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Vizekanzler in Hafen abgefangenSteuermann der Habeck-Fähre äußert sich nach Blockade in Schlüttsiel

Lesezeit 3 Minuten
Wütende Landwirte stehen vor einer Fähre mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an Bord. Das Schiff musste im Fährhafen Schlüttsiel wieder ablegen, weil die Situation zu gefährlich wurde.

Bis zu 300 teils wütende Landwirte und weitere Demonstranten fangen am 4. Januar eine Fähre mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ab. Berichte über eine versuchte Stürmung des Schiffes bestätigten sich nicht.

Rund 300 Demonstrierende hatten die Fähre von Vizekanzler Robert Habeck bedrängt. Berichte über einen Sturmversuch bestätigten sich nicht.

Nach der Blockade eines Schiffs mit Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) an Bord haben sich erstmals Besatzung und Demonstrierende zu dem Zwischenfall geäußert. Erste Berichte über einen Erstürmungsversuch der Fähre „Hilligenlei“ beim Anlegen im Fährhafen von Schlüttsiel bestätigten sich demnach nicht, die Situation eskalierte dennoch zeitweise.

„Ich habe die Brücke angehoben und in dem Moment haben einige, bei weitem nicht alle, ich kann keine Zahl nennen, 5 bis 10 Leute vielleicht, die Polizeisperre durchbrochen und sind die Brücke hochgelaufen. [...]“, sagte Steuermann Thimo Silberstein dem NDR. Er könne nicht sagen, ob die Gruppe nur „rumrufen oder weiter angreifen“ wollte.

Robert Habeck: Steuermann von Fähre „Hilligenlei“ äußert sich nach Hafen-Blockade

Bundeswirtschaftsminister Habeck war am 4. Januar von einem Kurzurlaub auf dem Hallig Hoofge zurückgekehrt und wurde im Fährhafen von rund 300 Demonstrierenden, überwiegend Landwirte, abgefangen. Zuvor war über Chatgruppen auf Telegram und weiteren Plattformen zu der Demonstration aufgerufen worden.

Malte Massow, ein an der Demo beteiligter Landwirt, sagte gegenüber dem NDR: „Niemand war in der Absicht da, irgendwelche Schlägereien anzufangen. Wir wollten einfach nur da sein, um ihn zu empfangen und ein paar Worte auszutauschen.“ Am Ende sei es durch das Ablegen der Fähre zu Unruhen gekommen, durch einen Schub in der Menge sei eine Polizeikette durchbrochen worden.

300 Demonstrierende blockieren Habeck-Fähre: Landwirte bedauern Eskalation – Polizeikette durchbrochen

Der Landwirt erklärte, er habe bei der spontanen Demonstration auch unbekannte Teilnehmer gesehen, die teils mit aggressiven Rufen oder Plakaten auffielen. Auch in rechten Netzwerken war zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen worden. „Aber ich kann ganz klar sagen, dass von unseren Landwirten keiner ihn (Robert Habeck, Anm. d. Red.) auf irgendeine Weise überhaupt angefasst hätte“, sagte Massow weiter.

Landwirt Torben Jacobsen bemängelt gegenüber dem NDR, dass die aufgenommenen Videos nicht den gesamten Ablauf der Demonstration wiedergeben würden. Er bedauere die Eskalation der Kundgebung, von einem Erstürmungsversuch könne aber keine Rede sein.

„Was man nicht sieht, ist, dass Polizei und Demonstranten sich danach wieder normal die Hand gegeben haben“, sagte Jacobsen. Eine Familie, die ebenfalls auf der Fähre war, hatte geschildert, dass sie trotz der scheinbar friedlichen Situation Angst hatte.

Hafen-Blockade von Grünen-Politiker Habeck: Ampel-Koalition verurteilt „beschämenden“ Vorfall

Robert Habeck hatte trotz einer Warnung des Bundeskriminalamtes darauf bestanden, die Fähre nach Schlüttsiel zu nehmen und mit den Demonstrierenden zu reden. Da nur zwei bis drei Landwirte auf das Schiff hätten kommen können, lehnte die Menge das Gesprächsangebot ab. Habecks Fähre legte aus Sicherheitsgründen wieder in Richtung Hallig Hooge ab.

Der Vizekanzler konnte nach einer Odyssee durch die Nordsee erst um 1.50 Uhr am Freitagmorgen in Schlüttsiel an Land gehen. Politiker der Ampelkoalition und Opposition verurteilten den Vorfall. Regierungssprecher Steffen Hebestreit nannte die Blockade Habecks „beschämend“.

Staatsanwaltschaft ermittelt nach Habeck-Blockade – Bauern-Proteste in Köln und der Region

Die Staatsanwaltschaft Flensburg hat Ermittlungen gegen Unbekannt aufgenommen. Im Raum steht der Verdacht der Beleidigung, Nötigung und des Landesfriedensbruchs. Der schleswig-holsteinische Verfassungsschutz sieht derzeit keine Anzeichen für eine Organisation aus rechtsextremistischen Kreisen.

Bundesweit demonstrieren Bäuerinnen und Bauern seit Wochenbeginn gegen die Streichung zahlreicher Subventionen, am Montag wurden in Köln und der Region Autobahnauffahrten blockiert und der Verkehr teilweise lahmgelegt. Am Freitag wurden weitere Proteste zwischen Köln und Hürth angekündigt. (shh)