Wegen der Bauern-Proteste wurde viel Lärm auf dem Domplatz befürchtet. Verständnis gibt es vom Zentralrat der Sinti und Roma.
Kritik von ParteienSachsen-Anhalt sagt Gedenkstunde für Holocaustopfer wegen Bauern-Protest ab
Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Gunnar Schellenberger (CDU) hat eine geplante zentrale Gedenkstunde zum nationalen Holocaustgedenktag abgesagt. Hintergrund seien angemeldete Bauernproteste für diesen Samstag auf dem Magdeburger Domplatz vor dem Parlamentsgebäude, teilte die Landtagsverwaltung am Donnerstag mit.
Davon betroffen ist den Angaben zufolge auch die geplante Kranzniederlegung am Denkmal für die verfolgten und ermordeten Magdeburger Sinti und Roma. Beide Veranstaltungen sollen nachgeholt werden.
Ältestenrat kommt nach Absage von Holocaust-Gedenken ab
Nach der Absage kam im Parlament kurzfristig der Ältestenrat zusammen. Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann sagte der Deutschen Presse-Agentur vor der Sitzung, die Absage sei „an Instinktlosigkeit kaum zu überbieten“. Sie sprach von einem Alleingang Schellenbergers.
Zu den Bauernprotesten werden Schellenberger zufolge 2500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie rund 300 Traktoren erwartet. Es werde nicht möglich sein, für ein angemessenes Gedenken, eine ungehinderte An- und Abreise sowie eine vollständige Gewährleistung der Sicherheit der Teilnehmer Sorge zu tragen, erklärte der CDU-Politiker.
Ministerpräsident Reiner Haseloff zieht Gedenkveranstaltung Bauern-Protest vor
Auf die Absage der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocausts reagierte auch Reiner Haseloff (CDU). Der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts sagte kurzfristig seine Teilnahme an einer Bauern-Demonstration in Magdeburg ab. Wie die Staatskanzlei dem MDR mitteilte, wird Haseloff stattdessen sich an einer Gedenkveranstaltung für Holocaustopfer in Wittenberg dabei sein. Dies habe Priorität, berichtet der MDR.
Auf die Absage der Gedenkveranstaltung reagierte die Fraktionsvorsitzende der Linken, Eva von Angern, gespalten: Sie begrüße zwar die Absage, da eine Gedenkveranstaltung begleitet von Bauern-Protsten nicht den richtigen Rahmen gehabt hätte, wünschte sich aber auch mehr Rücksicht auf Opfer des Holocausts: „Es ist genau ein Tag im Jahr, wo man das hätte tun müssen“, wird die Linke-Politikerin beim MDR zitiert.
Rüdiger Erben, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, nannte die Absage der Gedenkveranstaltung unsensibel. Er habe zudem erst aus den Medien davon erfahren.
Sachsen-Anhalt: Zentralrat der Sinti und Roma begrüßt Verlegung von Holocaust-Gedenkveranstaltung
Überraschende Zustimmung für die Absage und Wiederholung der Gedenkveranstaltung kommt von Jonathan Mack vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma. Gegenüber MDR begrüßte er die Verschiebung, wenn dadurch eine würdige und störungsfreie Gedenkveranstaltung im Sinne der Opfer möglich sei.
Am 27. Januar 1945 hatten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz im besetzten Polen befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet. Seit 1996 wird das Datum in Deutschland als Holocaust-Gedenktag begangen. An vielen Orten werden an diesem Tag zur Erinnerung Kränze niedergelegt. (mab mit dpa)