Nach dem Finanzchaos um den Bundeshaushalt und der Karlsruhe Klage spricht Olaf Scholz im Bundestag. Die wichtigsten Ergebnisse der Rede.
RegierungserklärungOlaf Scholz sichert Sozialleistungen zu und stimmt auf harte Zeiten ein
In seiner Regierungserklärung vor dem Bundestag hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Bürgerinnen und Bürger auf die schwierigen Folgen des Karlsruher Haushalts-Urteils eingestimmt. Das Urteil schaffe eine „neue Realität“, die es „schwieriger macht, wichtige und weithin geteilte Ziele für unser Land zu erreichen“, sagte Scholz am Dienstag in Berlin. Deutschland stehe vor „Herausforderungen, wie unsere Republik sie in dieser Konzentration und Härte wohl noch nicht erlebt hat“.
Olaf Scholz im Bundestag: Karlsruher Urteil hat Folgen für Haushaltspraxis
Das Karlsruher Urteil habe Folgen für die Haushaltspraxis „für alle gegenwärtigen und zukünftigen Regierungen, im Bund und in den Ländern“, sagte der Kanzler. Zu den enger gewordenen Haushaltsspielräumen komme hinzu, dass Deutschland „in den vergangenen zwei Jahren von schweren, unvorhergesehenen äußeren Krisen erschüttert worden“ sei. Scholz nannte hier die Corona-Pandemie und die Folgen des russischen Kriegs gegen die Ukraine.
Der Kanzler vermied es in seiner Rede, die vom Verfassungsgericht verworfene Haushaltspraxis seiner Regierung im Nachhinein als Fehler zu bezeichnen. Er sagte lediglich: „Mit dem Wissen um die aktuelle Entscheidung hätten wir im Winter 2021 andere Wege beschritten - Wege, die das Gericht in seinem Urteil ebenfalls gewiesen hat.“
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Olaf Scholz sicher Sozialleistungen und Unterstützung zu
An den politischen Prioritäten seiner Regierung will Scholz ungeachtet des Karlsruher Urteils festhalten, wie er in seiner Regierungserklärung sagte - nur müssten die aufgenommenen Schulden nun im Haushalt eingebucht werden. Eine „neue Realität“ schaffe das Urteil „insofern, als Hilfen in solchen Notsituationen nun jedes Jahr vom Bundestag neu beschlossen werden müssen - aber auch neu beschlossen werden können“.
Die von der Bundesregierung beschlossenen Ausgaben für Nothilfen seien „damals nötig und richtig“ gewesen und seien auch „heute noch genauso nötig und richtig“, sagte Scholz. Der Kanzler richtete eine Botschaft an alle Bürgerinnen und Bürger, „die aufgrund manch wilder Vorschläge und manch gezielter Falschmeldungen in den sozialen Medien verunsichert sind: In Ihrem Alltag, hier und heute, ändert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts - völlig unabhängig davon, ob Sie Kindergeld oder Bafög bekommen, eine Rente oder Wohngeld.“
Die wichtigsten Punkte aus Olaf Scholz' Regierungserklärung im Protokoll:
- Olaf Scholz beginn seine Rede nicht mit dem Haushalt, sondern den freigelassenen Geiseln im Nahostkonflikt. Er drückte Dankbarkeit und Freude aus.
- Der Kanzler gibt an, dass nicht alles rund um die Schuldenbremse „rechtlich geklärt“ sei. Die Ampel-Regierung habe in diesem Rahmen gehandelt. Mit der Entscheidung aus Karlsruhe sei die politische Diskussion beendet worden.
- Scholz macht deutlich: „Dieses Urteil schafft eine neue Realität“. Diese Realität würde viele Prozesse auf Bund- und Länderebene erschweren.
- Die Unterstützung für die Ukraine angesichts des russischen Angriffskriegs wird laut Kanzler fortgesetzt. „Nicht auszudenken, welche gravierenden Konsequenzen es hätte, wenn Putin diesen Krieg gewönne“, so Scholz. Die fliehenden Ukrainerinnen und Ukrainer aufzunehmen nannte Scholz „richtig“, wofür er viel Applaus bekam. Der Krieg habe aber massive Folgen etwa für die Gaspreise gehabt.
