Auch am Freitag protestierten Landwirte in Köln und der Region wieder gegen Kürzungspläne der Bundesregierung.
„Wir brauchen Wertschätzung“Traktoren-Protestzug ist in Köln kleiner als angekündigt – Beifall für Landwirte
Hannah Borchard steuert ihren Traktor durch Köln-Deutz. Das macht sie sonst höchstens an Karneval, normalerweise fährt sie über Felder im Kreis Düren. Die Landwirtin nimmt am erneuten Protestzug durch Köln teil. „Wenn ihr regionale Lebensmittel haben wollt, brauchen wir Wertschätzung, dass wir diese anbauen, und vor allem Planungssicherheit seitens der Regierung“, sagt die 23-Jährige auf der Demo.
Borchard kritisiert, dass Diesel für Lebensmittelproduktion nicht mehr gefördert werden soll, wohl aber Kerosin für den Flug in den Urlaub. Der sei, anders als Landwirtschaft, ein Luxusgut. „Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal im Urlaub war, vor drei Jahren vielleicht – dafür bleibt mir keine Zeit“, sagt die Landwirtin. Auch der hohe bürokratische Aufwand belaste sie und die sich häufig ändernden Vorschriften zum Natur- und Tierschutz – den nehme sie ernst, aber die Landwirtschaft komme nicht hinterher. „Wir haben ein Problem mit der jetzigen und auch der vorherigen Regierung, der Diesel war nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“
Freitag erneuter Bauernprotest in Köln
Die Landwirte protestierten am Freitag erneut gegen die Agrarpolitik der Regierung. Ein Protestzug formierte sich am Vormittag am Eifeltor und zog über die Luxemburger Straße in die Kölner Innenstadt. Die Traktoren nahmen denselben Weg wie schon am Montag: über den Barbarossaplatz und die Severinsbrücke auf die andere Rheinseite nach Deutz und wieder zurück über die Brücke zur Aachener Straße und Universitätsstraße bis zum Südstadion.
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Die Protestwoche der Landwirte richtete sich gegen geplante Subventionskürzungen. Schrittweise abgeschafft werden soll danach die Steuerbegünstigung auf Agrardiesel. Dass die Ampelkoalition einen Teil ihrer Kürzungspläne zurückgenommen hat, reichte dem Bundesbauernverband nicht aus.
350 Traktoren angemeldet, nur rund die Hälfte tauchte auf
Dieses Mal nahmen deutlich weniger Landwirte an dem Protest teil als noch am Montag. Angemeldet waren 350 Traktoren, die Kolonne war tatsächlich aber nur halb so lang. Auf an den Treckern befestigten Bannern standen Sprüche wie „Sperrfrist für Politik“, „Hier fährt ein Arbeitsplatz“ oder „Niemand soll vergessen, Bauern sorgen für das Essen“.
Die Proteste der Landwirte waren begleitet von Sorgen vor rechten Vereinnahmungsversuchen. Bei einer Aktion wütender Bauern an der Nordseeküste war Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in der vergangenen Woche am Verlassen einer Fähre gehindert worden. In Köln kritisierten Teilnehmer die Ampel teils scharf. Ein paar Bauern positionierten sich auch gegen die mögliche Unterwanderung ihrer Demo von Rechts und fuhren Plakate durch Köln, auf denen stand: „Landwirtschaft ist bunt, nicht braun.“
Bauernprotest: Verkehr in Köln staute sich
Während der Protestzug laut hupend durch die Stadt fuhr, staute sich der Verkehr. Die Polizei, mit Pkw und auf Motorrädern im Einsatz, sperrte Kreuzungen und Nebenstraßen ab. In der Grabengasse musste dadurch beispielsweise Marion Pütz mit ihrem Auto vor einer Absperrbake halten. Die Deutzerin war auf dem Weg zum Arzt. Für die Landwirte habe sie Verständnis: „Irgendwie müssen sie ja auch zu ihrem Recht kommen, gerade die Landwirte müssen immer einstecken.“
Wie Pütz solidarisierten sich sowohl Autofahrer als auch Fußgänger mit den Protestierenden. An der Haltestelle Deutzer Freiheit klatschten wartende Fahrgäste, während die Traktoren vorbeizogen. Autofahrer auf der nicht gesperrten Gegenspur hupten immer wieder im Takt der Traktoren mit.
Um kurz vor 16 Uhr endete der Demozug. Insgesamt, so die Polizei am späten Nachmittag, sei der Protest störungsfrei verlaufen.
Die Mehrheit der Bürger in Deutschland steht einer Umfrage zufolge hinter den seit Tagen andauernden Protestaktionen der Landwirte. 68 Prozent haben dafür Verständnis, wie aus einer am Freitag veröffentlichten repräsentativen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-„Politbarometer“ hervorgeht. 30 Prozent sind der Meinung, dass diese Proteste zu weit gehen. (mit dpa)