabend demonstrierten allein in Köln rund 30.000 Menschen gegen die AfD.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Mittwoch seine Dankbarkeit über die Demonstranten ausgedrückt, die „gegen Rassismus, Hetze und für unsere freiheitliche Demokratie“ auf die Straße gehen. Das schrieb der SPD-Politiker auf der Plattform X, vormals Twitter. „Das macht Mut und zeigt: Wir Demokratinnen und Demokraten sind viele – viel mehr als diejenigen, die spalten wollen.“
Auch Dröge bezeichnete derlei Demonstrationen als ermutigend. „Diese Menschen zeigen: Eine laute Minderheit am rechten Rand kann sich nicht darauf verlassen, dass die demokratische Mehrheit schweigt.“ Klingbeil betonte: „Wir lassen nicht zu, dass in unserem Land wieder unterteilt wird in ‚die‘ und ‚wir‘. Wir lassen nicht zu, dass die Rechtsradikalen entscheiden, wer deutsch ist und wer nicht.“ Die AfD wolle Menschen aus dem Land schmeißen, die fester Teil des Landes seien.
Debatte über AfD-Verbot nimmt weiter Fahrt auf
Infolge der Correctiv-Recherche nahm auch die Debatte über ein mögliches AfD-Verbot wieder Fahrt auf. Habeck sagte dem „Stern“ auf die Frage, ob er für oder gegen ein AfD-Verbot sei: „Das ist keine Frage der politischen Haltung, sondern des Rechts.“ Über ein Verbot entscheide allein das Bundesverfassungsgericht. Die Hürden seien zu Recht sehr hoch, und der Schaden durch ein gescheitertes Verfahren wäre massiv. „Daher müsste alles absolut gerichtsfest sein. Das muss man sehr genau bedenken.“ So oder so müssten die demokratischen Parteien die AfD politisch schlagen.
Die Linke brachte unterdessen noch eine weitere Forderung auf. Sie plädiert dafür, zunächst die Jugendorganisation Junge Alternative ins Visier zu nehmen. „Ein erster Schritt wäre ein Verbot der Jugendorganisation der AfD“, sagte die stellvertretende Parteivorsitzende Katina Schubert der Deutschen Presse-Agentur. „Ein Verbot der JA wäre deutlich einfacher und schneller möglich, da sie nicht durch einen Parteienstatus geschützt ist. Ein Verbot wäre hier durch einen einfachen Ministerialerlass möglich.“
AfD beklagt „Schmutzkampagne“: Experte sieht „eingeübte Skandalumkehr“
Bei der AfD spricht man nach den Veröffentlichungen von Correctiv von einer „Schmutzkampagne“ und einem „Medien- und Politikskandal“. Der Vorwurf von Habeck, die AfD wolle aus Deutschland einen Staat wie Russland machen, sei „frei erfundener Blödsinn“, erklärte Parteichefin Weidel am Mittwoch.
Der Experte für politische Kommunikation Johannes Hillje nannte die Reaktion der AfD unterdessen im sozialen Netzwerk Bluesky eine „eingeübte Skandalumkehr“, bei der der Parteichefin Weidel versuche, die Partei als Opfer zu inszenieren. (mit dpa)