Scholz spricht im Bundestag über Putin, Ukraine und Israel. Zuvor hat ein Bericht über eine Drohung des Kanzlers für Wirbel gesorgt.
Wirbel um angedrohte VertrauensfrageScholz bereit für Gespräch mit Putin – Schelte für Wagenknecht und AfD
Olaf Scholz (SPD) hat vor dem anstehenden EU-Gipfel in Brüssel im Bundestag eine Regierungserklärung abgegeben. Der Bundeskanzler plädierte dabei für diplomatische Gespräche unter Beteiligung Russlands zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. Scholz zeigte sich dabei auch offen für direkte Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Es dürfe dabei aber „niemals Entscheidungen über die Köpfe der Ukraine hinweg“ geben, erklärte der SPD-Politiker.
Es sei nun die Zeit gekommen, „in der wir – neben der klaren Unterstützung der Ukraine – auch alles tun müssen, um auszuloten, wie wir es hinbekommen können, dass dieser Krieg nicht immer weiter geht“, sagte Scholz. Gespräche mit dem Kremlchef müssten dabei in „Abstimmung mit unseren engsten Partnern“ geführt werden.
Nach Posse um Telefonat: Scholz weiter für Gespräch mit Putin bereit
Den Äußerungen vorausgegangen waren widersprüchliche Botschaften aus Moskau. Zunächst hatte der Kreml auf die ersten Berichte über Scholz’ Gesprächsbereitschaft mit deutlicher Ablehnung reagiert. Nachdem Außenministerin Annalena Baerbock dann erklärt hatte, Putin wolle nicht mit Scholz telefonieren, behauptet der Kreml schließlich, man sei natürlich stets gesprächsbereit.
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Es dürfe nicht sein, dass in der Ukraine „weiter so unglaublich viele Frauen und Männer sterben, die das Opfer russischer Bomben und Raketen werden“, sagte Scholz. „Auch unzählige russische Soldaten werden jeden Tag Opfer des imperialistischen Wahns des russischen Präsidenten“, fügte der Kanzler hinzu. „Auch sie sind Opfer seiner Politik mit dem Ziel, sein Land zu vergrößern – etwas, was es auf diese Art in Europa nicht wieder geben darf“, fügte Scholz hinzu.
Olaf Scholz über Wladimir Putin: „Imperialistischer Wahn“
Der Ukraine sagte der Kanzler die weitere Unterstützung Deutschlands und der westlichen Verbündeten zu. Die Unterstützer Kiews müssten „eine klare Botschaft senden, auf die sich die Ukraine verlassen kann, und eine klare Botschaft verkünden, die der russische Präsident nicht überhören kann“, erklärte Scholz.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj stellte unterdessen in Kiew erstmals seinen „Siegesplan“ der Öffentlichkeit vor. Kiews Plan enthält fünf Schritte. Scholz war vorab über den Inhalt des Plans informiert worden, äußerte sich bei der Regierungserklärung jedoch nicht dazu.
Kanzler Scholz kritisiert Wagenknecht-Partei und AfD
Kritik äußerte der Bundeskanzler derweil an den Positionen von AfD und BSW und bekräftigte die Westbindung Deutschlands. Die beiden Parteien bezeichneten Konstanten der deutschen Politik als Problem für die Zukunft, kritisiert Scholz. „Ich sage, das ist falsch. Das ist eine Bedrohung unserer Sicherheit. Wir sollten an den Konstanten unserer Außenpolitik, unserer internationalen Orientierung festhalten“, so der Kanzler.
Zu diesen Konstanten gehöre die Einbindung in die Europäische Union, eine enge Zusammenarbeit mit den USA, transatlantische Kooperation und die Einbindung in die Nato, stellte Scholz klar. „Das werden auch weiter die Schwerpunkte der internationalen Ausrichtung Deutschlands sein.“
Scholz über Waffenlieferungen: „Darauf kann sich Israel verlassen“
Scholz äußerte sich unterdessen auch zu Israels Kampf gegen die Terrormilizen Hamas und Hisbollah. „Es gibt Lieferungen und wird auch immer weitere Lieferungen geben. Darauf kann sich Israel verlassen“, sagte der Kanzler mit Blick auf deutsche Waffenlieferungen. Deutschland müsse Israel „in der Lage halten, sein Land zu verteidigen“, betonte Scholz. „Israel kann sich auf unsere Solidarität verlassen – jetzt und in aller Zukunft.“
Der Kanzler pochte jedoch auch auf die Einhaltung der Regeln des Völkerrechts und weitere humanitäre Hilfe für die Menschen in Gaza. Scholz ermahnte auch den Iran, Israel nicht weiter mit Raketen anzugreifen. „Der Iran spielt mit dem Feuer. Das muss aufhören“, so der Kanzler, der zudem eine „Perspektive“ für eine Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern und einen Waffenstillstand in Gaza forderte.
Scholz äußert sich vor EU-Gipfel in Brüssel
Beim EU-Gipfel, der am Donnerstag und Freitag in Brüssel stattfindet, wird es um Migration, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, den Krieg im Nahen Osten und die Wettbewerbsfähigkeit der EU gehen. Vor Scholz Regierungserklärung anlässlich des Gipfels hatte es Wirbel um eine angebliche Drohung mit der Vertrauensfrage des Kanzlers gegeben.
Bei einer Probeabstimmung über das sogenannte Sicherheitspaket hatte Scholz die Abgeordneten in der Sitzung zur Zustimmung ermahnt. Nach Angaben von Teilnehmern sagte er, dass er notfalls „von seinen Möglichkeiten Gebrauch machen“ wird, wenn die eigene Mehrheit der Koalition in Gefahr gerät. Zuerst hatte der „Spiegel“ darüber berichtet.
Wirbel um angebliche Drohung mit Vertrauensfrage von Scholz
„Das droht man nur einmal an, beim nächsten Mal muss man es machen“, hatte CDU-Chef Friedrich Merz die Berichte gegenüber RTL/ntv am Mittwochvormittag kommentiert. Wenn man die Vertrauensfrage stelle, sei das der Anfang vom Ende der eigenen Regierungszeit, sagte Merz weiter.
Bei der SPD widerspricht man derweil grundsätzlich der Wahrnehmung, Scholz habe in der Sitzung die Vertrauensfrage ins Spiel gebracht. „Er hat nicht mit der Vertrauensfrage gedroht“, sagte der designierte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch in der ARD. Auch im Umfeld des Kanzlers hieß es, eine solche Interpretation sei „etwas übertrieben“. In der Regierungserklärung am Mittwoch kommentierte Scholz die Berichte nicht.
Merz warf Scholz unterdessen nach der Regierungserklärung vor, den Bundestag für Wahlkampf zu missbrauchen. Statt einer Regierungserklärung zum EU-Gipfel habe das Parlament eine „vorgezogene, fast schon verzweifelte Wahlkampfrede“ des Bundeskanzlers gehört, der „mit dem Rücken zur Wand“ und mit den Füßen am Abgrund stehe. Der CDU-Chef warf Scholz vor allem vor, kein Wort zur Migration gesagt zu haben. (mit dpa/afp)