- „Es war richtig, dass wir unmittelbar nach dem Angriffskrieg ein Sondervermögen aufgestellt haben“, so Scholz. Genauso richtig sei die Unterstützung während der Jahrhundertflut in NRW und dem Ahrtal gewesen. Diese Unterstützung will Scholz mit den Ampel-Parteien noch einmal im Haushalt verankern. Das Urteil aus Karlsruhe fordere nun, dass jedes Jahr solche Sondervermögen neu beschlossen werden müssen – „aber auch beschlossen werden können“, so Scholz.
- Olaf Scholz sichert weiter Sozialleistungen zu: Ob Bürgergeld, Bafög oder Rente, die Beiträge der Regierung seien sicher und würden auch nicht durch das Urteil aus Karlsruhe nicht ins Wanken geraten. „Die Bundesregierung lässt niemanden allein“, so Scholz – die Opposition konterte mit lautem Gelächter.
- Wie von Finanzminister Christian Lindner (FDP) angekündigt, werden die Strom- und Gaspreisbremsen zu Jahresbeginn beendet, bestätigte Scholz.
- Olaf Scholz beendet seine Rede mit den Worten: „Mit diesen klaren Prämissen beraten wir jetzt über den Haushalt für das kommende Jahr. Mit der nötigen Ruhe und mit Verantwortung für unser Land. Darauf können die Bürgerinnen und Bürger sich verlassen, dafür stehe ich als Bundeskanzler. Ich danke Ihnen.“
Bundesverfassungsgericht erklärte Umwidmung von Corona-Krediten für unrechtmäßig
In einem grundlegenden Urteil hatte das Bundesverfassungsgericht die Umwidmung von Kreditermächtigungen zur Bewältigung der Corona-Krise in einen Fonds zur Unterstützung der wirtschaftlichen Transformation für verfassungswidrig erklärt - und damit weitgehend der Regierungspraxis den Boden entzogen, staatliche Schulden auch außerhalb des regulären Haushalts aufzunehmen und somit die Schuldenbremse zu umgehen.
Die Bundesregierung muss deshalb den laufenden Jahreshaushalt auf eine verfassungskonforme Grundlage stellen. Die Verabschiedung des Haushalts für das kommende Jahr verzögert sich wegen des Urteils.
Reaktionen auf Regierungserklärung: Merz attackiert Scholz, Weidel fordert Kanzler zu Rücktritt auf
Oppositionsführer Friedrich Merz hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) scharf angegriffen und ihn direkt für die Haushaltskrise der Ampel-Koalition verantwortlich gemacht. „Sie sind ein Klempner der Macht. Ihnen fehlt jede Vorstellung davon, wie dieses Land sich in den nächsten Jahren weiter entwickeln soll“, sagte der Unionsfraktionschef und CDU-Vorsitzende am Dienstag im Bundestag. Scholz habe zuvor in seiner Regierungserklärung zum Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts „rein technische Antworten auf eine hochpolitische Entscheidung“ vorgetragen.
Merz hielt Scholz auch im Vergleich zu früheren SPD-Kanzlern vor: „Sie können es nicht.“ Er fügte hinzu: „Die Schuhe, in denen Sie stehen als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, die sind Ihnen mindestens zwei Schuhnummern zu groß.“
AfD-Chefin Alice Weidel hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dessen Regierungserklärung zum Rücktritt aufgefordert. „Die Bürger haben in dieser Lage nicht auf Ihre Regierungserklärung gewartet, Herr Scholz, sondern auf Ihre Rücktrittserklärung“, sagte sie am Dienstag im Bundestag. Die Ampel regiere gegen die Vernunft, die Wirklichkeit und gegen die Verfassung. „Darum brauchen wir eine neue Regierung, um aus diesem Krisensumpf herauszukommen. Darum öffnen Sie den Weg für Neuwahlen und erlösen Sie dieses Land von der Ampel-Regierung.“ (mab/dpa/afp)