Berlin – Bundeskanzler Olaf Scholz hat deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine erneut strikt abgelehnt und zugleich versucht, Zweifel an der deutschen Bündnistreue zu zerstreuen.
„Die Bundesregierung hat seit vielen Jahren einen klaren Kurs, dass wir nicht in Krisengebiete liefern und dass wir auch keine letalen Waffen in die Ukraine liefern”, sagte der SPD-Politiker am Sonntag in Berlin in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin” kurz vor dem Abflug zu seinem Antrittsbesuch bei US-Präsident Joe Biden. Mit Blick auf Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ergänzte er: „Das hat schon meine Vorgängerin so gehalten, und das war richtig. Und das bleibt auch richtig.”
Scholz: Tue, „was im Interesse des deutschen Volkes ist”
Scholz betonte, die Mehrheit der Deutschen sehe das genauso. Zwar gebe es in der Öffentlichkeit andere lautstarke Äußerungen. „Aber meine Verpflichtung ist, das zu tun, was im Interesse des deutschen Volkes ist und was in diesem Fall ja auch die Sicht der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ist.” Dem Kanzler wird von osteuropäischen Nato-Partnern - aber auch aus den USA - vorgeworfen, Russland in der Ukraine-Krise zu wenig unter Druck zu setzen.
Auf den Vorhalt, Deutschland werde als schwächstes Glied in der Nato wahrgenommen, entgegnete Scholz: „Das ist ein falscher Eindruck, der auch nicht in Washington vorherrschend ist, den aber einige äußern.” Deutschland stelle in der Europäischen Union das größte Truppenkontingent und leiste den größten Beitrag innerhalb der Nato. „Das wissen alle, das hat eine große Bedeutung.” Viele Verbündete hätten ihre Standorte in Deutschland. „Gleichzeitig sind wir das Land, das die größte wirtschaftliche und finanzielle Hilfe für die Ukraine seit 2014 geleistet hat.” Ähnlich äußerte sich Scholz kurz vor dem Abflug nach Washington auch im Fernsehsender RTL/ntv.
Reise in die USA kommt „zum exakt richtigen Zeitpunkt”
Kritik, sein Antrittsbesuch in Washington komme zu spät, wies Scholz zurück. Die Reise komme „zum exakt richtigen Zeitpunkt” und sei gut vorbereitet. „Man fährt da ja nicht einfach mal so hin, um einen Kaffee zu trinken. Sondern es geht ja darum, echte, harte, wichtige Politik zu machen, die in diesem Fall natürlich in einer sehr krisenhaften Situation stattfindet”.
Es gehe darum, „einen Krieg in Europa zu verhindern. (...) Das ist das, was ich den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes schulde und wofür ich mich auch verantwortlich fühle im Hinblick auf die europäische Friedensordnung und unseren Verbündeten.”
Enge Abstimmung mit Macron
Der Kanzler betonte die Bedeutung seiner Zusammenarbeit mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Deeskalation der Krise zwischen Russland und der Ukraine. Er habe sich mehrfach mit Macron getroffen, gemeinsam habe man sich in Brüssel mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj unterhalten, so Scholz in der ARD. „Das war ein sehr wichtiges Gespräch, das auch den Auftakt dafür geboten hat, dass wir jetzt dieses Gesprächsformat zwischen der Ukraine, Russland, Frankreich und Deutschland wieder mit Leben erfüllt haben”, sagte er mit Blick auf das sogenannte Normandie-Format.
Es sei eine große Herausforderung, die Gespräche in dieser Zusammensetzung „jetzt so weit voranzutreiben, dass dabei auch konkrete Ergebnisse herauskommen”, sagte der Kanzler. Eine strategische Souveränität mit einem stärkeren Europa werde „nur gelingen, wenn wir das gemeinsam voranbringen, insbesondere Frankreich und Deutschland”. Darum sei es so gut, „dass ich mit dem französischen Präsidenten nicht nur lange bekannt bin, sondern dass wir auch eng miteinander abgesprochen sind”.
Scholz: Lieber handeln als reden
Es sei viel vorbereitet worden, um in der aktuellen Situation zu handeln, sagte der Kanzler vor dem Hintergrund von Vorwürfen, er sei zu lange öffentlich bei der Krisenbewältigung nicht präsent gewesen. „Es geht darum, dass man nicht jeden Tag etwas sagt, sondern dass man jeden Tag etwas tut dafür, dass wir den Frieden in Europa sichern können.” Genau das geschehe mit wachsenden Verbesserungen.
„Niemand hätte uns vor ein paar Wochen vorhergesagt, dass wir es schaffen, dass es wieder Gespräche gibt, dass sie so intensiv stattfinden”, sagte Scholz mit Blick auf die Verhandlungen mit Moskau. „Selbst wenn in diesen Gesprächen noch die Vorwürfe im Mittelpunkt stehen, ist das ja erst mal was anderes, als wenn man gar nicht miteinander redet.” Scholz ergänzte: „Dass wir das hingekriegt haben, darauf bin ich auch persönlich ein bisschen stolz.”
Auf die Frage, ob es eine Chance für die Diplomatie gebe, oder ob sich der russische Präsident Wladimir Putin schon für ein militärisches Einschreiten in der Ukraine entschieden habe, betonte Scholz, es werde einen hohen Preis geben, wenn es zu einer militärischen Intervention komme. Es sei sehr wichtig, dass insbesondere die russische Führung dies wisse. Es müsse aber auch alles dafür getan werden, „dass die Diplomatie eine Chance bekommt und dass man sich verständigen kann”.
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